5. Sonntag C 07.02.10 – See Genezareth – Fischer –

Predigt 07.02.10 5. Sonntag C – See Genezareth – Fischer –

„Wieder umsonst gewartet!“ „Alle Anstrengung war umsonst!“
„Mein guter Wille war umsonst!“ „Umsonst soviel Kraft und Zeit investiert!“
Kennen wir es nicht auch alle selbst – dieses Erleben, dieses Gefühl von „UMSONST“ – Vergebens bemüht – es hat sich rein gar nichts verändert…

Halten wir uns dazu die Situation, die wir eben im Evangelium gehört haben, noch einmal kurz vor Augen: Der See Genezareth; viele Menschen, die sich um Jesus drängen, die anscheinend etwas von ihm wollen.

Boote, Männer, die am Ufer ihre Netze waschen. Sie sind müde, erschöpft, ausgelaugt und wahrscheinlich enttäuscht, weil sie die ganze Nacht nicht gefangen hatten. Sie erleben gerade die Situation des „umsonst abgemüht – vergebens geschuftet“ am eigenen Leib. Und Jesus steigt in eines der Boote. Es gehört dem Simon. Jesus bittet ihn ein Stück weit von Land wegzufahren. Wir wissen nicht, was Jesus zu den Menschen am Ufer sagte. Wir wissen nur, dass er Simon, in dessen Boot er einstieg, direkt ansprach: „Fahr hinaus ins Tiefe, dort werft eure Netze zum Fang aus!“

Doch bei diesen Worten steigt bei Simon erst einmal die ganze Enttäuschung, der Frust, die langen vergeblichen Stunden auf dem See, die durchwachte Nacht, das umsonst Mühen hoch. Er ist müde und kann nicht mehr. „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet, uns umsonst gemüht.“ Und doch muss viel mehr in den Worten Jesus mitgeklungen sein, denn Simon antwortet weiter: „Doch wenn Du es sagst, werde ich die Netze auswerfen.“

Jesus und Simon – eine wunderbare Begegnung, die über die Enttäuschung hinausgeht. Eine Begegnung, die Mut und einen Neuanfang setzt. Eine Begegnung, die herausführt aus der Umsonst-Erfahrung – nur auf ein Wort hin, auf SEIN Wort hin.

„Ich hatte so auf ein Wort gewartet!“ – habe ich schon manchmal jemanden enttäuscht sagen hören und ich kenne das bei mir selber auch ganz gut.“ Oder aber auch: „Deine Worte haben mir geholfen!“

Was geschieht denn durch ein Wort, auf das ich warte, bzw. ein Wort, das mir hilft?
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich durch ein solches Wort spüre, dass ich gemeint bin. Mir ganz alleine gilt dieses Wort. So ein Wort kann helfen, aus festgefahrenen Situationen herauszukommen, es kann helfen Klarheit zu bringen …

Wer von uns kennt das nicht, dass es in der Seele gut tut, wenn nach einem handfesten Streit einer durch ein gutes Wort Verzeihung schenkt?
oder: Wie gut tut es letztlich, wenn in manchen Familien nach tagelangem Schweigen zwischen Geschwistern, Kindern und Eltern einer wieder anfängt ein befreiendes, freundliches Wort zu reden, das einen Neuanfang ermöglicht?

„Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen!“ – so ein altes Sprichwort.
Warten wir nicht allzu oft auf die großen Wunder, die auf einmal alles anders machen sollen?

Simon hatte Jesus in sein Boot – ein Bild für sein eigenes Leben – einsteigen lassen. Jesus ist mit ihm auf das Wasser des Lebens hinausgefahren. Simon wagt es, sich auf das Wort einzulassen, das ihm Jesus zusagt. Vorerst ohne Absicherung – einfach nur auf SEIN Wort hin.

Ich glaube, dass Simon den Augenblick erkannt und nicht verpasst hat, wo ihm ganz persönlich der nächste Schritt auf seinem Lebensweg von einem Größeren gezeigt wurde.

„Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen!“

Fürchten wir uns nicht, uns auf Neues, auf gegenseitiges Verzeihen und Versöhnen, auf Veränderung einzulassen. Fürchten wir uns nicht, die Worte, die uns zugesagt sind, zu hören und hinein in unser alltägliches Leben wirken zu lassen. Auf SEIN Wort hin, dürfen auf wir den nächsten Schritt wagen. Amen.

10. So. Jk. „Jüngling von Nain“

10. Sonntag im Jahreskreis „Jüngling von Nain“

In der Nachmittagssonne eines heißen Tages ziehen Menschen in Trauerkleidung aus der kleinen Stadt Nain im Norden Israels heraus zum Friedhof. Ein Anblick des Jammers.

Besonders schlimm wird es, wenn wir näher hinschauen: der Tote ist der einzige Sohn einer Witwe. Welch ein Leid!

Welche Gedanken gehen dieser Frau im Kopf herum? Sie kann es überhaupt noch nicht fassen, dass ihr geliebter Sohn nun dort im Sarg davon getragen wird. Nicht mehr nach Hause kommt, nicht mehr seine Freunde mitbringt, nicht mehr laut lacht – wie eben die Jugend lachen darf.

Und es legt sich schwer auf ihre Brust zu wissen, dass mit dem Tode ihres Sohnes der einzige Ernährer von ihr gegangen ist. Sie wird künftig auf die Almosen ihrer Freunde, Verwandten und Nachbarn angewiesen sein. Das macht die Not riesengroß.

In ihrem unermesslichen Leid spürt sie nicht, dass seit einiger Zeit ein Mann an ihrer Seite mitgeht auf diesem Weg zum Totenacker. Ihre von Tränen fast blinden Augen lassen gerade noch den Weg erkennen, damit sie nicht stolpert.

Da spricht sie der Fremde an ihrer Seite an: „Weine nicht“ sagt er. Leise, aber bestimmt. Und die Witwe bleibt erstaunt stehen und versucht, den Mann zu erkennen. Aber, er ist ihr fremd und sie versteht nicht, was er von ihr will. Will er sie trösten mit diesen Worten? Was weiß denn er, wie es in ihr aussieht? „Ich soll nicht weinen“ meint er? Aber, was soll ich stattdessen machen? Mir bleiben doch nur noch die Tränen der Trauer und der Verzweiflung.

Nichts und niemand kann mich trösten!

Da geht der Mann neben ihr schneller und erreicht die Sargträger vor ihr. Er spricht sie an und bittet sie stehen zu bleiben. Die Männer blicken ihn ungläubig an. Aber, sie bleiben stehen.

Da tritt dieser Fremde an den Sarg heran und spricht auf den Toten ein. Es ist still geworden in der Menschenmenge. Keiner sagt mehr etwas. Alle wollen hören und sehen, was jetzt passiert. Und sie hören den Fremden laut und deutlich sagen: „Ich sage dir, stehe auf!“

Ein Raunen macht sich breit, das kurz darauf in erstaunte Rufe, ja bei manchen in spitze Schreie des Erschreckens mündet. Denn: der Tote richtet sich auf und redet!

Der Fremde – es handelt sich um keinen anderen als Jesus von Nazareth – lächelt freundlich und hilft dem jungen Mann aus dem Sarg und bringt ihn zu seiner sprachlosen und erschütterten Mutter.

Jesus von Nazareth – viele Juden hatten schon ihm gehört. Die Nachrichten über diesen Mann waren sehr unterschiedlich. Manche meinten, er wäre Johannes der Täufer, der auch sehr berühmt war, andere dachten, ein berühmter Mann mit Namen Elia, der schon seit 800 Jahren tot war, sei wieder lebendig geworden. Dann wussten aber auch einige, dass dieser Jesus eigentlich ein ganz einfacher Zimmermann aus Nazareth war.

Wer war er wirklich?

In der Bibel wird Jesus von Nazareth als der Sohn Gottes, den Schöpfer des Himmels und der Erde bezeichnet. Aber, dass fiel den Leuten damals, als sie ihn persönlich erleben konnten, schon schwer, zu glauben. Obwohl sie diese ungeheuerlichen Geschehnisse, wie die Auferweckung eines Toten, mit eigenen Augen sehen konnten. Anderenorts waren Blinden sehend geworden, Lahme konnten wieder gehen. Epileptiker wurden geheilt. Alles durch diesen Jesus.

Also: doch der Sohn Gottes?

Die Menschen von Nain, die gerade Zeugen dieses wunderbaren Ereignisses geworden waren, hatten keinen Zweifel: sie priesen Gott mit singen, beten und tanzen.

So war aus einem jämmerlichen Haufen Menschen in Trauerkleidung eine fröhliche Menge geworden, die sich vor Freude und Lachen kaum halten konnten. Und mitten drin die Witwe mit ihren Sohn. Was für ein Anblick!

Trauer kennen wir alle. Auch ich:

Es ist aber nicht immer der Tod eines geliebten Menschen, der mich trauern lässt. Manchmal schmerzt die Wunde über eine zerbrochene Freundschaft oder Beziehung zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern genau so oder noch schlimmer. In Deutschland wird jede 2. Ehe geschieden. Und in jeder 3. geschiedenen Ehe bleiben Kinder zurück. Bei Mama oder Papa. Manchmal auch im Heim oder bei Oma oder Opa.

Welch ein Jammer!

Und diese zerbrochenen Beziehungen scheinen in vielen Fällen unheilbar zu sein. Weil aus Liebe Hass wurde.

Das hat Gott bei der Erschaffung der Welt und der Menschen nicht gewollt. Aber: die Menschen meinten, sie wären klüger als ihr Schöpfer und machten sich ihre eigenen Gesetze. So trat diese Welt mit ihren Menschen darin den Weg in die Zerstörung an.

Weil Gott das nicht wollte, sandte er seinen Sohn Jesus zu uns Menschen. Zu Ihnen und zu mir. Um uns vom Weg in die Zerstörung abzubringen. Uns vor dem Absturz zu bewahren. Weil er uns liebt und vor Kummer und Leid bewahren will. Und: wenn das Leid nicht zu verhindern war: um uns zu trösten und die Not zu lindern. Wie bei der Witwe aus Nain. Sie und ich sind Jesus genau so wichtig, wie diese Frau und ihr Sohn.

Wenn ich das glauben kann, werde auch ich Wunder sehen. Vielleicht nicht die Auferweckung eines Toten. Vielleicht aber die Heilung einer Krankheit. An mir selbst oder einem lieben Angehörigen. Bestimmt aber die Heilung einer zerbrochenen Beziehung oder die Bewahrung vor dem Zerwürfnis. Damit Mann und Frau, Eltern und Kinder, Freunde und Verwandte zusammen bleiben und in Frieden und Freude leben können. Das will Gott. Das ist sein Geschenk an Sie und an mich. Nehmen wir es an. Es gibt nichts besseres.

22. So. Jk. C – 29.8.2010 „Himmlische Hochzeitsmahl“

Predigt 22. Sonntag im Jahreskreis C – 29.8.2010 „Himmlische Hochzeitsmahl“

Heute ist Jesus von einem führenden Pharisäer zum Essen eingeladen worden. Es ist Sabbat, und es ist durchaus üblich, dass die frommen Pharisäer sich nach dem Sabbat-Gottesdienst zum gemeinsamen Essen und Meinungsaustausch treffen. Man kennt sich, man trifft sich, man versteht sich.
Wir vermuten richtig, dass man Jesus nicht eingeladen hat, damit er endlich mal was besonders Gutes zu essen bekommt. Der Gastgeber und seine Gäste wollen diesen neuen Rabbi in ihrem kleinen Kreis mal gründlicher unter die Lupe nehmen. Was wird er sagen, wo wird er vielleicht Fehler machen?
Wie damals üblich, kommt man zu einem Gastmahl eher ein wenig zu spät. Und besonders wichtige Leute kommen gerne auch mal noch ein wenig später, denn dann haben sie ihren erhofften Extra-Auftritt. Die bereits Anwesenden haben sich längst einen Platz ausgesucht, der ihrer Meinung nach ihrer Stellung und ihrer persönlichen Beziehung zum Gastgeber entspricht.

Dann passiert immer mal wieder das fast Unvermeidliche: Die Tür geht auf, und ein richtig prominenter und vielleicht auch wichtiger Zeitgenosse gibt dem Gastgeber die Ehre.
Dem bleibt jetzt gar nichts anderes übrig, als einen Gast, der schon ganz in seiner Nähe Platz genommen hat, höflich und doch deutlich um Räumung seines Sitzplatzes zu bitten. Das ist für den, der da umziehen muss, natürlich alles andere als lustig, alle anderen guten Plätze sind natürlich besetzt. So eine Blamage!
Und das macht Jesus bei den Pharisäern zum Thema, weil er bemerkt, wie sie sich heute mal wieder um die besten Plätze drängeln.
Wie so oft, nimmt er einfach ein Alltagsgeschehen zum Anlass, um seine Zuhörer auf einige Besonderheiten bei Gott im Himmelreich hinzuweisen.
„Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist…“ – so beginnt er seine Unterrichtsstunde. Jeder wird ihm da zustimmen müssen, wie er anschaulich schildert, was einem passieren kann, wenn man sich da vordrängelt, möglichst direkt in die Nähe der Gastgeber, gleich neben das Brautpaar.
Der Rat Jesu, sich dann doch besser an den untersten, an den letzten Platz zu setzen, klingt ein wenig wie Verler Bauernschläue: Tu am besten ganz bescheiden und demütig, dann muss man dich im wahrsten Sinne des Wortes hochloben, hoch in die Nähe des Gastgebers, des Bosses.

Ist diese Belehrung Jesu wirklich ein Aufruf an uns, als Christen immer schön brav in gebückter Haltung aufzutreten? Fordert er uns damit auf, unser Licht immer unter den Scheffel zu stellen und bloß nicht aufzufallen? Will Jesus damit gar zu Heuchelei und überzogener Demut auffordern?
Ganz gewiss nicht. Jesus hat die Dinge immer beim Namen genannt. Es geht ihm also keines-
falls um eine Empfehlung zum Duckmäusertum. Sich den letzten Platz aussuchen – damit meint er ganz sicher nicht, dass man in der Kirche nur die letzten Bankreihen besetzen soll, wie das hier viele tun, die haben Jesus an der Stelle falsch verstanden.
„Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist…“ !

Die damaligen Zuhörer Jesu und wir alle sind zu einer ganz großen Hochzeit eingeladen, und wir wissen auch, wer bei diesem himmlischen Fest der Gastgeber ist: Gott selbst ist es, der die Einladung ausgesprochen hat. Das will uns Jesus immer wieder so eindringlich klarmachen.
Wir alle sind Eingeladene, und das große Hochzeitsmahl findet garantiert statt. Doch als Christen sollten wir anders sein als die mehr oder weniger Prominenten, die nichts Besseres zu tun haben, als sich über die Rang- und Sitzordnung und über ihr Erscheinungsbild so schrecklich viele Gedanken zu machen.
Das Geschachere um die besten Plätze ist der Christen unwürdig. Bei diesem oft üblen Gesellschaftsspiel um Wichtigkeit und Anerkennung, um Neid und Ehrsucht sollten wir nicht mitspielen. Christen haben das auch gar nicht nötig, denn es genügt, wenn sie sich auf den Weg machen. Auf den Weg mit mit Jesus zum Vater.
Und der Vater hat bereits für alles gesorgt. Der Streit um die Plätze ist vollkommen über-
flüssig, denn Papa, unser himmlische Vater hat längst für jeden von uns längst reserviert. Es gibt Platzkarten für Jeden! Und so dürfen wir vertrauensvoll abwarten, welcher Platz auf uns wartet. Wir werden uns wundern!

Zum Schluss des Evangeliums greift Jesus noch kurz eine andere Fragestellung auf: Wen soll man denn einladen, wenn man selbst etwas zu feiern hat?
Na klar, da denkt jeder zuerst an Verwandte, an Freunde, an Menschen, die einem besonders wichtig sind. Jesus als unser Lehrer hofft aber, dass man das gerade vorhin Gehörte jetzt auch auf diese Situation anwenden wird: Frage dich doch dann einfach mal, ob du bei diesem ewigen Spiel „Wie du mir, so ich dir“ als Christ immer mitspielen musst! Ist doch furchtbar anstrengend, der Kreislauf von Schenken und Wiederschenken, von Einladen und Gegeneinladung.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nichts spricht dagegen, lieben Menschen eine Freude zu machen, ganz im Gegenteil!
Jesus wünscht aber, dass wir unsere Augen und Ohren weit öffnen. Dann bemerken wir, dass da viele Mitmenschen sind, die von Gott ebenfalls herzlich eingeladen sind. Genau, der blöde Chef, der ungeliebte Nachbar und viele viele Menschen aus der Türkei, aus Afghanistan und fremden Religionen auch. Und zwar auch dann und vielleicht sogar gerade dann, wenn sie nicht zu den Wichtigen und Prominenten dieser Welt gehören, sondern ganz unten sind und ein Leben voller Not und Sorgen führen müssen.

Jesus appelliert an uns: Ladet diese Mitbrüder und Mitschwestern ebenfalls ein, wenn ihr feiern wollt. Das ist seine Benimm-Regel für Christen: Holt die Armen und Benachteiligten dieser Welt an eure Tische und an eure Herzen – das wird Gott euch nie vergessen. Dereinst werdet ihr dann über seine Großzügigkeit euch gegenüber staunen! Dadurch, dass wir unseren Pfarrfesterlös auch mit den Armen und Bedürftigen in Mexico und Pakistan teilen, haben wir in der Sürenheide ein Zeichen gesetzt, dass wir Jesus an dieser Stelle verstanden haben.

28. Sonntag C – Heilung der Zehn –

Predigt 28. Sonntag C – Heilung der Zehn –

 

Nicht nur wenn ich an meine gesunden Kinder und Enkelkinder denke, auch wenn ich die Katastrophenmeldungen im Fernsehen sehe, auch wenn ich an meinen Rosen rieche oder mich einfach nur freue, dass ich noch lebe, denke ich an Gott und sage ihm manchmal sogar laut DANKE.

Sie tun das sicher auch oft und regelmäßig. Und dennoch sind wir auch hier in der Sürenheide von vielen Menschen umgeben, die tun das nicht, die scheinen Gott nicht zu brauchen und es geht ihnen trotzdem gut.

Vielleicht hilft uns das Evangelium von heute.

Warum geht nur ein Einzelner, einer von vielen hin zu Jesus und sagt ihm DANKE?

Warum tut er das? Hat er was davon?

Den Anderen geht es doch nicht schlechter. Sie verschwenden keinen Gedanken an Jesus.

 

Früher hätte man gesagt – sie werden noch ihre Quittung bekommen.

Undankbarkeit wird sich rächen, spätestens beim Jüngsten Gericht werden sie ihren Lohn bekommen.

Heute hört man so etwas – Gott sei Dank – nicht mehr, das war früher schon falsch.

Gerade diese Stelle heute ist für mich ein wichtiger Hinweis, dass Gott sich nicht rächt, dass die ganzen Aussagen über den Rachegott nur Angst machen und absolut falsch sind.

Jesus sagt kein böses Wort über die Neun, die nicht umgekehrt sind. Keine Drohung, Jesus schaut ihnen nur betrübt nach. Jesus straft sie nicht, er ist einfach nur traurig.

 

Aber wenn Gott nicht straft, wenn ich keine Angst vor ihm haben muss, warum sitze ich dann hier in der Kirche, warum bete ich regelmäig, warum bin ich dann religiös? Nur damit unser Gott nicht traurig ist?

Das kann – denke ich – nicht die Antwort sein und ich habe für mich in diesem Evangelium noch etwas gefunden. Jesus ist nämlich nicht nur traurig. Er sagt zu diesem Menschen der umgekehrt ist, der ihn nicht vergessen hat, der sich auch nach der Heilung noch an ihn erinnert einen ganz wichtigen Satz. Sie erinnern sich noch? Er sagte: „Steh auf und geh!“

 

Ganz typisch für Jesus – man könnte schnell darüber weg lesen. Er sagt nicht: „Schön, dass du gekommen bist. Jetzt aber steh auf und geh wieder nach Hause!“

 

„Steh auf und geh!“

 

Das ist fast ein Befehl, genau wie an anderen Stellen in der Frohen Botschaft. „Ich will es, sei rein!“ Oder „Mädchen ich sage dir, steh auf!“

Jesus sagt nicht, dass jemand gefälligst rein sein soll, er macht es durch sein Wort, dass derjenige rein wird, durch sein Wort geschieht, dass jemand wieder aufsteht.

Jesus sagt nicht einfach „Geh“, durch sein Wort hilft er, dass der Andere auch gehen kann!

Jesus hat „Worte“ des ewigen Lebens!


Vom Aussatz befreit wurden alle Zehn. Aber dem, der sich an Jesus hielt, nur dem sagte er das Wort „Steh auf und geh!“ Und dem half er dadurch zu stehen, selbständig zu sein, zu sich selbst zu stehen. Dadurch konnte er gehen, seinen Weg gehen. Und seinen Weg gehen das heißt leben!

 

Jesus ist der, der Ihnen und mir, der allen Menschen helfen will ihren Weg zu gehen, der ihnen und uns den Weg weist.

 

Das ist doch das fast das Erste, was wir in der Bibel von unserem Gott hören. Das alte Volk Israel sah in Gott einen Begleiter, der mit ihnen und ihren Herden zog. Von ihm empfingen sie die Torah, seine Wegweisung, Gottes Wegweisung für das Leben. Sich auf diesen Gott einlassen, das lernten sie schnell, das hieß für sie, die Richtung gezeigt bekommen, den Weg, der das Leben gelingen und glücken lässt, es zu einem sinnvollen Leben macht.

 

 

 

 

 

Einen Gott als Freund zu haben der auch zu mir sagt: „Steh auf und geh!“ Einen Gott als Freund zu haben, der mir dann hilft, das auch zu tun, das auch tun zu können. Darum hat Israel schon an diesem Gott festgehalten, sich an ihm fest gemacht. Denn das heißt wörtlich RELION – religere – sich festmachen.

 

Ich denke, das ist Grund genug umzukehren, auch wenn neun andere glauben, dass sie das nicht not-wendig haben.

Das ist sicher keine Begründung für die, die glauben Gott nicht zu vermissen, denen Gott nicht fehlt.

Aber es ist meine Begründung, für mein Leben, die mir hilft, die mich in meinem Leben trägt und mich leben läßt.

Nicht mehr und nicht weniger, vor allem nicht weniger.

Amen.

4.Advent 2010 – Höchst anständig!

4.Advent 2010 – Höchst anständig!

Höchst anständig! In aller Stille will er sich von ihr trennen. Er hätte es auch anders anstellen können. Wäre sein gutes Recht gewesen! Schließlich war er der Betrogene, dieser Josef, dessen Verlobte nun plötzlich schwanger geworden war. Vor zwei Zeugen hätte er die Verbindung lösen können und ihre Schande wäre öffentlich gewesen.

Hoch anständig, dass er beschlossen hat, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

Mehr aber auch nicht. Mehr als anständig, war es nicht. Denn haben wollte er sie ja offenbar auch nicht mehr. Trennen wollte er sich ja. Er hätte sie ja auch trotzdem noch zu sich nehmen können. Aber offenbar hat er sie jetzt auch nicht mehr gewollt.

Oder fürchtete er sich etwa nur? Fürchtete er sich einfach, sie jetzt trotzdem noch zu seiner Frau zu nehmen? Und wenn ja – vor was? Oder vor wem?

Liebe Schwestern und Brüder,

mir ist dieses Mal ganz besonders dieses „Fürchte Dich nicht…“ hängengeblieben. Der Engel im Traum sagt ausdrücklich: „Fürchte Dich nicht, Maria als Deine Frau zu Dir zu nehmen.“ Aber wovor sollte sich Josef denn fürchten?

Zu befürchten hatte einzig und allein Maria etwas. Sie war schließlich entehrt. Sie würde, wenn Josef sie öffentlich bloßstellen würde, keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen. Wenn sie dann noch jemand nehmen würde, dann allerhöchstens aus Mitleid.

Josef selbst hatte kaum etwas zu befürchten – außer das Gerede der Leute. Denn wie stand er jetzt da! Seine Braut bekommt ein Kind und offenbar nicht von ihm. Würde er sie öffentlich verstoßen, so würde er vielleicht sein Gesicht wahren. Mit Fingern würde man trotzdem auf ihn zeigen: auf den gehörnten Bräutigam. Wer den Schaden hat, brauchte auch damals für den Spott nicht zu sorgen.

Würde er sie darüber hinaus jetzt auch noch zu sich nehmen, man würde nicht mehr aufhören, sich die Mäuler über ihn zu zerreißen. Was wäre das auch für ein Mann, der sich ein Kind unterjubeln lässt und dann einfach stillschweigend gute Miene zum bösen Spiel macht! Das wäre heute noch Aufsehen erregend. Damals war das ein gefundenes Fressen für den Klatsch und Tratsch weit über die Ortsgrenzen hinaus.

„Fürchte dich nicht davor!“ Tu es trotzdem! Tu ganz einfach, was Dir wichtig und richtig erscheint, und lass Dich nicht durch das Geschwätz der anderen davon abbringen.

Eigentlich macht sie mir nur so wirklich Sinn, die Aufforderung des Engels im Traum an den Josef. Es liest sich fast so, als hätte es nur noch dieses letzten Anstoßes bedurft, als hätte er eigentlich diese Maria am allerliebsten trotz allem, trotz der augenscheinlichen Enttäuschung, trotz des Kindes – als hätte er sie trotz allem am liebsten zu sich genommen, wäre da nicht das Gerede gewesen.

„Fürchte dich nicht!“ heißt die Antwort.

Und das ist eine Antwort, die nicht nur auf ihn hin gesprochen ist. Es ist eines der vielen zeitlos gültigen in alle Generationen hineingesprochenen Worte, das hier mitten in diesem Evangelienabschnitt steht.

Lass dich nicht vom Geschwätz der anderen abhalten. Steh zu dem was Dir richtig und wichtig erscheint. Und vor allem: steh zu den Menschen.

Der Engel sagt genau das auch zu uns.

Er sagt es zu den Eltern, die zu ihren Kindern stehen, auch wenn sie den größten Bockmist verbrochen haben und alle schon hinter vorgehaltener Hand tuscheln, wenn man an ihnen vorüber geht.

Er sagt es denen, die zu einem anderen Menschen stehen, weil er ihnen wichtig ist, weil sie ihn lieben, auch gegen die öffentliche Meinung, trotz all dem Geschwätz und gegen all den Druck, der Vielen, die es ja wieder einmal so viel besser wissen.

Wenn es um Menschen geht, dann fürchtet euch nicht vor dem Geschwätz. Steht zu eurer Überzeugung, folgt eurem Gewissen und tretet für den Menschen, der euch wichtig ist, ein, denn genau solche Menschen, Menschen wie diesen Josef, solche Menschen braucht dieser Gott.

Amen.

Taufe des Herrn 2010

Predigt Taufe des Herrn 2010

 

Was hätten wir da wohl gemacht? Hätten wir das zugelassen? Stellen sie sich die Situation am Jordan doch mal vor, so richtig bildlich meine ich. Da kommt Jesus zum Jordan. Johannes kennt ihn, gut sogar. Er weiß, dass dieser Jesus was ganz besonderes ist. Und so wie Matthäus das im Evangelium schreibt, ist Johannes auch davon überzeugt: Dieser Jesus, das ist er, das ist der Messias.

Und dieser Messias, dieser Retter, dieser König, auf den das Volk Israel seit Jahrhunderten gewartet hat, kommt, kommt zum Jordan und stellt sich in einer lange Reihe hinten an. Und die Reihe die da steht, das sind alles Sünder, darum wollen sie sich taufen lassen.

Es geht gar nicht darum, dass Johannes sich nicht würdig fühlt diesen Jesus zu taufen, nein, einen Messias, der sich bei den Sündern einreiht, das widerspricht allem was Johannes gelernt hat.

 

Stellen sie sich doch einfach mal vor: Jesus kommt heutzutage nach Verl. Da wäre der Schnee geräumt, der Müll abgeholt, das Rathaus geputzt, Paule hätte nen neuen Anzug und alle sonst vielleicht noch wichtigen Menschen von Verl wären da zum Empfang. Natürlich hätte der Klerus auch seine Soutanen an, hängt ja bei manchen nicht so weit, selbst die Evangelischen ständen in Eintracht neben den Katholischen und eine Liste von Grussworten wäre mehrere Seiten lang.

 

Und dann ist er da, der Messias, ohne Chauffeur und Polizeibegleitung, aber nicht im Rathaus, nein er sitzt am fast dunkelgrünen Kriegerdenkmal auf der Bank, neben den vollen Mülleimern und neben ihm zwei durchreisende Obdachlose mit einem Sortiment von Flaschen neben den Füßen.

Er könnte natürlich auch vorher einen Besuch in der Verler Strasse 408 machen und dort mit den Prostituierten und Dirnen sprechen, die wir normalerweise außerhalb des Gottesdienstes mit ganz anderen Namen bezeichnen.

Wetten das die ganze Nation, ich meine die ganze Stadt Verl, sich furchtbar aufregen würde!

 

Spätestens danach würde Klerus in Paderborn ihm schon im Vorfeld verbieten, wenn er die Gemeinschaft mit wiederverheiratet Geschiedenen suchen würde oder wenn er zu intensiv mit evangelischen Christen ins Gebet käme oder sogar unerlaubten Gottesdienst feiern würde.

 

Man könnte dem ganzen noch die Krone aufsetzen und annehmen, Jesus würde sich mit Menschen treffen, die aus der Kirche ausgetreten sind. Wir würden diesem Messias, genau wie Johannes damals, schon beibringen wie man sich als Gott zu benehmen und zu verhalten hat. Viele scheinbar tiefgläubige Christen hätten schon gerne eine enge Beziehung zu unserem Gott, ja ganz bestimmt, aber nur als sein Berater.

Abertausend Bücher gibt es über unseren Gott, mit exakten und genauen Vorstellungen über ihn, damit wir genau sagen können, wie Gott die Dinge anzugehen hat, und wie nicht.

 

Johannes hatte das auch geglaubt. Er hatte alles gelernt was die Schriftgelehrten über den Messias zu sagen wußten. Er glaubte auch zu wissen, was der Messias tun würde, auf keinen Fall dürfte der sich zu den Sündern stellen. Das konnte er nicht zulassen.

 

Und dann kam die große Lehrstunde für Johannes durch Jesus – und – Johannes hat es wohl begriffen!

 

Aber haben wir das auch begriffen? Wenn ich mir so manche Verlautbarung der Kirche, manches theologische Buch so anschaue, dann fürchte ich, dass wir immer noch nicht verstanden haben, dass Gott größer ist als unser Herz. Das unser Gott kein Gott von starren Vorschriften und Regeln und ritueller Vorgaben ist und vor allem, dass er ein Gott ist, der die Angst nimmt, der nicht kleinkariert denkt, sondern das Heil aller – aller – Menschen und nicht nur die Rettung von irgendwelchen elitären Gemeinschaften will.

Immer wieder, und immer wieder neu, wird Gott auch heute noch genauso falsch verstanden, obwohl Jesus an zig Stellen versucht hat, allen klar zu machen, dass er damit absolut nichts am Hut hat.

 

Wer das Evangelium ernst nimmt, wer es als Frohe Botschaft erkennt und leben will, der muss

– da bin ich jedenfalls ganz sicher – auch bereit sein, die eigenen Vorstellungen, die Bräuche und Rituale, die Vorschriften, Überlieferungen und Traditionen immer wieder auf das hin überprüfen und abklopfen, was im Laufe der Zeit, der Jahrhunderte hinzu gewachsen, ja gewuchert ist und den Kern, nämlich die Wahrheit des göttlichen Willens verdunkelt oder ins Gegenteil verkehrt.

Vieles mag menschlichen Vorstellungen oder sogar vernünftiger menschlicher Ordnung entsprechen, steht aber gegen Gottes Gebot und den Aussagen unseres Heilandes Jesus Christus.

 

Quer durch das ganze neue Testament hören wir über Jesus, der sich an die Seite der Schwachen, der Sünder, der Fehlerhaften stellt.

Seine Botschaft, ist die Frohe Botschaft vom liebenden, vom versöhnenden und vom barmherzigen Vater.

Seine Verkündigung richtet sich gegen Unterdrückung, gegen Angst und Verzweiflung und gegen starre Regeln, die schmerzen und einengen.

 

Zu jedem Menschen dieser Erde, zu jedem Menschen der seit hunderten von Generationen war und in allen kommenden Generationen noch sein wird, sagt Gott ohne Vorbedingung und ohne Einschränkung:

Du, gerade DU bist meine geliebte Tochter,

Du, gerade DU bist mein geliebter Sohn.

 

Nehmen Sie alle diesen kurzen Satz mit nach Hause, mehr brauchen sie nicht!

 

 

6. Sonntag A – Beginn Bergpredigt

 

Predigt 6. Sonntag A – Beginn Bergpredigt

 

Es ist wie ein kleiner Beichtspiegel: Ich höre das Evangelium – und betrachte mich in einem Spiegel. Mich – das heißt auch, einmal nicht auf die anderen zu schauen, über sie zu reden, besser zu sein als sie.

Was sehen wir denn in diesem Spiegel? Zunächst: Drei Gebote, drei Gebote von zehn:
„Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht ehebrechen“ und „Du sollst keinen Meineid schwören“.

 

Aber wir sehen jetzt mehr als Mord, Ehebruch und Meineid – wir sehen den Hass, der sich in Worten ausdrückt – wir sehen die Begierde, die aus den Augen kommt – wir sehen, dass selbst der Eid, das feste Versprechen, wertlos wird. Jesus öffnet uns neu die Augen. Er lässt uns in die Gebote sehen.

In die Gebote sehen, heißt, in Gottes Absichten eingeweiht zu werden. Ihm, Gott ins Herz zu schauen.

Was ich wie einen Beichtspiegel empfinde, wird zu einem Spiegel meines Lebens.
Ich sehe mich. Ich sehe ihn. Er sieht mich.

Obwohl das Evangelium ziemlich eindeutig und bestimmend klingt – „Zu den Alten wurde gesagt, ich aber sage euch“ – liegt das Geheimnis in dem, was dahinter steckt.. Es ist die Ansage von Jesus für eine neuen Zeit.
Jesus hält seine Bergpredigt. Sie gilt als seine Antrittsrede. Jesus umreißt sein Programm, stellt Schwerpunkte vor, lädt zu Veränderungen ein. Er holt die Menschen in ihrer Lebenswelt ab und er er nimmt sie mit. Die sind neugierig, offen, erwartungsvoll.

Wir sehen uns auch um Jesus versammelt. Er will, dass eine neue Herrschaft beginnt.

Und darum geht es denn auch:
dass Worte nicht mehr töten, nicht mehr verletzen, nicht mehr demütigen –
dass Blicke nicht mehr ausziehen, nicht mehr wehrlos machen, nicht die Würde rauben –
dass Worte trösten, aufrichten und Gemeinschaft stiften,
dass Blicke Herzen öffnen und Vertrauen schenken.
Eine neue Herrschaft beginnt.

 

Es ist zwar ein heißes Eisen, gehört aber heute zu unserem Thema – das Beispiel Ehebruch. Wie kaum ein anderes Thema hat es mit Worten und Blicken zu tun – mit verlorenen Worten, mit verletzenden Blicken – und mit der Sehnsucht, ein gutes Wort zu hören und liebevoll angesehen zu werden.

Viele Menschen schauen nicht nur auf gute Erfahrungen zurück, die sie in einer Ehe gemacht haben. Aus einer großen Liebe wurde ein – großes Leid. Was in dem Wort „Bruch“ fast untergeht, ist eine Wunde, ein Schmerz, eine Enttäuschung.
Andere erzählen noch nach 40, 50, 60 Jahren, wie reich sie beschenkt wurden und wie schön es war – mit diesem einen Menschen. Von solchen Verhältnissen – und Träumen – gehen wohl auch die meisten Menschen aus, wenn sie den Schritt in die Ehe wagen. Sie versprechen einander Liebe – „bis das der Tod uns scheidet“.

Wir kennen alle auch Menschen, die sich – nach einer Scheidung – trauten, noch einmal zu heiraten und verbindlich „ja“ zu einander zu sagen. Oft hat der Partner, die Partnerin auch schon eine gescheiterte Ehe hinter sich. Manche bringen Kinder mit. Neue Familien finden sich zusammen. Das moderne Wort Patchwork-Familie trifft eigentlich nicht, was geschieht: dass ganz neue Banden entstehen, neues Vertrauen, neue Zukunft.

Ich habe Jesu Wort noch im Ohr: Unter euch soll es überhaupt keine Scheidung geben! Dieses Wort steht – es steht auch in seiner Verlässlichkeit und Treue. Sein Wort ist auch nicht klein zu reden. Wir können es nicht einmal verbiegen.
Aber wir sind – nur Menschen. Wir sehen uns schuldig werden. Wir sehen auch, dass wir ein „Ja“ manchmal nicht durchhalten können. Wir leiden darunter, aufgegeben zu werden – und einen anderen Menschen aufzugeben. Was oft so leicht und leichtfertig aussieht, entpuppt sich in vielen Fällen als Trauma, als tiefe andauernde psychische Belastung. Oder auch als ein Geschenk – für einen neuen Anfang.

 

Jesu Wort in der Bergpredigt hat eine große Bedeutung und Kraft für alle Christen. Eine hohe Messlatte legt Jesus uns auf, die wir nicht niedriger legen oder verbiegen dürfen. Seine Erwartung an uns fordert uns jeden Tag neu.

Nein, ich bin nicht „größer“ und „besser“ als …
Ich will auch nicht „größer“ oder „besser“ sein als …
Damit ich das sagen kann, suche ich bei Jesus Barmherzigkeit und Kraft.

Dass Worte nicht mehr töten, nicht mehr verletzen, nicht mehr demütigen –
dass Blicke nicht mehr ausziehen, nicht mehr wehrlos machen, nicht die Würde rauben –
dass Worte trösten, aufrichten und Gemeinschaft stiften,
dass Blicke Herzen öffnen und Vertrauen schenken.
Eine neue Herrschaft, Gottes Herrschaft nimmt dann seinen Anfang in uns und mit uns.

1. Fastensonntag 2011-03-12

Predigt 1. Fastensonntag 2011-03-12

 

Ich mach das noch wie meine Mutter früher, viele, besonders die Kinder, kennen das heute gar nicht mehr. Als erstes mache ich in den Wintertagen morgens die Asche aus der Brennkammer meines Kachelofens. Oft ist die Asche morgens schon kalt und nichts lässt erkennen, welche Art Holz ich verbrannt habe. Bestenfalls finde ich den einen oder anderen Nagel aus den Paletten.

 

Asche ist ein sehr eindrucksvolles Symbol der Vergänglichkeit, auch der menschlichen Vergänglichkeit, wenn der ganze äußere Mensch auf die Größe einer Urne zusammengefallen ist. Was bleibt ist Nichts, einfach Staub.

Am Mittwoch, Aschermittwoch, wurden wir eindrucksvoll mit dieser Thematik konfrontiert.

Sekunde für Sekunde verrinnt unser Leben, absolut unwiederbringlich, keine Sekunde, kein Tag, kein Jahr unseres Lebens können wir zurückholen und neu beginnen. Kein böses Wort, keine fehlende Umarmung, keine versagte Hilfe können wir zurückdrehen.

 

Die Fastenzeit gibt uns eine gute, vielleicht letzte Chance, vielleicht letzte Chance in unserem Leben zu schauen, was für unser, was für mein Leben wirklich entscheidend ist:

  • Auf welches Ziel hin und wofür lebe ich eigentlich?
  • Was ist das wirklich Wichtige in meinem Leben?
  • Worauf kommt es tatsächlich an?
  • Wie setze ich richtig meine Schwerpunkte?

 

Das sind auch Fragen, mit denen uns die Kirche – Quatsch – Gottselbst ist es, der uns täglich immer wieder neu diese Fragen stellt. Die Amtskirche stellt sie nur jedes Jahr besonders an den Beginn der Fastenzeit.

 

Mein Gott ist es, und zwar der Gott, der mich geschaffen, der mich kennt, der Arthur zu mir sagt und mich unendlich liebt. Er ist es der tief traurig ist, wenn ich, wenn wir unsere Jahre, unser Leben mit Nebensächlichkeiten, mit Belanglosigkeiten, mit Peanuts verschleudern.

Wenn uns Besitz, Ansehen, Äußerlichkeiten und die Showanteile unserer menschlichen Wohlstandgesellschaft so über alle Maßen wichtig sind.

  • Wie modern ist mein Anzug oder mein Kleid?
  • Welche Kreuzfahrt buche ich dieses Jahr?
  • Welches Auto muß es denn sein?
  • In welchen Kreisen verkehre ich?

 

Um solche „Äußerlichkeiten“ geht es heute auch im Evangelium. Jesus stellt dem immer wieder die „Innenseite“ unseres Glaubens, ja die „Innenseite“ das Wesentliche unseres Lebens gegenüber:

  • Am Beispiel wahrer Gerechtigkeit
  • Am Beispiel uneigennützigem Einsatz
  • Am Beispiel des Betens um des Betens, des Danken willens
  • Am Beispiel eines Fastens, das frei macht für das Wesentliche, das Eigentliche

 

Bei Fasten denken wir oft so schnell an Verzicht:

  • Weniger Essen – bin sowie so zu fett und alle gucken schon
  • Weniger rauchen – sowieso zu teuer und nicht gesund
  • Weniger Computer und Fernsehen – ist oft sowieso Müll

 

Fasten nach Jesu Geist meint:

  • Zum Wesentlichen kommen – zu sich selbst, zu dem wie Gott uns gemeint hat
  • Unsere innere Wahrheit erkennen – und Selbsttäuschungen durchschauen, sich nicht immer was vormachen
  • Sich besinnen – und den tiefen Wert eines von Gott geliebten Kindes zu erkennen

 

 

Natürlich kann das auch bedeuten, auf das Eine oder Andere zu verzichten, aber deshalb ist Fasten kein Negativgeschäft, kein Verpassen und Verzichten, kein Verlust, sondern ein Gewinn, eine persönliche Bereicherung, ein echtes dickes Plus.

 

Die Zeit die ich gewinne für Familie und Freundschaft – ein echter Gewinn

Die innere Ruhe, Gelassenheit und Zufriedenheit – ein echter Gewinn

Das Buch, das ich endlich lese – ein echter Gewinn

Das gute Gespräch mit dem Partner, dem Nachbarn oder Freund – ein echter Gewinn

Meine Hilfe und Solidarität mit den Armen – ein echter Gewinn

Mein Mitempfinden und Mitfühlen für die Menschen in Libyen oder Japan – ein echter Gewinn

Ein dankbarer, vor allem liebevoller Blick auf mein eigenes Leben – ein echter Gewinn

 

Natürlich täte uns das alles das ganze Jahr über gut.

Aber so sind wir nun mal, ich jedenfalls, wir müssen immer wieder, oft jeden Tag einen neuen Anfang machen.

Jeden Morgen muss ich die alte Asche ausfegen, damit das Feuer neu entzündet werden kann.

 

„Gedenke Mensch – Du bist Staub“ „Mensch – werde endlich wesentlich!“

Damit du über alles, was vergänglich ist – zu einem erfüllten, einem guten Leben kommst, das dir nützt und Gott gefällt.

 

Sehen wir wiedermal, wie schon so oft auch vergeblich, auch dieses Jahr die Fastenzeit als eine gute Chance, vielleicht ist es die Letzte.

 

Amen

Unser Yonatan

»Er gehört jetzt zu unserer Familie«, ist das Verler Ehepaar Ursula und
Arthur Springfeld froh, dass der aus Eritrea geflohene Yonatan Kifle in
Deutschland bleiben darf. Hier will der 24-Jährige seinen Hauptschul-
Abschluss nachmachen. Einen Job hat er schon. Foto: Uwe Caspar

Happy End nach dramatischer Odyssee

Der aus Eritrea geflohene Yonatan Kifle darf in Deutschland bleiben

Von Uwe C a s p a r

Ve r l (WB). Yonatan Kifle sitzt im gemütlichen Wohnzimmer von Arthur Springfeld
und lässt sich den Kuchen schmecken. »Wir sind stolz auf ihn. Er gehört quasi zur Familie
und ist eine große Bereicherung für uns«, sagt der Hausherr und Diakon der Katholischen
Kirche in Sürenheide.

Hinter seinem aus Eritrea stammenden »Adoptivsohn« liegt eine dramatische Odyssee, bei der Yonatan bisweilen sogar um sein Leben fürchten musste. Jetzt ist er in Sicherheit und muss auch nicht mehr Angst haben, wieder abgeschoben zu werden. »Er hat eine Aufenthalts-Gestattung bekommen, die später in eine dauerhafte Duldung umgewandelt werden soll. Dann kann er für immer in Deutschland bleiben«, erzählt Springfeld erleichtert.

Yonatan Kifles Odyssee beginnt 2008, als er während seiner Militär-Grundausbildung beschließt, aus seiner Heimat zu fliehen. Nahezu alle jungen Männer in Eritrea werden nach abgeschlossener Grundschule zur Armee eingezogen – die meisten von ihnen müssen ihr ganzes Leben lang Soldat bleiben. Für den heute 24-Jährigen ist das aber keine Perspektive, also türmt er eines Tages zusammen mit einem Freund mitten in der Nacht. Sie nehmen dabei das Risiko auf sich, erschossen zu werden. Auf jeden Fall wären sie für viele Jahre im Knast gelandet, hätten die Grenzposten sie erwischt.

Nach einem mehrtägigen Fußmarsch ohne Verpflegung erreichen die beiden schließlich Sudan. Yonatan bleibt dort erst einmal, wird von seiner in den USA lebenden Tante mit 150 Dollar im Monat unterstützt. Doch er will weiter nach Europa und steuert nun Libyen an. Keine Flucht ist kostenlos: Kifle leiht sich 700 Dollar, damit er die Schlepper bezahlen kann. Zusammengepfercht mit rund 40 Leuten in einem Landrover geht es tagelang durch die Wüste – das überladene Auto kippt einmal um. Wagenwechsel in Libyen: Ein Lkw mit Anhänger übernimmt Yonatan und 200 weitere Flüchtlinge, sie werden auf der Fahrt nach Tripolis unter Paletten versteckt. »Wir konnten uns kaum bewegen, vor allem die Frauen hatten große Schmerzen. Es gab auch keine Pinkelpausen, wir mussten in Plastikflaschen urinieren«, sagt er.

Nicht so gefährlich sei dann die dreitägige Kutter-Überfahrt nach Sizilien gewesen, auch wenn es kaum etwas zu essen gibt. Endlich angekommen, müssen dort Yonatan und einige andere jugendliche Flüchtlinge eine weitere bittere Erfahrung machen: Sie werden andauernd von pädophilen Männern belästigt. »Überhaupt war Italien schrecklich für uns«, sagt er mit einem tiefer Seufzer. Schließlich jedoch hat es Kifle geschafft: Er ist in Deutschland, gelangt über Dortmund nach Verl.

Hier lernt er Arthur Springfeld kennen. Der Diakon, die Caritas und ein Pfarrer finanzieren dem Lernwilligen die Deutschkurse an der Volkshochschule. Doch noch gibt es kein Happy End: Yonatan wird ausgewiesen, weil die deutschen Behörden zunächst der Meinung sind, dass Italien für ihn zuständig sei. Springfeld setzt alle Hebel in Bewegung, damit Yonatan wieder zurückkommen kann, schaltet auch den Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (CDU) ein. Es klappt: Seit zwei Monaten ist Kifle wieder in Verl, hat hier eine eigene Wohnung und in Gütersloh einen Job gefunden.

»Unglaublich, wie viele Leute ehrenamtlich bereit sind, den bei uns gestrandeten Flüchtlingen zu helfen«, freut sich Springfeld über die Hilfsbereitschaft. Er fügt aber noch an: »Ganz Afrika kann ich natürlich nicht retten.«

Nachtrag im Mai 2107

Yonathan hat zwischenzeitlich in Zusammenarbeit mit Kolping Gütersloh eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer gemacht, hat seit einem Jahr eine Festanstellung und unterstützt durch seine guten Sprachkenntnisse die Kommunikation mit anderen ehemaligen Flüchtlingen aus Eritrea.

ARTHUR – der Engel!

 

Ein Mensch hatte nach dem Weihnachtsfest die Krippe und die zweiunddreißig Weihnachtsengel wieder eingepackt, den letzten behielt er in der Hand.

„Du bleibst“, sagte der Mensch. „Du kommst auf meinen Schreibtisch. Ich brauche ein bisschen Weihnachtsfreude für das ganze Jahr.“
„Da hast du aber ein Glück gehabt“, sagte er.
„Wieso?“ fragte der Mensch.
„Na, ich bin doch der einzige Engel, der reden kann.“

Stimmt! Jetzt erst fiel es auf. Ein Engel, der reden kann? Das gibt es ja gar nicht! In seiner ganzen Verwandtschaft und Bekanntschaft ist das noch nicht vorgekommen. Da hatte er wirklich Glück gehabt.

„Wieso kannst du eigentlich reden? Das gibt es doch gar nicht. Du bist doch aus Porzellan!“
„Das ist so. Nur wenn jemand einmal nach Weihnachten einen Engel zurückbehält, nicht aus Versehen oder weil er sich nichts dabei gedacht hat, sondern wegen der Weihnachtsfreude, wie bei dir, dann können wir reden. Aber es kommt ziemlich selten vor. Übrigens heiße ich Arthur.“
„Arthur? Bist du denn ein Junge? Du hast doch ein Kleid an!“ – Arthur trägt nämlich ein langes, weißes Gewand.
„Das ist eine reine Modefrage. Hast du schon einmal einen Engel in Hosen gesehen? Na also.“

Seitdem steht Arthur auf seinem Schreibtisch. In seinen Händen trägt er einen goldenen Papierkorb, oder vielmehr: Einen Müllkorb. Der Mensch dachte erst, er sei nur ein Kerzenhalter, aber da hatte er sich geirrt, wie ihr gleich sehen werdet. Arthur stand gewöhnlich still an seinem Platz, hinter der rechten hinteren Ecke der grünen Schreibunterlage (grün und weiß passt so gut zusammen!) und direkt vor ein paar Büchern, Krankenhausgesetz NRW, dem SGB und einem Bändchen mit guten Sprüchen. Und wenn der Mensch sich über irgendetwas ärgert, hält der Engel seinen Müllkorb hin und sagt: „Wirf rein!“ Der Mensch wirft seinen Ärger hinein – und weg ist er!

Manchmal ist es ein kleiner Ärger, zum Beispiel wenn er wieder seinen Kugelschreiber verlegt hat oder eine fremde Katze in seiner Gartenlaube vier Junge geworfen hat. Es kann aber auch ein großer Ärger sein oder eine große Not oder ein großer Schmerz, mit dem er nicht fertig wird, zum Beispiel, als kürzlich ein Vater und eine Mutter erfahren mussten, dass ihr fünfjähriges Mädchen an einer Krankheit leidet, die nicht mehr zu heilen ist. Wie soll man da helfen! Wie soll man da trösten! Der Mensch wusste es nicht. „Wirf rein!“ sagte Arthur, und er warf seinen Kummer in seinen Müllkorb.

Eines Tages fiel dem Menschen auf, dass Arthurs Müllkorb immer gleich wieder leer war.
„Wohin bringst du das alles?“
„In die Krippe“, sagte er.
„Ist denn so viel Platz in der kleinen Krippe?“
Arthur lachte. „Pass auf! In der Krippe liegt ein Kind, das ist noch kleiner als die Krippe. Und sein Herz ist noch viel, viel kleiner.“

Er nahm seinen Kerzenhalter unter den linken Arm und zeigte mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, wie klein.
„Denn deinen Kummer lege ich in Wahrheit gar nicht in die Krippe, sondern in das Herz dieses Kindes. Verstehst du das?“
Der Mensch dachte lange nach. „Das ist schwer zu verstehen. Und trotzdem freue ich mich. Komisch, was?“
Arthur runzelte die Stirn. „Das ist gar nicht komisch, sondern die Weihnachtsfreude, verstanden?“

Der Mensch wollte Arthur noch vieles fragen, aber er legte den Finger auf den Mund und sprach: „Pssst Nicht reden! Nur freuen!“


 

 

 

die Geschichte ist keine Autobiographie von mir, sondern stammt aus der Fernsehserie „Arthur der Engel“ aus alten DDR Zeiten.

Woher die die Informationen über mich haben, weiß ich allerdings auch nicht!