26.01.08 „Opa kann das nicht!“

Wort zum Sonntag 26.01.08 „Opa kann das nicht!“

„Opa kann das nicht!“ „Opa kann das nicht!“, so rannte mein gut 2 jähriges Enkelkind neulich durchs Haus. Opa konnte den DVD-Rekorder nicht bedienen. Unglaublich. Dreimal hatte er mich gebeten, bis er dann begriffen hat „Opa kann das nicht!“ Eine ganz neue Erfahrung für ihn. Es gibt auch Dinge, die Opa nicht kann. Natürlich habe ich darüber geschmunzelt, dann nachgedacht – und dann erschrocken. Mit vielem war der Junge bisher zu mir gekommen: Vorlesen, neue Hose machen, Dreirad kaputt, Tür geht nicht auf, habe Durst. Neuerdings kommt bei allem auch immer wieder die Frage: „Warum Opa?“ Und Opa tat Alles, konnte Alles und wusste Alles. (Alles gilt mehrheitlich natürlich auch für Oma) Bis zu dem Tag, als er erkennen musste: „Opa kann das nicht!“ Natürlich sorgen Mama und Papa gut für ihn und seine Geschwister, auch gut dass es die Oma gibt, aber Opa ist schon was Besonderes. Welch ein Glück – hauptsächlich für Opa – dass wir in einem Haus wohnen, Tür an Tür. Und da sind auch noch die großen Mädchen wovon eine schon zu Schule geht. Nicht nur, wenn Mama und Papa nicht da sind, wenn es schwierig wird, oder weh tut, oder Grundbedürfnisse zu stillen sind, der Ruf nach Opa kommt schnell. Die langen Zeiten der Ruhe von vorher sind weg – egal Ruhe habe ich irgendwann genug. Aber, ich spüre auch die Verantwortung, die Zuständigkeit und die Pflicht über Dinge zu reden, die früher waren. Zu erzählen darüber, wenn ich Kind war. Zu sagen warum ich in der Kirche mitarbeite, zu begründen, warum wir vor dem Essen beten und auch zu erklären, warum Opa manches nicht oder nicht mehr kann (und Oma die Bessere ist). Oder beim ins Bett bringen, wenn Mama und Papa mal nicht da sind, das Kreuz auf die Stirn zeichnen oder aus dem kleinen Baustein ein Überraschungsei zaubern und Schmerzen weg zu pusten. Vieles können Mama und Papa auch, vieles tun sie auch und vieles wollen sie eigentlich, wenn Zeit und Arbeit es zulassen. Aber Opa ist ja da, „Opa kann das!“, normalerweise. Noch mehr oft als Papa oder Mama, ist Opa der Retter in der Not, der Helfer in allen Lebenslagen und kann sich dennoch auch manchmal zurückziehen, und muß sich zurückhalten, denn seine Zuständigkeit ist im Regelfall nur ein Angebot, aber eine große Chance.

Wir Opas haben die Möglichkeit, die Verantwortung und die Pflicht – alles Quatsch – wir dürfen, wenn auch nur ansatzweise, wenn auch vielleicht anmaßend, Gottes Allmacht, seine Größe und Barmherzigkeit, seine Liebe und Treue in unseren Enkelkindern beleben, grundlegen und pflegen, einen Samen mit in die Erde legen, der keimen und wachsen kann. Mit Enkelkindern aufwachsen heißt Erfahrungen und Werte für 100 Jahre weitergeben, die von den eigenen Großeltern vor mehr als 100 Jahren schon gelebt wurden. Viele Großeltern haben dazu heute oft nicht die Chance, weil es wohnraummäßig nicht geht, die Distanz es nicht zulässt, die Kommunikation nicht klappt, weil sie selbst vielleicht schon tot sind oder bedauerlicherweise keine Enkelkinder geboren wurden. Es passt ja in den Trend der Zeit – die Erfahrung der Alten muss wieder her – Opas und Omas werden gebraucht, von den Enkelkindern, den eigenen Kindern, aber auch als Boten Gottes. Der große Dichter Kishon sagte mal:“ Wenn ich gewusst hätte, wie schön Opa sein ist, dann wäre ich das zuerst geworden!“ Ich bin gerne Opa! Jeden Tag!

Es sagte einmal die kleine Hand zur großen Hand:

„Du, große Hand, ich brauche dich,
wenn ich wach werde,
wenn ich Hunger habe und du mich fütterst,
wenn ich meine erste Schritte versuche und du mich hältst,
wenn ich zu dir komme, weil ich Angst habe.
Ich bitte dich, bleib in meiner Nähe und halte mich.“

Und es sagte die große Hand zur kleinen Hand:

„Du, kleine Hand, ich brauche dich,
das spüre ich,
weil ich für dich sorgen darf,
weil ich mit dir spielen und lachen kann,
weil ich mit dir wunderbare Dinge entdecke,
weil ich deine Wärme fühle und dich lieb habe,
weil du ein Teil von mir bist.
Ich bitte dich, bleib in meiner Nähe und halte mich.“

Und wenn mein kleiner Freund Frederik überzeugend sagt: „Opa, wir sind doch Männer!“, dann ist es nicht mehr schlimm, wenn Opa auch mal was nicht kann, aber dann habe ich eine leichte Ahnung, es gibt noch eine Hand, die mich hält.

Besonders allen Opas und Omas wünsche ich einen gesegneten Sonntag!

Ihr Arthur Springfeld (Opa und Diakon)

16.03.08 „Der Müll stinkt (fast) zum Himmel“

Wort zum Sonntag 15./16.03.08 „Der Müll stinkt (fast) zum Himmel“

Ich liebe den Frühling! (meine Frau natürlich auch) Alles wird wieder grün, die Erde bricht auf, was tot schien, erwacht zum Leben. Ich kenne Länder, da ist nie Frühling, nicht wirklich, da ist immer Sommer, die Bäume blühen immer, immer frische Blätter an den Sträuchern, dazwischen auch ein paar verwelkte. Frühling bedeutet sichtbar und spürbar neues, frisches Leben, Frühling bedeutet einen neuen Anfang machen. Frühling heißt, das Alte und Tote hinter sich lassen. Frühling ist immer wieder die neue Chance. Finde ich eine tolle Idee, dass in diesen Wochen Schulen und Bürgerinitiativen starten, die Umwelt zu säubern, den Müll einsammeln, den Andere ohne Verstand aus dem Autofenster werfen. In mir steigt der Zorn auf (heiliger natürlich) wenn ich die zugemüllten Gräben und Autobahnausfahrten sehe. Meine Zigarettenkippen lösen sich da doch wenigstens auf, will ich jedenfalls glauben. Schon dieser „ungebildete“ Indianerhäuptling Seathl sagte vor über 150 Jahren: „Ihr Weißen werdet in Eurem Müll noch ersticken!“ Dank an Alle, die unseren Müll einsammeln, Danke auch an die, die unseren Müll jede Woche zu Hause abholen. Ist doch toll, wenn der Müll verschwindet, wenn man ihn nicht mehr sieht, wenn es nicht mehr zum Himmel stinkt. Wobei Müll und Himmel wohl nichts gemeinsam haben. Also Müll im Himmel kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Aber wo bleibt dann all der Dreck, der Schmutz, die kaputten Dinge, die zerstörten Körper, die Schuld, die unanständigen Gedanken? Wohin mit allem Unfertigen, Halbherzigen, wohin mit all den Verletzungen, Lügen und Unbarmherzigkeiten. Wo ist dann die Deponie für Schmerz und Angst, Trauer und Unrecht, für tote Kinder, zerbombte Menschen und verhungerte Stämme? Wie soll da Frühling werden? Wie geht da ein neuer Anfang? Wer weiß den Weg? „Kommt alle zu mir, die ihr es schwer habt!“ steht auf einer Batik aus Indien bei uns zu Hause. „Kommt alle zu mir, die ihr euern Müll nicht mehr tragen könnt!“, könnte das auch heißen und über dem Text schaut mich ein Bild von dem an, dem wir am heutigen Sonntag mit Palmstöcken zujubeln. Auf dem Bild hängt er schon am Kreuz, die Schultern hängen durch von dem Müll der Menschen. Schwer trägt er an der Last und dennoch schaut er mich freundlich und auffordernd an und sagt auch mir: „Arthur, pack Deinen Müll ruhig noch drauf. Wird schon noch gehen. Ich schaffe das. Alles was Dich runter drückt und kleinmacht darfst du mir auf die Schultern packen“. „Nur darum bin ich geboren, nur deshalb ist es wichtig, dass Du mich kennst. Du musst nur den ersten Schritt tun. Du musst aus dem Weg räumen, was zwischen uns steht. Bring es mir, ohne Verpackung, ohne große Worte, ohne Ent-schuldigung – das ist mein Teil, dann kannst Du wieder atmen. Dann kannst Du neu beginnen und wachsen. Trau es mir zu, ich kann Dir die Jahreszeiten neu schenken, einen neuen Frühling und einen neuen Anfang. Ich will, dass es Dir gut geht!“ Es ist not-wendig am heutigen Palmsonntag alle Türen zu öffnen, damit der Herr einziehen kann. Er ist der Spezialist für Recycling, damit wir an unserem Müll nicht ersticken. Er wandelt unser Versagen in Gnade und Freude, damit unser Halleluja an Ostern ehrlich sein kann. Ich freue mich jedes Jahr neu, wenn wir dann in der Osternacht zusammen singen dürfen (mit hoffentlich fröhlichem, erlösten Gesicht): „Frohlocket, ihr Chöre der Engel, preiset den Sieger, den erhabenen König! Lobsinge, du Erde, siehe, geschwunden ist allerorten das Dunkel. Der Glanz dieser heiligen Nacht nimmt den Frevel hinweg, reinigt von Schuld, gibt den Sündern die Unschuld, den Trauernden Freude.“

Ich liebe den Frühling! Ich liebe Ostern! Alles wird wieder neu, die Erde bricht auf, was tot schien, erwacht zum Leben. Wie könnten wir leben, hätten wir die Müllsammler nicht!

Ihnen und Ihren Familien einen frohen Palmsonntag, eine gute Karwoche auf dem Weg zum Platz für Ihren Müll, und dann – Halleluja – gesegnete Ostern!

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

04.05.08 „Von den Karnickeln lernen!“

Wort zum Sonntag 04.05 08 – „Von den Karnickeln lernen!“

Wie die Karnickel hießen, weiß ich auch nicht mehr, wir hatten zu viele. Aber mehrfach hätte ich fast einen Herzinfarkt bekommen. Und Angst hatte ich, Angst, dass sie auf die Strasse laufen, wer mag schon platte Kaninchen. Und was hätten die Kinder mir für Vorwürfe gemacht, musste ohnehin manches Kaninchen im Laufe der Jahre beerdigen – schlimm genug. Hab sie aber immer wieder eingefangen, rechtwinkelig um die Ecke können die Viecher laufen, hat denen aber nichts genützt. Und dabei hatte ich einen professionellen Laufstall gebaut, geschraubt, geleimt, ummantelter Draht und Futterklappe oben. Sie hätten es so gut haben können, aber nein – unter dem Stall durch haben sie sich einen Gang gegraben, gewühlt. Unter dem Stall durch sind sie abgehauen. Es war natürlich kein Boden drin, warum auch, wer ahnt denn schon so was? Alles war stabil, alles war dicht – aber wenn der Stall keinen Boden hat, gibt es für Karnickel scheinbar einen ganz einfachen Weg aus ihm heraus. Und das ist nicht nur bei Karnickelställen so. Sie können dicke Mauern errichten, alles mit Vorhängeschlössern absichern, Edelstahlriegel anbringen, Betondeckel drauf – ohne einen Boden gibt es immer einen Weg raus. Aber, aber natürlich, so schlau bin ich jetzt auch – es gibt dann auch einen Weg nach drinnen. Wo kein Boden drin ist kann ich ohne große Schwierigkeiten natürlich auch nach innen gelangen. Der nächste Gedankenschritt ist einfach nur konsequent. Viele kennen Geschichten, selbst schlechte Witze über die gut bewachte Himmelstür, eng soll sie sein. Da ist von Petrus und einem gewaltigen Schlüssel die Rede, nur mit dem ist das Himmelstor zu öffnen, kaum einer wird da rein gelassen, sagt man (glaube ich nicht). Als wenn um den ganzen Himmel eine riesige chinesische Mauer gebaut wäre und es nur einen Weg, nur eine enge Tür gibt und die normalerweise auch noch verriegelt ist. In diesen Tagen bei Himmelfahrt und beim Nachdenken über das Wort zum Sonntag, musste ich immer an den alten Karnickelstall denken. Ich will es ja nicht übertreiben, aber das Bild gefällt mir einfach richtig gut, hat doch was. Versuchen Sie es doch mal, machen sie es doch mal wie die Jünger, schauen sie einfach mal wie sie nach oben! Starren sie doch mal ganz intensiv wie sie zum Himmel! Sehen Sie da Balken oder Zäune oder Türen oder sogar Mauern? Vielleicht sind meine Augen ja nicht mehr ganz gut (weitsehen kann ich eigentlich), vielleicht gibt es das ja alles tatsächlich – auch die Tür (steht ja in der Bibel). Aber was ich nicht sehe, was ich nicht sehe das ist ein Boden. Einen Boden am Himmel sehe ich nicht. Der Himmel ist doch tatsächlich nach unten offen. Begreifen Sie das? Dämmert es Ihnen jetzt auch? Unsere Erde ist zum Himmel hin offen, ohne Draht, ohne Zaun, ohne Barriere. Geahnt habe ich das immer schon, aber spätestens seit Christus uns vorangegangen ist, seit er zum Vater in den Himmel aufgefahren ist wissen wir doch alle, es gibt einen Weg auch von unten nach oben, von hier auf der Erde, von meinem Platz aus, selbst von Verl aus direkt in den Himmel. Und für alle, die diesen Weg nicht sehen, die diesen Pfad nicht entdecken können, ist das spätestens seit Christi Himmelfahrt absolut auch kein Problem mehr diesen Pfad zu finden. Man braucht nicht mal ein Navigationsgerät, man könnte sogar blind sein. Christus nämlich hat diesen Weg vorbereitet, er ist uns den Weg vorrausgegangen, er hat die Wegweiser gesetzt – lesbar für jeden. Wir brauchen ihm nur zu folgen, immer hinter ihm her. Wenn wir auf seinen Spuren laufen, wenn wir die gleichen Wege gehen, die er gegangen ist, immer auf die Menschen zu, immer wohlwollend und hilfsbereit, wenn wir dem oder der Anderen liebevoll in die Augen schauen können – (fast)immer, dann macht es überhaupt keine Schwierigkeit den Weg zu finden, den er uns vorausgegangen ist. Einfach das tun, was Christus getan hat, die Not entdecken und handeln. Da anpacken, wo wir stehen und gebraucht werden und die Zeit sinnvoll nutzen, die wir haben, damit auch die Anderen, die noch da stehen und nur zum Himmel starren, wissen wo es lang geht, damit auch sie den Weg finden können. Denn der Weg und die Tür stehen für alle und jeden und ganz weit offen. Keine Mauern, kein Drahtgeflecht und keine Tore schließen irgend eine(n) aus. Wer Christus folgt, für den ist der Weg völlig frei, denn der Himmel ist zu Erde hin tatsächlich offen. Freut Euch und jubelt – denn der Himmel geht über allen auf.

Ihnen allen einen gesegneten Sonntag und einen weiteren mutigen Schritt auf dem Weg zum Himmel. Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

17.04.05 „Spring – ich sehe Dich!“

Wort zum Sonntag 17.04.05 „Spring – ich sehe Dich!“

Wussten Sie, dass in Murmeln Überraschungseier stecken? Wirklich, wenn Antonia(4) oder Karolin(3), meine kleinen Enkelkinder, mir eine Murmel bringen, stecke ich die in die Tasche und nach einem gewaltigen Zauberspruch mit Hilfe der Kinder, hole ich zwei Überraschungseier raus. Natürlich braucht das Vorbereitung, aber glauben Sie das ruhig, als Opa kann ich zaubern – meine Mädchen nehmen mir das ab, die kennen mich ja auch. Opa Arthur kann das. Und die beiden sind nicht dumm, dennoch blind vertrauen sie mir und glauben auch, dass ich das nur einmal am Tag schaffe. In einer Zeitung war einmal zu lesen: In einem einstöckigen Haus war eines Nachts ein Brand ausgebrochen. Alle Bewohner des Hauses waren vor den Flammen auf die Straße hinaus geflohen – bis auf einen Jungen von vier oder fünf Jahren. Umgeben von dickem Qualm, tauchte er plötzlich beim Dachfenster auf und schrie um Hilfe. Sein Vater sah ihn und schrie ihm zu: Spring mein Junge! Der Junge schrie: Vater, ich sehe dich nicht! Das Kind hörte die Stimme seines Vaters, aber es konnte ihn wegen des Rauches nicht sehen. Der Junge schrie: Vater ich sehe dich nicht! Der Vater von tiefer Angst erfüllt rief laut: Spring, es genügt, dass ich dich sehe, hab keine Angst! Das Kind gehorchte, sprang durch den Vorhang von Rauch und landete sicher und gesund in den Armen seines Vaters.

Auch dieser Junge war nicht dumm, er hatte nur einen kindlichen Glauben und blindes Vertrauen in seinen Vater.

Vor vielen Jahren wollte ich mich an einer Diskussion über „Jungfrauen-geburt“ nicht beteiligen, ich verstand es nicht, aber es war mir auch nicht wichtig, jedenfalls nicht wichtig für meinen Glauben. Gott erhalte dir deinen kindlichen Glauben, sagte man zynisch zu mir. Tief beleidigt ging ich raus. Natürlich sind die Enzykliken aus Rom wichtig oder die Verlautbarungen aus Paderborn, wer will das bezweifeln. Für mein Leben, für meinen Glauben brauche ich das nicht. Gott kennt Arthur, Gott hat seine Hand auf mich gelegt am ersten Tag meines Entstehens. Er hat mich bei meinem Namen gerufen und gesagt Du bist mein. Er gibt mir den Mut und das Vertrauen mein Leben zu leben und zu springen, auch wenn ich nicht sehe. Sicher zaubert er mir keine Überraschungseier – viel besser – er macht das wieder heil, was ich kaputt gemacht habe, er macht aus den Disharmonien meines Lebens eine wunderschöne Melodie. Natürlich habe ich manchmal auch Angst, manchmal schreie ich dann ganz laut wo bist DU denn? und ich muß oft lange auf seine Antwort warten. Aber ich spüre es, er ist da, auch wenn ich ihn nicht verstehe und er ist da, auch wenn ich ihn nicht sehe. Er hat es mir versprochen und ich Arthur glaube ihm das. Kindlicher Glaube? – vielleicht, ganz sicher sogar – aber es ist mein Glaube, mein Glaube der mich leben lässt. Jemand hat gesagt man kann nie tiefer fallen als in Gottes Hand. So kann ich auch verstehen, wenn über den verstorbenen Papst gesagt wurde Gott hat ihn nun von der einen Hand in die andere genommen, obwohl mein kindlicher Glaube mir sagt: es waren eher beide Arme, die ihn aufgefangen haben. Es genügt, dass Gott uns sieht.

10.08.08 „Der Segen des Stoppelfeldes“

Wort zum Sonntag, 10. August 2008 „Der Segen des Stoppelfeldes“

Natürlich kann man da gut Drachen steigen lassen, vielleicht mal wieder wie früher, aus Zementsack-papier mit Kartoffeln geklebt und dann 50 Stücke Strohband aneinander geknotet. Oder die Tiere, Karnickel und Krähen, die kann man jetzt besonders gut erkennen wenn sie die Reste ernten. Ich meine die Stoppelfelder, die in diesen Tagen überall wieder zu sehen sind. Das Unkraut, es wird nicht mehr gespritzt, kann natürlich da auch besonders gut wachsen. Stoppelfelder ist das, was überbleibt, nach pflügen, sähen, düngen, pflegen und ernten.

Ich befinde mich gerade in den letzten Wochen meiner aktiven Berufslaufbahn. Ein bisschen noch, dann ist Schluss, dann ist die Ernte des Lebens vorbei, was bleibt ist Stoppelfeld. Sagen viele! Meinen auch manche, schauen so und leben auch so. Natürlich ist Rente, natürlich ist das Ausscheiden aus den Arbeitsprozessen, das Fehlen von pünktlich Aufstehen, Losfahren, Arbeiten und erschöpftem Feierabend ein einschneidender Lebensabschnitt. Für viele Menschen ein Riesenproblem. Nichts ist mehr so wie die letzten 45 Jahre. Oder? Oder man macht es anders, man denkt ver-rückt, betrachtet das Leben aus einem anderen Blickfeld. Es tut gut auch mal den Standpunkt zu wechseln. Das Stoppelfeld ist doch nur da, weil die Ernte eingefahren ist, die Hauptarbeit vorbei ist. Und wenn die Ernte gut war sind die Scheunen und Silos voll, gefüllt bis an den Rand. Es wurde doch gepflügt und gesät und gedüngt, damit geerntet werden kann. Jeder Bauer dankt doch Gott, wenn er das Stoppelfeld sieht, weil er weiß, es ist geschafft. Es ist vorbei, jetzt ist kurze Pause und bald wird wieder frisch gepflügt. Das Bild vom Stoppelacker und der eingebrachten Ernte könnte uns allen helfen.

Haben Sie mal überlegt, welche Situationen, vor allem aber welche Menschen in Ihrem Leben wichtig waren? Menschen die auf Ihrem Lebensacker waren. Menschen, die entscheidend Einfluss auf Ihr Leben genommen haben? Natürlich Eltern und vielleicht Großeltern, aber mir ist eine Lehrerin eingefallen an die hatte ich 45 Jahre nicht mehr gedacht, oder in jungen Jahren Personen, die an meinem Berufsweg gestanden haben. Ihr Einfluss, und es waren viele, natürlich meine Frau auch, haben erst wirklich aus mir Arthur gemacht. Sie haben meinen Acker mitgepflügt, gesät, gedüngt und gepflegt, und ich hatte das vielfach nicht wirklich gemerkt oder bewertet! Und was ist auf meinem Feld alles gewachsen, bis es dann Stoppelfeld wurde? Eine Partnerschaft die trägt und auch aushält, Freunde auf die Verlass ist, auch wenn sie durch familiäre Veränderungen gewechselt haben oder man sie nur selten sieht, Mitarbeiter von heute und damals, die sich auf einen freuen wenn man sie sieht, Menschen, die kilometerweit den eigenen Lebensweg mitgegangen sind. Flüchtige und dauerhafte Kontakte, von denen alle profitieren bis heute, und bei uns dann auch Besuche von Menschen aus aller Welt und Reisen zu Menschen und zu Schönheiten an vielen Punkten der Erde. Auf dem Stoppelfeld meines Lebens sind viele Früchte gewachsen – natürlich auch Unkraut, natürlich ist manches nicht angegangen oder so geworden, wie man es gewünscht hat. Aber, von tiefstem Herzen sei Gott gedankt, zu meiner Ernte gehören auch noch die Kinder, und sie leben noch und sind gesund und halten guten Kontakt untereinander und zur Familie. Sie haben Nahrung und Dünger genommen aus dem Acker unseres Lebens, sind geschützt groß geworden, gepflegt, gereift und gut vorbereitet ihren eigenen Acker zu bestellen. Den bestellten und wachsenden Acker der Kinder zu erleben, mit Enkelkindern zurückzuschauen und alt zu werden ist das Schönste Ergebnis eines Stoppelfeldes, ein wirklicher Segen. Voller kann eine Scheune kaum sein. Wer barfuss über das Stoppelfeld geht kann spüren, dass ernten auch weh tun kann. Alles was man säht geht nicht auf, die Frucht und das Ergebnis entsprechen nicht immer den Wünschen und Vorstellungen. Aber vieles habe ich in meinem Leben auch geerntet, sicher mehr als ich erkennen kann, ohne dass ich gesät habe, obwohl ich den Dünger vergessen habe. Und manches das ich „Unkraut“ nannte, erfreut andere in der Blumenvase.

Und was kommt nach dem Drachen steigen lassen? Ich freue mich schon. Heute ist im Leben und in der Landwirtschaft vieles möglich, wenn nicht die Daumen gedreht, sondern gehandelt wird. Ganz schnell wird wieder gepflügt, ganz schnell wird wieder gesät, natürlich nicht die gleiche Frucht, und dann kann noch mal geerntet werde, wenn alles klappt, wenn das Wetter gut, wenn der Dünger stimmt.

Aber, wie heißt es so richtig? „Der Mensch denkt,…..!“ Ich tue es trotzdem, ich fange noch mal an, ich sähe noch mal. Eine Ernte nur ist mir heute zu wenig. Es ist nicht der Sinn eines Ackers, dass er brach und Stoppelfeld bleibt. Aber die Zeit muss sein, die Zeit nehme ich mir in jedem Fall, in aller Ruhe die Früchte meines Stoppelackers weiter zu suchen. Es gibt noch viele, an die ich nicht denke, viele, die da waren, nur kurz, haben sich ausgeruht, ein wenig gegessen und sind weitergezogen. Einige werde ich noch sehen, manche werden mir noch einfallen, aber dann – dann wird wieder gepflügt! So Gott will!

Ihnen allen wünsche ich einen schönen Spaziergang über Ihr Stoppelfeld!

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

10.12.05 „Friedensgruß“

Wort zum Sonntag 10.12.05 „Friedensgruss“

Viele Jahre ist es her – ich war mit meiner Frau in Paris. Natürlich besuchten wir auch die berühmte Kirche Sacre Coeur. Ein herrlicher Bau auf dem Berg, mit wunderschöner Aussicht über den Montmartre. Der Zufall wollte es, wir kamen relativ zu Beginn einer Heiligen Messe und nahmen in den hinteren Reihen Platz, obwohl ausreichend Bänke vor uns frei waren. Natürlich war der ganze Gottesdienst in Französisch und wir verstanden nichts, wussten aber immer an welcher Stelle der Messe wir uns befanden – es war eben katholisch – weltumfassend. Nach dem Vaterunser machte sich eine Dame aus den vorderen Reihen auf den Weg nach hinten, kam zu uns, lächelte uns an und reichte uns die Hand zum Friedensgruß. Wir waren sehr überrascht, standen auf und gingen an den leeren Bänken vorbei nach Vorne und nahmen Platz in der Gemeinschaft der Anderen. Das tat so gut. Wir waren zuhause. Wir kannten einander nicht aber waren gut zueinander.

Für mich ist das einer der Höhepunkte in jeder Messe – der Friedensgruß. Das Zeichen zum Anderen, zum Fremden, dessen Namen und Geschichte ich oft nicht kenne, aber das Signal – ich will Dir gut sein, wir wollen keinen Streit, keinen Konflikt, keine miese Stimmung, nein ich will mit Dir Frieden haben, deinen Frieden mit meinem verbinden, da darf ich meine Frau in der Kirche auch in den Arm nehmen.

In vielen Gottesdiensten und vielen Kirchen wird der Gläubige aufgefordert ein Zeichen zu geben, ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung. Nicht überall geschieht das, manche mögen das nicht, fremden Menschen die Hand zu reichen und auch noch dabei freundlich zu gucken, das passt doch nicht in die Ehrfurcht der heiligen Messe.

Nur wenige Wochen , ja nur wenige Tage noch und wir feiern das große Fest „das Wort ist Fleisch geworden“ und die Engel singen das „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen seiner Gnade“. Nur wenige Tage noch haben wir Zeit von uns aus Zeichen des Friedens und der Versöhnung zu geben. Niemand muss uns auffordern, niemand muss uns sagen, dass wir Frieden halten müssen. Niemand muss uns zeigen, dass das freundliche Gesicht zum Frieden gehört. Niemand kann uns hindern dem Anderen die Hand zu reichen und den Frieden Gottes zu wünschen, nicht im normalen Alltag, nicht über Kultur-, Religions- und Ländergrenzen hinweg und schon lange nicht im Gottesdienst.

Wartet nicht auf die Engel von Weihnachten, wartet nicht auf die Aufforderung des Pastors oder des Diakons sondern reicht doch einfach einander die Hand zum Frieden, Gottes Nähe, Weihnachten, Versöhnung und Freude, Menschsein, alles ist darin schon enthalten.

„Manche Menschen wissen nicht,

wie wichtig es ist, dass sie einfach da sind.

Manche Menschen wissen nicht,

wie gut es ist sie nur zu sehen.

Manche Menschen wissen nicht,

wie tröstlich ihr gütiges Lächeln wirkt.

Manche Menschen wissen nicht,

wie viel ärmer wir ohne sie wären.

Manche Menschen wissen nicht,

dass sie ein Geschenk des Himmels sind.

Sie wüssten es,

würden wir es ihnen sagen.“

Ihnen und Ihren Familien wünsche ich noch eine gesegnete Adventszeit und den Frieden des menschgewordenen Gottes. Ihr Diakon Arthur Springfeld

11.11.06 „Mein bist DU!“

Wort zum Sonntag 11.11.06 „Mein bist DU!“

Hier liegt Arthur! – Ein Findling, Granit, allen Unbilden getrotzt, fest am Boden liegend, von Wind und Wasser geprägt, vom Leben gezeichnet – ja das wärs, das könnte mein Grabstein werden. Das würde an Arthur erinnern, da könnte man an mich denken, da könnte man sich erinnern und für mich beten. Natürlich wäre das nichts für die Ewigkeit, kein Tadsch Mahal – ein Grabmal das zum Weltkulturerbe wurde, das fast unsterbliche Zeichen einer großen Liebe zu einer scheinbar tollen Frau. Die ganze Welt kennt dieses Denkmal aus weißem Marmor – aber wer kennt Mumtaz? Wer erinnert sich an diese so überaus geliebte Frau? Wer betet denn heute noch für sie nach 400 Jahren?

„Wir werden Dich nie vergessen!“ steht es oft dick über Todesanzeigen. Nur wer vergessen ist, ist endgültig gestorben.

Natürlich bete ich für meine Eltern, natürlich denke ich manchmal noch an meine Großeltern, aber spätestens unsere Enkelkinder können mit den Namen und Bildern nichts mehr anfangen. Endgültig gestorben – die Gräber längst abgeräumt und einer neuen Bestimmung übergeben.

Wie das Gras und die Blumen sind die Menschen, heißt es in der Bibel, sie blühen heute und vergehen morgen, jetzt grünt das Gras und morgen schon ist es verdorrt – wir haben es diesen Sommer erlebt.

Die Bibel – es lohnt sich sie zu lesen – sie traut an dieser Stelle den Menschen nicht. Monumente verfallen und selbst Findlinge lösen sich irgendwann auf zu Sand. Gottes Gedenken überdauert die Zeiten.

Wie schön sich das anhört: „Ich rufe Dich bei Deinem Namen Arthur!“ „Mein bist Du!“ Wenn Gott mich bei meinem Namen ruft, dann meint er mich konkret, mich mit meinem Geburtsdatum in meiner konkreten Lebenssituation. Findlinge haben viele – aber mich kann man nicht verwechseln .Ich bin ich – mich gibt es nicht noch mal. Gott der mich beim Namen ruft – ihm verdanke ich mein Leben. Niemand wird zufällig geboren und niemand verschwindet im Nichts. Doch wer will all der Menschen gedenken, die vor uns lebten. Selbst die ganz großen haben bestenfalls noch einige Kapitel oder Fußnoten in speziellen Büchern die wenige lesen.

Gott vergisst niemanden. „Mein bist DU!“ sagt der Gott, der schon im Mutterleib seine Hand auf uns gelegt hat. Unsere Bilder erschöpfen sich schnell, wenn wir an das Leben bei Gott denken. Unsere Gedanken und Gebete reduzieren sich auf Worte die immer spärlicher werden. Unser Totengedenken ist einfach nur menschlich und damit auch endlich und vergänglich. Ich darf sicher sein, dass meine Verstorbenen in Gottes Händen geborgen sind, bei ihm der ewig ist und unvergänglich. An anderer Stelle heißt es: „Vater, ich will, dass alle die du mir gegeben hast, bei mir sind!“ Was Gott will, wird er schon schaffen – wer sonst? Mit meinem oft armseligen Gebet für meine Verstorbenen überwinde ich alle Grenzen zwischen meinem Leben und dem Tod. Mein Gebet für die Verstorbenen hilft mir dem Lebenden meinen Frieden zu finden mit den Verstorbenen, mit mir selbst und mit Gott. Die Toten bleiben bei den Lebenden, wenn wir an unsere gemeinsame Zukunft bei Gott glauben.

Eigentlich will ich jetzt keinen Findling mehr, oder wenigstens keinen ganz gerundeten, sondern einen der auch noch Ecken und Kanten hat.

Vergesst die Toten nicht!

Ihr Arthur Springfeld

16.10.04 „Nobelpreis“

Wort zum Sonntag 16.10.04 „Nobelpreis“

Jedes Jahr erhalten bedeutende Menschen für hervorragendste Leistungen den Nobelpreis. Mein Respekt. Bedeutender noch als das viele Geld ist die weltweite Anerkennung und Würdigung. Da werden teils scheue Menschen die an Lösungen der Menschheitsprobleme mitwirkten, die oft in aller Stille forschten und arbeiteten für kurze Zeit ins Licht der Öffentlichkeit gestellt. Dauerhafte Aufmerksamkeit genießen meist andere: Schauspieler, Politiker Adlige, na eben die High Society.

Hat Jesus nicht etwas Ähnliches getan, als er uns die Seligpreisungen überlieferte. Für kurze Zeit hat er die Aufmerksamkeit von den Honoratioren, den Angesehenen, den Hochwürden auf jene Menschen gelenkt, die seiner Ansicht die Preisträger durch Gott sind. Die Armen, die das Reich Gottes erwarten, die Friedfertigen, die Trauernden usw. Er hat die herrschende Rangordnung auf den Kopf gestellt.

Müßten wir nicht wie die Stiftung des Alfred Nobel die Seligpreisungen auch jedes Jahr aktualisieren und die Menschen in das Licht der öffentlichen Anerkennung rücken, die Jesus heute selig preisen würde. Meine Vorschläge wird man sicher nicht in maßgeblichen Kreisen von Kirche und Gesellschaft lesen, aber dennoch möchte ich laut nachdenken über Menschen und Gruppen, die Jesus heute selig preisen könnte.

Ich schlage zur Seligpreisung die Männer und Frauen (auch Jugendliche) vor, die sich selbst durch Prügel von oben oder von unten nicht davon abhalten lassen sich in unseren Gemeinden aktiv zu engagieren.

Ich schlage die vor, die stundenlang beim Arbeitsamt sitzen und ihre hundertste Bewerbung abgegeben haben, weil sie unbedingt arbeiten wollen, auch um ihrer Familien willen.

Seligzupreisen sind sicher auch jene, die trotz großer Ärgernisse, Skandale und peinlicher Vorfälle in den Reihen kirchlicher Amtsträger, ihr Leben weiter an Gottes Botschaft ausrichten und der Kirche nicht den Rücken zu

drehen.

Selig gepriesen wünsche ich mir auch die, die sich bemühen nach bestem Wissen und Gewissen ein christliches Leben zu führen, obwohl sie nicht ins offizielle Schema passen: wiederverheiratet Geschiedene, gleichgeschlechtlich Liebende, vom Zölibat überforderte u.v.m.

Gerne würde ich aus meinem persönlichen Bekanntenkreis noch welche vorschlagen, aber ich fürchte denen wäre diese Öffentlichkeit peinlich.

Ich denke da an Menschen, die mit höchstem persönlichen Einsatz über Jahre Hilfstransporte für die Ärmsten organisieren.

Ich denke da an Frauen und Männer, die unter großen persönlichen Opfern kranke und behinderte Angehörige pflegen, zuhause oder im Heim.

Ich denke da an Menschen, die auf der Finalstrecke des Lebens nach jahrelangem Streit in der Familie, den ersten schweren Schritt zur Versöhnung gehen.

Ich denke an LehrerInnnen die sich für unsere Kinder einsetzen weil sie sie gerne haben.

Auch Ihnen werden „preiswürdige“ Menschen in Ihrer Nähe einfallen.

Auch wenn moderne Theologen die Seligpreisungen als Paß für den Himmel nehmen, Jesus wollte die Armen , die Trauernden, die Niedergedrückten nur aufrichten, ihnen Trost geben und Mut machen, ihnen Hoffnung geben. Er sieht den Kampf und das Ringen seiner Zuhörer um Gottes Wohlgefallen und ermutigt sie weiterzugehen.

Das gilt auch heute für uns Christen und alle die an den einen Gott glauben – welchen Namen sie ihm auch gegeben haben – unseren Weg gegen den inner- und außerkirchlichen Strom der Zeit weiterzugehen und fordert jeden von uns heraus, unsere Lebensgestaltung am Anspruch des Reiches Gottes zu messen.

Der Sonntag könnte ein guter Anfang sein.

22.06.08 „Wo zwei oder drei …….“

Wort zum Sonntag 21./22. Juni 2008 „Wo zwei oder drei …….“

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!“, diese Stelle bei Matthäus kennt jeder, diesen schönen Kanon können wir fast alle singen. Zwei oder drei, das sind noch deutlich weniger als die verbleibende Schar der Gerechten in Gomorrha. Und was ist wenn 200 oder zwanzigtausend oder 200-tausend zusammen kommen? Wer nie auf einem Kirchentag oder nie auf einem Katholikentag war, ist eigentlich arm dran, hat wirklich etwas versäumt. Wer nie in die frohen und lebendigen und strahlenden Gesichter dieser riesigen Zahl von Kindern und Jugendlichen – aber auch Alten und Behinderten – geschaut hat, kann kaum wissen, vielleicht nicht mal ahnen, wie schön, hilfreich und lebendig machend unser Glaube ist, wie heilend und lebensfroh unser Glaube tut, der uns mit dem einen Gott und untereinander verbindet. Da fährt man dann begeistert aus Deutschland und aller Welt zum Papst nach Köln, zum Kirchentag nach Berlin, zu Katholikentag nach Osnabrück oder sogar zum Weltjugendtag nach Australien.

Früher war alles einfacher, vielleicht – aber nicht unbedingt hilfreicher: Am Sonntagmorgen mindestens drei Messen, nachmittags Kinder- oder Christenlehre (immer wenn Kalle Blomquist im Radio war L) und abends noch eine Andacht oder Fastenpredigt. Alle Termine waren gut besucht, alle Bänke besetzt. Seit Jahrhunderten wird die Vergangenheit beschönigt und die Zukunft bedauert. Es liegt mir fern in das Klagen und Stöhnen auch offizieller Stellen einzustimmen. Es liegt mir noch ferner zu glauben, dass die Kinder und Jugendlichen heute schlechter sind als früher. Einzig große Freude und Dankbarkeit und riesengroße Hoffnung findet bei mir Platz, wenn ich die aktiven und engagierten Jugendlichen in unseren Gemeinden sehe, wenn ich die grenzenlose aber nicht unkritische Begeisterung auf den Großveranstaltungen erfahren darf. Ohne die vielen hochmotivierten Jugendleiter gäbe es keine Gruppenstunden, deutlich weniger gute Freizeitangebote, ohne die ehrenamtlichen mehrheitlich Frauen wäre Caritas und Diakonie, Krankenbetreuung und Behindertenhilfe fast tot, ohne Männer und Frauen, die die Ärmel aufkrempeln, gäbe es kein Kolping, keine Schützenvereine, keine Libelle und kein Droste-Haus. Unsere Kirche, unser Glaube, unsere Erfahrungen als Gemeinschaft der Christen zehren von den Anstrengungen derer, die versuchen Glauben überzeugt in Wort und Tat zu leben, natürlich gehören dazu auch die, die ganz im Dienst der Kirche stehen, die ihren Auftrag, ihre Berufung und Sendung begriffen haben. Hauptsächlich wurde unser Glaube aber seit Jahrtausenden weitergegeben, weil engagierte Menschen sich eingebracht haben, weil Jugendliche und Eltern, Gesunde und Kranke, Kinder und Alte ihren ihnen eigenen Glauben weitergesagt haben. Viele Initiativen der frohen Glaubensweitergabe sind in unserer Generation entstanden, besonders seit dem Konzil, undenkbar zu Zeiten unserer Großeltern. Laien übernehmen Verantwortung, interessierte und engagierte Frauen und Männer geben ihren Glauben und ihre persönliche Glaubenserfahrung weiter (Kommunion, Firmung, Konfirmation, Ehevorbereitung). Sie suchen und finden Platz und Freiraum ihre selbst erfahrene Frohe Botschaft des Glaubens zu leben und zu verkünden. Ich glaube an den allmächtigen, den für die Menschen wohlwollenden Gott. Und wenn Gott in dieser Zeit – zumindest in unseren Breiten – nicht mehr Priester, so wie wir sie kennen, ruft und beruft, er wird sich was dabei denken. Dass zu jeder Zeit das geschieht, wohlverstanden, was Gott will, davon bin ich überzeugt. Und wenn Gott wollte, dass wir mehr Priester hätten – lächerlich, er würde den Weg zu den Frauen und Männern finden. Mein Glaube, unser Glaube und der Glaube unserer Kinder wird uns allen durch Gott geschenkt. Und diese Botschaft ist nicht wirksamer, wenn ich sie als Diakon weitersage, das wäre schon sehr eigenartig. „Wo zwei oder drei …..“ das könnte die Lösung sein. In Osnabrück, aber auch in Gruppen unserer Gemeinde, bei guten Freunden, ja auch in meiner Familie habe ich das oft gespürt. Mein Gott und ich hoffe, dass das auch der Gott der Menschen in Paderborn und Rom ist, ist immer bei und mit uns und er wird nicht zulassen, dass seine Kirche (durch uns) kaputt geht, jedenfalls nicht, so lange sich noch „zwei oder drei in seinem Namen versammeln“. „Zwei oder drei“, das könnte sein wie eine Oase in der Wüste unseres Lebens, danach geht es mit neuer Kraft wieder los, den zu suchen und zu finden und zu sehen, der immer schon für uns da war.

Vielleicht haben sie an diesem Sonntag, oder im Urlaub, vielleicht auch mit dem Partner oder Freund Zeit und Muße sein Lied zu singen „Wo zwei oder drei ….“

Ihr Arthur Springfeld (Diakon)

21.01.06 „Joseph Beuys – Unschlitt“

Wort zum Sonntag 21.01.06 „Joseph Beuys – Unschlitt“

„Ich begreif es nicht!“ „Ich versteh es nicht!“ „Ich will es verstehen!“ „Ich hab keine Antenne dazu!“. „Ich erkenne nichts!“ Tonnen von Unschlitt – Unschlitt kennen Sie auch nicht – vielleicht Tallow?, auch nicht? – das tut gut. Jedenfalls Tonnen davon liegen da rum, scheinbar gegossen und nachgeformt, scheinbar wahllos auf dem Boden abgelegt. Es fällt bald auseinander, zum Teil gehalten von schweren Stahlbändern, angeschlossen an elektronische Geräte zur Überwachung. Gruppen stehen drum rum, unterhalten sich, diskutieren – scheinbar Fachleute aus der ganzen Welt. Ich hab keine Idee, ich verstehe es nicht, warum hilft mir denn keiner – und das ganze kostet Millionen. „Unschlitt/Tallow“ ein Kunstwerk von Joseph Beuys von 1977, gesehen, erlebt in Berlin im Deutschen Museum, eine ganze Halle voll, Talg mit Stearin soll es sein. Die ganze Welt spricht darüber und ich – ich verstehe nichts, erkenne nichts und begreife nichts. Joseph Beuys, weltweit anerkannt, ist seit 1986 tot, aber ich kenne den jetzigen Besitzer dieses Kunstwerks, er hat viele davon. Gerne spricht er nicht mit mir über Kunst, überhaupt nicht, lieber mit Fachleuten, aber wenn er anfängt leuchten seine Augen, sein Herz läuft über und Tonnen von Talg, bieten Stunden von Erklärung, Stürme von Begeisterung und nicht enden wollende Faszination und er könnte den Rest seines Lebens erzählen. Kunst muss man nicht nur anschauen, Kunst muss man lieben, erleben, ertasten, erklärt bekommen, mit dem Auge und Herzen fühlen. Ich hab es nicht begriffen. Worte, endlose Worte, unverständliche Worte, Worte aus einer anderen Welt, Worte, die ich höre und die nicht ankommen. Schwerverständliche Worte, Worte die mein Herz nicht erreichen.

Und dann hörten wir in diesen Tagen diese Worte – „Und das Wort ist Fleisch geworden!“ und hat unter uns gewohnt. Jetzt habe ich es verstanden. Endlich, natürlich, so ist es gewesen. Jetzt ist es mir gesagt. Er ist einer von Uns, keine fremde Welt – unverständlich und unbegreiflich, nein ganz nahe, neben mir, hinter mir und in mir. Einer von uns. Jetzt versteh ich ihn, jetzt erst kann ich ihn verstehen. So ist das gemeint: „Das WORT ist Fleisch geworden“, nicht mehr nur theoretisch, nicht mehr nur Klang, kein Kunstwerk, nein wirklich, lebendig, ein Mensch, einer von uns. Warum hat das keiner gesagt. Warum hat mir das keiner erklärt. Es ist doch so einfach. Er ist Mensch geworden, einer von uns. Jetzt habe ich es begriffen, jetzt ist mir das Ganze nahe, endlich ist es bei mir angekommen. Lasst es doch so, so kann ich damit leben, so hilft es mir wirklich. So kann ich es anpacken und es mir zu Eigen werden. Lasst doch das Wort bei den Menschen. Lasst ihn doch selbst sprechen, dann kann ich es spüren, dann erahne ich den Menschen im Wort. Versucht nicht das Fleisch wieder zum Wort zu machen. Keiner wird es begreifen. Keiner wird es lieben, keiner wird es suchen und auch nicht finden. Es ist gut so – das Wort ist Fleisch geworden und wohnt bei den Menschen. Mehr Erklärung braucht keiner, der verstehen will. Ob ich das WORT verstanden habe? – wahrscheinlich nicht, aber das was ich verstanden habe, erreicht mein Herz. Das was ich verstanden habe kann ich weitererzählen. Das was mein Herz erreicht hat, damit kann ich leben. „Jeder Mensch ist ein Künstler“ hat Beuys gesagt. So kann und will ich an dieser Welt mitgestalten und auch wenn ich es doch nicht ganz begriffen habe weitersagen „Das Wort ist Fleisch geworden!“

Wer nicht will, wird es nie begreifen, nie erfahren und spüren – schade eigentlich.

Ihr Arthur Springfeld, Diakon (oder Künstler?)