Ostersonntag 2014 -Beerdigungsgesicht-

Predigt Ostersonntag 2014

Es war einmal ein guter Mensch.

Und dieser Mensch, vielleicht lebte er sogar in Verl, fand in seinem Garten, einen großen Strauch, übervoll mit Hunderten von Raupen.

Er hatte richtig Mitleid mit dem hässlichen Gewürm, das sich da Stunde für Stunde vorwärts plagte, um mühselig die Stängel zu erklettern und ihr Fressen zu suchen. –

„Arme Raupen“, dachte er, „sie sehen kaum die Sonne, haben keine Ahnung vom Regenbogen in den Wolken, kennen nicht die Frau von Arthur, nicht die Neugetauften von heute Nacht und auch nicht die Lieder der Nachtigall!“

 

Da dachte unser guter Mensch, vielleicht kam er auch aus Kaunitz: „Wenn diese Raupen nur wüssten, was einmal aus ihnen werden wird,

wenn sie nur ahnen würden, was ihnen als Schmetterling blüht,

sie würden ganz anders leben, froher, zuversichtlicher, mit viel mehr Hoffnung.

Und sie würden erkennen, dass Leben eben nicht nur aus Fressen besteht und dass der Raupentod nicht das Letzte ist.“

Er sagte es ihnen, aber die Raupen hörten nicht und verstanden nicht.

So versuchte er es mit Beispielen. Er versuchte Vergleiche zu finden: Er sagte: „Bald als Schmetterling, da wird es so schön sein, wie auf einem riesigen Feld voller Mohrrübenkraut…“

Und die Raupen nickten, aber mit ihrem Raupenverstand dachten sie nur an Fressen, Fressen, Fressen.

Deshalb versuchte der gute Mensch, wahrscheinlich kam er doch aus der Sürenheide, den Raupen ganz klar und deutlich zu sagen, was werden würde.

Er sagte ihnen, dass ihr nächster Zustand, der Puppensarg nicht das Letzte sein werde,

dass sie darin verwandelt würden,

dass Ihnen über Nacht Flügel wachsen würden und dass sie leuchten würden wie Gold.

Die Raupen aber sagten: Jetzt spinnt er endgültig, dieser Mensch aus Verl.

Hau ab! Halt die Klappe! Du hältst uns nur vom Fressen ab!

 

Liebe Schwestern und Brüder aus ganz Verl, liebe Kinder, Raupen sind ganz anders als Ihr,

Raupen sind dumm, Raupen kapieren so etwas nicht.

Raupen können die Botschaft von der Auferstehung als Schmetterling eben nicht verstehen.

Das hätte unserem guten Menschen eigentlich von vorneherein klar sein müssen.

Den Raupen etwas von einer zukünftigen Welt erzählen zu wollen, das war von Anfang an vergebliche Liebesmüh.

Bei Raupen ist das eben so!

Zum Glück ist das bei uns ganz anders! Selbst die Kinder hier im Kindergarten haben es am Donnerstag begriffen.

Es gibt zwar auch in unserer Sprache keine Worte, um den Himmel zu beschreiben, auch Jesus Christus musste Gleichnisse gebrauchen, um uns vor Augen zu führen, welches ungeahnte Land da vor uns liegt.

Er hat viele Beispiele gebracht, was das für uns bedeutet, dass er auferstanden ist, dass er uns damit den Weg in diese neue Dimension, das was wir Himmel nennen, vorbereitet hat.

Ganz ehrlich, wirklich verstehen können wir das auch nicht, aber wir feiern trotzdem Ostern, im Gegensatz zu diesen dummen Raupen feiern wir – auch ohne zu verstehen – den Glauben an diese Auferstehung, an unsere Auferstehung.

Unser Glaube der uns so froh machen soll ist ein Geschenk, das unser Leben total verändern kann.

Denn wer diesem unserem Jesus Christus glaubt, wer wirklich glaubt, dass auch wir praktisch über Nacht verwandelt werden, dass auch unser Leben mit unserem Tod an alles nur nicht an ein Ende stößt, wer das wirklich glaubt, der wird anders leben.

Der wird nicht mehr, wie diese dummen Raupen sein, die nur ans Fressen denken, der wird sein Herz nicht wirklich an Besitz und Reichtum und Macht hängen, an all die Dinge, die in dem Leben, von dem Christus spricht absolut nichts mehr zählen.

Wer wirklich glaubt, wird vor allem auf das achten, was bleibt.

Bleiben tun die Beziehungen zu anderen Menschen.

Bleiben tut der gute Draht zu unseren Freunden.

Bleiben tut die Liebe in der Familie und zu dem Partner.

Bleiben tut die Hand die immer wieder zur Versöhnung gereicht wird.

Auf all diese Dinge wird der, der an Christus im Herzen glaubt, vor allem achten, und dann wird auch selbst manches Schwere und Schmerzhafte und Traurige, ihn nicht so leicht aus der Bahn zu werfen.

 

Paulus sagt, all das was wir auf Erden erleben ist nichts im Vergleich zu der Herrlichkeit, die uns im Himmel geschenkt wird.

Und dieser Glaube soll unser Leben schon jetzt reicher und fröhlicher machen, weil dieses Geschenk uns eine Hoffnung gibt, die trägt.

 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder,

diese Hoffnung, dieses Geschenk, diese Zusage Jesu, müsste man dann doch eigentlich unter uns Christen auch spüren können.

Sie müsste eigentlich wirklich in unserem Leben, in unseren Gesichtern zu entdecken sein, in Gesichtern, die diese Freude des Osterglaubens dann doch eigentlich auch widerspiegeln müssten – wir sind doch keine dummen Raupen – nein, sind wir nicht!

Sie können ja einmal die Probe machen!

Schauen Sie mal hin, nur an diesem Tag, was uns die Gesichter der Christen in Verl von Ostern verkünden.

Probieren Sie’s am besten gleich hier aus!

Schauen Sie ihrem Nachbarn oder Ihrer Nachbarin in der Bank einfach einmal ins Gesicht und schauen Sie dann nachher – zuhause – ruhig auch einmal in einen Spiegel.

Man glaubt es nicht! Dumme Raupen haben ganz unterschiedliche Gesichter.

Unser Papst Franziskus, der mir nur Freude macht, der fast immer strahlt, wenn man ihn sieht, sagte neulich mit seiner klaren und ehrlichen Sprache:

Viele Christen schauen das ganze Jahr, als wenn immer Karfreitag wäre.

Ob der wohl schon mal in Verl war?

Mahatma Gandhi sagte:

Er wäre so gerne Christ geworden, aber er hat kaum Christen getroffen, die fröhlich geschaut haben.

Der bekannte Märtyrer Alfred Delp sagte:

Die Menschen, die uns begegnen müssen spüren, dass wie erlöste Menschen sind.

 

Schauen Sie ganz einfach, was die Gesichter, die Ihnen heute begegnen von der Hoffnung des Osterstages erzählen.

Und ich wünsche uns allen, dass es keine Gesichter von unverständigen und ungläubigen dummen Raupen sind, die wir sehen, ich wünsche uns allen, dass wir in die erlösten, glaubenden Gesichter österlicher Menschen blicken.

Gesichter, die etwas von der Hoffnung ausstrahlen, an die wir glauben,

die uns alle doch eigentlich froh machen soll,

eigentlich doch jeden Tag des Jahres,

aber ganz besonders an diesem Morgen.

In der Ostkirche laufen die Menschen nach dem Ostergottesdienst durch die Straßen und rufen laut:

Christus lebt!

Christus ist auferstanden!

Darum lasst uns Ostern richtig feiern,

lasst uns Ostern leben hier drin (Herz) und in unseren Gesichtern!

Halleluja.

Halleluja.

 

Halleluja.

7. So. Osterzeit 1.06.14 -Da wo Gott ist, ist der Himmel-

PREDIGT 7. SONNTAG DER OSTERZEIT – 1. Juni 2014 –

 

Wenn jemand stirbt, dass haut einen oft ganz schön um. Und wenn es dann der Partner ist, oder die Mutter oder der Vater, dann entsteht ein Loch, eine Leere.

Man könnte fast die Lust am Weitermachen verlieren – und dennoch kein Auto fährt langsamer, die Zeit geht weiter und man muss sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen.

Nach dem Tod fehlt Jesus seinen Jüngern als Freund und als verbindende Mitte. Sie treffen sich immer wieder, um über ihre Angst und Not, ihre Trauer und Enttäuschung zu sprechen.

Und während sie über Jesus und die Zeit mit ihm sprechen, merken sie – er ist bei uns, er ist hier – mitten unter uns.

Und genau das hält seine Freunde zusammen: Sie glauben fest, was Jesus über die Liebe und das Reich Gottes erzählt hat – was er ihnen versprochen hat: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Euch“.

Und ganz besonders spüren das seine Freunde durch das Gebet, durch das Erinnern, durch das sprechen mit Gott, durch ihren Dank und ihre Bitten.

Sie verharrten einmütig, eines Sinnes im Gebet, heißt es in der Lesung.

 

Mir tut es so gut, hier in Gemeinschaft mit Ihnen, mit Euch, besonders auch mit den Kindern, zusammen zu kommen und gemeinsam zu singen, zu danken zu loben und zu bitten – das nennen wir beten.

 

An Christi Himmelfahrt ist Jesus nicht verschwunden, er hat für jeden Menschen da einen neuen Anfang gesetzt.

Der Tag ist sowas wie der 18. Geburtstag im Leben eines Menschen.

An diesem Tag dürfen wir feiern, dass wir in Gottes Augen erwachsen sind, volljährig und selbständig.

Darum sind wir selbst verantwortlich für unseren Glauben und unser christliches Leben.

Es ist nun unsere Aufgabe, Jesu Botschaft hier auf Erden selbständig weiterzuführen, selbständig den Weg zu gehen, den er uns vorgelebt hat.

Seit Himmelfahrt vor fast 2000 Jahren predigt Jesus nicht mehr selbst, jetzt sind wir dran – jeder von uns.

Seit Himmelfahrt streitet Jesus nicht mehr um die gerechte Sache – jetzt sind wir dran.

Seit Himmelfahrt ist Jesus nicht mehr hier um die Traurigen zu trösten – jetzt sind wir dran.

Seit Himmelfahrt ist Jesus nicht mehr leibhaftig da um die Hungrigen satt zu machen – wenn wir es nicht tun – tut es keiner.

Und – fast nicht zu verstehen, wenn man den zurückgebliebenen traurigen Haufen sieht: Gott traut uns das zu, dass wir das schaffen.

Er traut uns zu, dass wir hier auf Erden seine Hände, seine Füße und seine Stimme sein können.

Gott kennt jeden von uns und er traut uns unendlich viel zu! Das ist ein guter Grund sich zu freuen!

Dieser Beistand, dieser Mutmacher, sein Heiliger Geist kommt an Pfingsten auf alle – auf jeden und jede – herab.

Und jeder, alle – auch die Verler, auch die Kinder, jeder kann deshalb auch raus gehen in die Gemeinde, in die Welt und dort etwas Gutes bewirken, je nach eigenen Möglichkeiten und Begabungen.

Ich kenne keinen Menschen, der kein Talent hat, der sich nicht irgendwie uneigennützig einbringt, in den Gremien, in Vereinen, in der Politik, bei Kirche, in der Nachbarschaftshilfe oder im Freundeskreis.

Und zusammen leisten sie so viel, unbezahlbar viel!

 

Haben wir es wirklich kapiert? Ist es hier oben angekommen?

Den Jüngern damals fiel es wie Schuppen von den Augen, als sie sich erinnerten, was Jesus gesagt hatte: „Seid gewiss, ich bin bei Euch alle Tage – bis ans Ende der Welt!“

 

Mir macht dieser Satz unendlich viel Mut. Diese Zusage gibt mir Kraft.

Dieser Satz gibt mir immer wieder Anschub:

– wenn Glaubenszweifel kommen

– wenn ich keinen Bock mehr habe, weil ich frustriert bin

– wenn ich mich überfordert fühle

– wenn Dinge nicht so laufen, wie ich gerne möchte

 

Liebe Mitkämpfer! Eigentlich wissen wir es doch alle:

Ein Fisch kann im Wasser nicht ertrinken, er ist da in seinem Element.

Ein Vogel kann in der Luft nicht abstürzen, da gehört er hin, er ist in seinem Element. Fisch und Vogel sind getragen von dem, was sie umgibt.

 

Und ein Mensch? Wann sind wir in unserem Element?

Wenn wir uns tragen lassen von Gottes Liebe, wenn wir Gott glauben und ihm uns anvertrauen, dann sind wir ganz in unserem und in seinem Element.

 

„In ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“, sagt Paulus.

Ist das herrlich!

Wir sind so unendlich frei und sicher wie ein Fisch im Wasser und wie ein Vogel in der Luft.

 

Das ist echte Frohe Botschaft!

Nicht da wo der Himmel ist, ist Gott! –

Da wo Gott ist, ist der Himmel!

Und ich bin so gerne im Himmel – zusammen mit Euch!

 

Amen.

14. So.i.Jk. – 6. Juli 2014 – URLAUB

14. Sonntag im Jahreskreis – 6. Juli 2014 – URLAUB

 

 

Das erste Wochenende der Sommerferien!

Viele sind in der Urlaubszeit jetzt schon unterwegs. Andere haben den Urlaub noch vor sich.

Und selbst wer dieses Jahr nicht daran denken kann, weiß doch, wie das ist:

Verreisen und Koffer packen.

Wer erinnert sich nicht an die schwierigen Überlegungen:

Was nimmt man mit?

Was brauchst du?

Was lässt du besser zuhause?

Ein gewissenhafter Mensch hilft sich damit, dass er alles sorgsam plant und aufschreibt.

Das wird gewöhnlich eine längere Liste, kenne ich von meiner Familie. Da steht dann alles drauf.

Ein anderer stopft einfach in den Koffer rein, was ihm in den Sinn kommt.

Trotzdem bei Beiden am Ende die Frage: Hab‘ ich wirklich nichts vergessen?

 

Jesus gab seinen Jüngern, die er damals aussandte auch Ratschläge, aber anderer Art, einfachere:

Nehmt nichts
mit auf den Weg, ein Wanderstab genügt, sagte er.

Keine Vorratstasche, keinen Proviant, keinen Koffer, kein Geld, keinen zweiten Rock!

Ich weiß natürlich auch, dass die Aussendung der Jünger damals kaum mit einer heutigen Urlaubsreise zu vergleichen ist.

Das war etwas anderes: Jesus meinte das sicher praktisch – aber bestimmt auch symbolisch, beispielhaft – auch für uns heute.

 

Darum ist es vielleicht doch gut, diese biblischen Empfehlungen zu bedenken.

Nehmt nicht zu viel mit, will das heißen.

Belastet euch nicht.

Lernt es, mit leichtem Gepäck, nur mit dem Nötigsten zu reisen.

Im Grunde brauchst du recht wenig, um zu leben, um Mensch zu sein.

Und das willst du doch gerade jetzt, wenn du Urlaub machst: einmal frei sein, oder?

Ich kann mich an so manchen Urlaubsbeginn erinnern, wo ich überlegte: 4 Kinder, was muß man mitnehmen, auf was kann man verzichten?

Der Platz im Auto war sehr begrenzt.

Was nimmst du mit?

Warme Sachen, vielleicht doch auch kalte Sachen, etwas zum Spielen, etwas zum Essen, Fotoapparat, Reisepass, Geld.

Und dies und das …

Wie schön wäre das, einfach mal so loszufahren.

Nichts Unnötiges in der Tasche, nichts auf dem Rücken.

Einmal ganz unbelastet in den Tag gehen.

Das gilt auch von all dem, was wir im Kopf haben und an Problemen mit uns herumtragen.

Urlaub machen, das könnte heißen: einmal alles zurücklassen, Ballast abwerfen, aufatmen, abzuschalten.

 

Manchmal frage ich mich: Gilt das nicht auch für die Kirche?

Sie schleppt so vieles aus ihrer langen Geschichte mit, viele Bräuche, viele Erinnerungen, manche liebgewordene Tradition, auch viel Gold und Brokat.

 

Natürlich, wenn man in der Urlaubszeit in alte Kirchen kommt, dann bewundert man sie, alle Reichtümer der Kunst, die Reste vergangener Frömmigkeit.

Ich bin ganz sicher: ein kostbares und durchaus liebenswertes Erbe.

Aber unter all dem Traditionellen, all den Ritualen, all den Vorschriften, Geboten und Regeln, darf der lebendige, der gelebte Glaube
nicht ersticken.

Vieles hat sich da angesammelt im Laufe der Zeit: gewaltige Regelsysteme der Theologie, Tausende von Büchern, Wissenschaft und Weisheit vieler Jahrhunderte, und und und …

 

Aber wenn du es genau nimmst, brauchst du eigentlich nur ganz wenig, um zu glauben und so selig zu werden: das Glaubensbekenntnis vielleicht.

Und am Ende – vor der letzten Reise meine ich, wenn es Zeit wird aufzubrechen:

Was brauchst du dann, was willst du dann mitnehmen?

Ich denke, das „Vater unser“ wird genügen.

Oder ein „Herr, erbarme dich“, das dir aus dem Herzen kommt.

Vielleicht reicht es auch, wenn ich sage: „Jetzt bin ich da!“

Der Chef kennt mich ja – bin ich sicher.

 

Nehmt nichts mit auf den Weg, sagt Jesus, ein Wanderstab reicht.

Weshalb nennt er als einziges einen Stab?

Wie ist das gemeint?

Ob das vielleicht an den Psalm erinnert, den wir als Zwischengesang gebetet haben und in dem es heißt:

„Muss ich auch gehen in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil:

Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht“?

Dann soll und will er selbst bei uns sein, der Herr, unser Halt, unser Helfer.

 

„Solo Deo basta!“ sagte die große Hl. Theresia, eine der tollsten Frauen, die ich aus der Kirchengeschichte kenne.

„Solo Deo basta!“ Gott allein genügt!

Amen.

16. So.i.Jk. – 20. Juli 2014 Unkraut-

16. Sonntag im Jahreskreis – 20. Juli 2014 –

 

Predigt:

Das heutige Evangelium passt doch toll in unsere Jahreszeit. Was Jesus da erzählt, können wir jetzt in unserer nächsten Umgebung auf den Feldern und in den Gärten sehen. Die Frucht wächst heran, aber es wächst auch das Unkraut.

Und davon kann auch ich in meinem Garten ein Lied singen …

 

Mit dem Bild vom Weizen und Unkraut sagt Jesus etwas sehr Wichtiges, nämlich, wie die Menschen sehr oft die Welt sehen, und – wie Gott die Welt sieht.

 

Für den Menschen gibt es immer wieder die Versuchung, das Reich Gottes auf Erden so zu sehen, als dürfte es das Böse nicht geben.

Es müsse von Anfang an ausgerottet werden.

Und dabei macht der Mensch mindestens zwei Fehler:

 

Er glaubt, er könnte genau erkennen, was gut und böse ist.

Und der zweite Fehler ist: Er glaubt, das Gute in der Welt sei zu schwach, sich gegen das Böse zu behaupten.

Darum müsse man von Anfang an klare Verhältnisse schaffen, damit am Ende überhaupt etwas Gescheites herauskommen kann.

 

Jesus erklärt dagegen: Man kann Unkraut und Weizen nicht trennen. Man würde beim Versuch zu trennen viel Gutes zerstören.

Vieles wächst auf dem gemeinsamen Boden, man kann zunächst gar nicht genau erkennen, was gut oder nicht gut ist.

Aber das Gute ist stark genug, es wird sich behaupten. Und am Ende wird es auf jeden Fall eine gute Ernte geben.

Vertrauen wir einfach auf den Herrn der Ernte!

Er weiß am besten, wie man mit allem Lebendigen umgehen muss.

 

Jesus warnt also vor dem schnellen Eingreifen, vor dem schnellen Urteilen und Verurteilen. Er möchte nicht, dass seine Jünger übereinander zu Gericht sitzen oder einander die Schuld für gut und böse zuschieben.

Das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen will uns etwas ziemlich Wichtiges über die Barmherzigkeit Gottes sagen.

Im Grunde ist doch der Mensch selbst wie dieser Boden, auf dem Gutes und weniger Gutes zusammen aufwächst.

Wer könnte in sich selbst immer genau unterscheiden, was wirklich nur gut oder nur schlecht ist? Wer steht nicht in bestimmten Situationen blendend da und kennt seinen inneren Schweinhund genau?

 

Und wie können wir das überhaupt trennen?

Das ist doch so ineinander verwoben und miteinander verbunden, dass wir wirklich nur mit der Hoffnung leben können: Wenn wir nicht absichtlich das Böse tun, wird alles gut ausgehen.

Wir müssen nur bereit sein, diese Spannung in unserer eigenen Person auszuhalten.

Sie gehört zu unserer Natur.

 

Im Bild vom Unkraut unter dem Weizen möchte uns Jesus also sagen:

Schaut auf euch selbst und verliert trotzdem nicht den Mut, auch wenn da manches im Leben mitwächst, was euch selbst unerklärlich oder auch beängstigend erscheint.

Überlasst Gott selbst das Urteil!

Er wird dafür sorgen, dass nichts vom Guten in eurem Leben verloren geht.

Auch wenn das Korn durch viel Bedrängnis, durch viel Unkraut hindurch reifen muss, es wird eine gute Ernte geben.

So ist das im Reich Gottes, in dem alles Leben zu einem guten Ende kommt.

Das ist unser Gott, er liebt uns zunächst immer so, wie wir sind.

Gott sei Dank! Amen.

25. Sonntag A Mt 20,1 16a -Weinberg-

Predigt 25. Sonntag A – Weinberg – MATTÄUS 20,116a

 

Manche Leute sind doch echt ne Katastrophe! Kennen sie doch sicher auch solche. Was die für ne Einstellung haben! Und dann noch wie die sich anziehen, geht gar nicht. Aber Hartz 4 – schwarzarbeiten und zwei Mal im Jahr ab in den Urlaub. Ist wirklich schlimm! Gut, dass ich mit denen nicht so viel zu tun habe. Und wenn ich mir dann vorstelle, dass auch solche in den Himmel kommen, dann will ich dort eigentlich nicht hin!

 

Sie kennen bestimmt solche Menschen! Es gibt schließlich Nichtsnutze, die sich ein Leben lang einen Dreck um den anderen, einen Dreck um ihre Mitmenschen, die sich nur um sich selbst und den persönlichen Vorteil kümmern. 

Und sie kennen auch das Gefühl, das damit oft verbunden ist: dieser große Wunsch nach Gerechtigkeit.

Irgendwann müssen doch solche Menschen auch einmal auf die Nase fallen.

Und wenn das schon nicht in diesem Leben der Fall ist, dann soll es doch wenigstens im Jenseits sein. Spätestens dann, wenn Gott selbst den Strich unter die Rechnung zieht, wenn er am Ende danach schaut, wer den Lohn empfangen soll, dann werden sie hoffentlich alt aussehen, all die, die jetzt den lieben Gott ’nen guten Mann sein lassen und sich kein bisschen um die Religion scheren. –

So denken wir, und wir tun es immer wieder.

 

Aber hoffen wir denn wirklich darauf, dass Gott am Ende alles fein säuberlich auf- und auseinander rechnet?

Bei diesen Anderen, natürlich soll er das – aber soll er das etwa auch bei uns tun?

Soll er auch bei uns immer und überall so genau hinschauen? 

 

Einen Moment die Augen zu! Welche Leichen haben Sie denn im Keller? Von dem ihre Frau/ Ihr Mann/ Ihr Arbeitgeber/Ihr Nachbar nichts weiß?

 

Ok reicht schon, aber was ist mit denen, die sich mehr angestrengt haben als wir selber, sollen die dann einen extra Himmel bekommen, einen für ganz besonders verdiente Menschen?

Soll das Spiel dann am Ende genauso weiterlaufen wie hier auf der Erde, mit einem zweiten Himmel, für die eher Durchschnittlichen, einen dritten oder auch noch einem vierten?

Und worauf soll Gott dann, bei der großen Abrechnung besonderen Wert legen?

Was wenn er gerade auf die Dinge am meisten schaut, die uns gar nicht so wichtig waren? 

 

Was wenn wir dann plötzlich feststellen müssten, dass auch wir durch sein Raster ganz einfach noch durchfallen, dass unsere Anstrengungen, die wir ein Leben lang gemacht haben, sogar noch zu wenig gewesen sein sollten?

Man kann schon ins Grübeln kommen, wenn man sich auf solche Gedankenspiele einlässt.

Gott sei Dank macht Jesus klar, dass es keinerlei Grund gibt, sich im Blick auf unseren Gott solche Gedanken zu machen.

Jeder, den der Herr des Weinbergs gerufen hatte, jeder, der seinem Ruf gefolgt ist – und hätte er auch noch so kurze Zeit und noch so wenig gearbeitet -, jeder erhielt den gleichen Lohn. Jesus sagt das in aller Deutlichkeit.

Und er macht uns damit klar, dass wir mit unseren Vorstellungen von Gott sehr häufig auf dem Holzweg sind.

 

Gott ist doch kein Buchhalter, der genauestens darüber Buch führt, was wir im einzelnen geleistet haben, um dann am Ende mit uns fein säuberlich abzurechnen.

Jesus sagt uns, dass es genau so eben nicht ist.

Denn Gott liebt seine Menschen und er wird uns dieses versprochene Glück letztendlich ganz einfach schenken, und zwar unabhängig von unserer persönlichen Leistung.

So sagt es die Bibel.

So drückt es Jesus immer wieder aus.

Warum sind wir nur so fixiert auf dieses Leistungsdenken, unter dem wir hier am Ende doch tagtäglich leiden?

Warum sind wir so darauf fixiert, dass wir sogar unsere Beziehung zu unserem Gott nicht anders als in diesem Schema denken können.

 

Gott wird dieses Leistungsdenken durchbrechen.

Wer auf seinen Ruf hört und wer ihm in seinen Weinberg folgt, der wird den abgemachten Denar erhalten.

Mehr kann es nicht geben, und weniger zu bekommen, davor braucht keiner von uns Angst zu haben.

Gott ist kein Krämer und erst recht kein Bürokrat.

Gott ist Gott.

Und er sagt von sich selbst, dass er ein barmherziger Gott ist. Wer Gott seine Barmherzigkeit glaubt, der braucht keine Angst vor ihm zu haben, der braucht nicht darum zu bangen, dass Gott sein Versprechen auch hält.

 

Es gibt dann nur noch ein Problem: Gott ist dann nämlich wahrscheinlich weit barmherziger und weit großzügiger als wir! Und unsere Vorstellungen von Gerechtigkeit, die dürften sich an seiner Vorstellung ganz mächtig reiben.

 

Deshalb sollte ich mich mit einem Gedanken schon einmal vertraut machen: Bei diesem Gott muss ich nämlich damit rechnen, dass am Ende alle, auch die, die ganz am Schluss, so gleichsam in letzter Minute, gerade noch den Bogen bekamen, dass die am Ende genau so dastehen wie ich selbst.

 

Denn es würde Gott sicher sehr traurig machen, wenn er zu uns sagen müßte: „Bist du neidisch, weil ich zu anderen gütig bin?“

 

Amen

30. Sonntag A – Weltmission – Liebet einander

30. Sonntag A – Weltmission – Liebet einander

 

Liebe Schwestern und Brüder,

die meisten von Ihnen werden sich noch an den beliebten deutschen Quizmaster Hans Rosenthal erinnern. Rosenthal war Jude. Von 1943 bis 1945 hatten drei mutige Witwen Hans Rosenthal in einer Schrebergartenkolonie in Berlin versteckt.

Als der Krieg vorbei war, verließ er das Versteck und hatte an seiner Kleidung noch den Judenstern.

Damals war es in Berlin geschehen, dass SS-Soldaten ihre Uniformen weggeworfen und sich Zivilkleidung mit Judenstern besorgt hatten, um so der Gefangennahme zu umgehen.

Die rote Armee war dahinter gekommen und hatte jeden, den sie mit einem Judenstern antrafen, sofort an die Wand gestellt.

Rosenthal geriet in eine russische Patrouille, die ihn gleich erschießen wollte in der Annahme, er sei ein SS-Soldat.

In Todesangst schrie er immer nur: Aber ich bin Jude.

Da trat ein russischer Kommissar herbei, der sagte: „Wenn Du wirklich Jude bist, dann kannst Du mir auch das jüdische Glaubensbekenntnis auf Hebräisch aufsagen.

Zitternd begann Rosenthal zu beten: `schema jisrael adonai elohenu adonai echad´.

„Höre Israel, Gott ist der einzige, darum sollst Du den Herrn deinen Gott lieben mit ganzen Herzen, und den Nächsten sollst Du lieben wie dich selbst.“

Darauf sagte der Kommissar: „Du kannst gehen, Du bist Jude. Ich selbst bin es nämlich auch.“

So hat das Glaubensbekenntnis ein Leben gerettet.

 

Im heutigen Evangelium zitiert der Jude Jesus dieses auch sein jüdische Bekenntnis und er nennt sie die kostbarsten Worte, die es überhaupt gibt.

Das dreifache Liebesgebot:

Die Liebe zu Gott,

die Liebe zum Nächsten und

die Liebe zu Dir selbst.

 

Die dritte Weise der Liebe unterschlagen wir oft – weil wir uns schämen – weil wir uns kennen??

Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – wie dich selbst!!!

Die Nächstenliebe setzt unbedingt die Selbstliebe voraus.

Aber was ist das: Selbstliebe? Egoismus, ein In-Sich- Selbst-Verdrehtsein? Seine Mängel verdrängen und vergessen?

Das ist aus dem Mund Jesu sicher so nicht gemeint!

 

Was mit Selbstliebe in der Bibel gemeint ist, können vom heutigen Weltmissionssonntag, z.B. auch von Afrika, lernen.

„Wenn ich an euren Gottesdiensten teilnehme, dann beginne ich mich selbst zu lieben.“

So sagte einmal ein Besucher aus Europa einer Katechistin in einem Dorf in Ghana.

 

Die Gottesdienste dauern dort oft drei Stunden, 4 Stunden, manchmal 7 Stunden.

Und es wird dir nicht langweilig. Gottesdienste, in denen die Seele sich loslassen kann, wo die Sorgen des Alltags abfließen in die unendliche Weite Gottes hinein, in denen die Menschen ihre Nöte, Probleme und Leiden hinausbeten, hinaussingen, hinausschreien und hinaustanzen in diesen Gott hinein, die bringen mir inneren Seelenfrieden.

Und da kommt es auf eine Stunde mehr oder weniger nicht an, wenn ich merke: Ich kann bei Gott ausruhen. Denn das ist Selbstliebe, innerlich zur Ruhe, zu sich selbst zu kommen, zufrieden sein mit seinem eigenen Leben.

 

Offensichtlich hat dieser europäische Besucher das so in Afrika erlebt:

„Wenn ich bei euch und bei euren Gottesdiensten bin, dann beginne ich mich selbst zu lieben.“

Das Dreifach-Gebot der Bibel baut aufeinander auf: Voraussetzung für die Nächstenliebe und die Selbstliebe ist die Gottesliebe, von der gesagt wird, dass sie aus ganzen Herzen geschehen muss.

Das Herz ist die Mitte, der Kern, das Innerste unserer Person.

Wenn wir da Gott Einlass gewähren, dann haben wir eine Quelle, aus der wir schöpfen können, die uns JA sagen lässt zu uns selbst, auch zu unseren Macken und Schwächen und die letztlich dazu führt, dass wir uns selbst mögen.

Und nur, wer sich selbst leiden kann, der kann auch andere lieben.

 

Liebe Schwestern und Brüder, ein innerlich ausgeglichenes Leben, ist unerreichbar, wenn man zu Gott nicht die Beziehung hält, sagen alle christlichen Mystiker.

 

Plötzlich waren sie durch Gott verbunden, der deutsche Jude Hans Rosenthal und der russische Kommissar.

Jeden Morgen nach dem Aufstehen und jeden Abend vor dem Schlafengehen beten gläubige Juden das `shema jisrael adonai…´.

Sie klinken sich damit in Gott ein wie ein Bergsteiger in sein Sicherungsseil, wie ein Kind in die Arme der Eltern.

 

Ich denke, auch unsere Gottesdienste wären rappel voll, wenn Menschen mit uns diese Erfahrung machten: „Mein Leben ist in Gott gesichert.“

Oder wenn Gäste zu uns hier in der Sürenheide sagen „Wenn ich bei euch und in euren Gottesdiensten bin, dann beginne ich mich selbst zu lieben.“ Und darum kann ich dann auch andere lieben.

 

Amen.

 

 

 

 

„Höre Israel, Gott ist der einzige, darum sollst Du den Herrn deinen Gott lieben mit ganzen Herzen, und den Nächsten sollst Du lieben wie dich selbst.“

`schema jisrael adonai elohenu adonai echad´.

Christkönig 2014

Christkönigssonntag – 2014

Woran erkennt man einen praktizierenden Christen?

Liebe Schwestern und Brüder hier in Verl,

wenn man den unterschiedlichsten Veröffentlichungen von Kirche Glauben schenken möchte, dann ist diese Frage ganz einfach zu beantworten: Unter praktizierenden Christen versteht man nämlich allgemein die, die am Sonntag zum Gottesdienst gehen. Und sie sind ja hier, dann ist ja alles gut!

Und aus katholischer Sicht ist das ja auch recht einleuchtend, denn wer am Sonntag zur Kirche kommt, der erfüllt schließlich seine Pflicht. Nicht umsonst spricht man bei uns ja von einer Sonntagspflicht – Gottesdienstbesuch als die Erfüllung unserer Pflicht gegenüber Gott.

Nur, wenn dem so ist, wenn das doch unsere Pflicht ist, dann frage ich mich, warum genau dieser Punkt im Gleichnis aus dem heutigen Evangelium nicht einmal auftaucht!

Alles wird den Menschen in dieser Gerichtsszene vorgerechnet: die Kranken, die Alten, die Obdachlosen… Steht irgendwo: „Ich hab‘ Euch zur Kirche gerufen und Ihr seid nicht gekommen“? Gottesdienst wird mit keinem Wort erwähnt.

Das was für uns immer im Mittelpunkt steht, wenn wir an Religion und Kirche denken – in Jesu Gleichnis kommt es gar nicht vor. Das was bei uns meist wie das allerwichtigste erscheint, das scheint bei ihm nicht einmal eine untergeordnete Rolle zu spielen. Sollten wir uns da etwa tatsächlich so getäuscht haben?

Ja, ich denke, wir haben uns getäuscht! In einem Punkt haben wir uns sogar gewaltig getäuscht. Als wir anfingen aus dem Gottesdienst eine Pflicht zu machen, als Gottesdienst eine Pflichtübung wurde, da begannen wir uns ganz gewaltig zu täuschen.

Gottesdienst ist schließlich nicht zuerst unser Dienst an Gott. Sicher, Gott führt uns zusammen zur Feier der Eucharistie, aber doch nicht etwa, weil wir ihm da dienen sollen, weil er den Gottesdienst etwa notwendig hätte oder irgendetwas von uns brauchen würde.

Bilden wir uns denn wirklich ein, dass wir Gott etwas geben könnten, etwas, was er selbst nicht schon lange hat? Das was wir im Gottesdienst tun, das ist allerhöchstens danken. Dienen, dienen tut dort Gott! Gottesdienst, das ist zuallererst Gottes Dienst an uns!

Gott schenkt uns schließlich die Sakramente, er schenkt uns die Feier unseres Lebens, damit wir leichter leben können, damit wir uns seiner Nähe versichern können, damit wir Punkte haben, an denen wir seine Gegenwart erleben, spüren und sinnenhaft erfahren können. Das ist sein Dienst an uns: eine Hilfe zum Leben, Feiern, die uns gut tun sollen.

Und wir haben daraus eine Pflicht gemacht! – Kann man Gott gründlicher missverstehen? 

Das was wir normalerweise als Gottesdienst bezeichnen, und womit wir dann meinen Gott zu dienen – in Wirklichkeit tun wir das zuallererst einmal für uns! Denn wenn wir es tun, dann sollen wir damit beschenkt werden, wir sollen zur Ruhe kommen, neue Orientierung und Hilfe für unser Leben finden. Dieser Gottesdienst ist zuallererst für uns selber da.

Der Dienst an Gott, unser Dienst diesem Gott gegenüber, der muss anders aussehen. Und wie, das sagt uns in aller Deutlichkeit das heutige Evangelium. Jesus macht uns dort unmissverständlich klar: Wirklicher Gottesdienst – das ist Menschendienst.

 

Den Kranken zu dienen, den Alten, den Einsamen, den Hungernden den körperlich oder seelisch leidenden, den Asylbewerbern, den Fremden ………… Den Menschen zu dienen, das ist wirklich Gottesdienst, das heißt Gott zu dienen. Denn was wir einem seiner geringsten Brüder und Schwestern getan haben, das haben wir wirklich ihm getan. Und daran werden wir letztlich gemessen.

Wer den Nächsten aus dem Blick verliert, der kann zur Kirche gehen sooft er will – in den Augen Jesu hat der am Ende lediglich etwas für sich selbst getan. 

Wer das nicht will, wem dieser Gott wichtig ist, und wer diesem Gott wirklich dienen will, der kommt um Jesu Wort nicht herum. Denn Jesus macht uns letztgültig deutlich, was ich tun muss, wenn ich Gott dienen will, was es wirklich heißt, unserem Gott zu dienen.

Wer Jesus ernst nimmt, der weiß, dass Gottesdienst nicht zuerst in der Kirche stattfindet. Denn dem anderen zu dienen, seine Not zu lindern, das ist für Jesus der eigentliche, der wahre Gottesdienst.

Amen.

Advent (nicht gehalten)

Predigtidee Advent – noch nicht gehalten

Es ist schon so etwas wie ein Zauberwort geworden mit dem man scheinbar alle Probleme lösen kann: Delegieren muss man können. Ohne zu delegieren, ohne die Arbeit zu verteilen, geht heute fast nichts mehr.

Und auf den ersten Blick schaut es auch im heutigen Evangelium so aus, als würde Jesus von nichts anderem sprechen.

Liebe Schwestern und Brüder,

Jesus ist es doch, der den Türhüter ins Spiel bringt. Sie erinnern sich: „Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.“

Was ist das anderes, als Verteilung von Aufgaben?

Da wird einer ausgewählt, der eine bestimmte Aufgabe übernimmt. Wir haben jetzt einen Türhüter, der eben an der Türe wacht und der uns weckt, wenn es soweit ist, der dafür sorgt, dass keiner den entscheidenden Augenblick verschläft und niemand von etwas überrascht werden kann.

Wenn ein Türhüter da ist, dann können alle im Haus ganz beruhigt schlafen.

 

Wenn das keine geniale Verteilung von Aufgaben ist! So muss man den Text doch wohl verstehen können.

Also müssen wir uns jetzt – was unser Christsein angeht – nur umschauen, wer diese Aufgabe übernehmen kann und dann können wir uns alle guten Gewissens einfach zur Ruhe legen. Toll!

Wir brauchen nur einen Türhüter, der auf alles aufpasst und dann haben wir das mit der Wachsamkeit schon geregelt.

Und eigentlich brauchen wir da auch gar nicht lange zu suchen.

Wenn wir in die Geschichte – nicht nur unserer Gemeinden – hineinschauen, dann werden wir den Türhüter ganz schnell und ganz unschwer entdecken können.

Die Aufgabe des Türhüters – ist ganz einfach an den Pastor delegiert worden- manches hat er sich sicher auch selbst an Land gezogen.

„Unser Pastor macht das schon.“

 

Der erinnert daran, dass man wieder mal in die Kirche gehen sollte, der ermahnt wieder einmal, dass man nicht allzu arg über die Stränge schlagen darf, der schaut einen streng an, wenn man schon lange nicht mehr beim Beichten war, und ist auch so etwas, wie das personifizierte schlechte Gewissen.

Der wird schon rechtzeitig Alarm schlagen, wenn wir den rechten Zeitpunkt zu verschlafen drohen. Für was haben wir ihn denn?

Man kann sich ja nicht um alles kümmern, manches muss man ganz einfach delegieren, und sei es an einen entsprechenden Türhüter. Schließlich hat es Jesus ja genauso gesagt: „dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.“

Auch auf die Gefahr hin, den ein oder anderen zu enttäuschen – auch auf die Gefahr hin liebgewordene und über lange Jahrzehnte hinweg gepflegte Vorstellungen als falsch zu erkennen: Man kann das heutige Evangelium nur auf diese Weise interpretieren, wenn man es nicht zu Ende liest.

 

Denn am Ende stolpert man unweigerlich über die Stelle, in der Jesus diese falsche Interpretation selbst korrigiert. Er selbst sagt nämlich ausdrücklich, dass man sein Bild so nicht verstehen darf.

Sie haben den Schlusssatz noch im Ohr? „Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!“

Allen sagt er es, jedem einzelnen, nicht nur einigen ausgewählten Türhütern!

Jeder hat wachsam zu sein. Jeder ist der Türhüter seines eigenen Lebens.

Von wegen, unser Pastor macht das schon! Es gibt Dinge, die kann ich eben nicht delegieren. Und mein Christsein gehört dazu!

Ich kann vielleicht noch darum bitten, dass andere für mich beten, aber ich kann nicht andere bitten, Gott „für mich“ zu lieben.

Ich kann andere nicht beauftragen an meiner Stelle Gutes zu tun, nur um dann selbst nichts tun zu müssen.

Und ich kann andere erst recht nicht damit betrauen an meiner Stelle andere Menschen zu lieben.

 

Es gibt Dinge, die kann ich eben nicht delegieren. Menschlichkeit und Glaube gehören dazu.

Christsein ist eben nicht delegierbar.

Ich kann diese Aufgabe auf niemanden abwälzen. Man kann nicht einmal die Verantwortung auf andere schieben.

Viele haben das schon begriffen. Die aktiven Kinder, Männer und Frauen in den Kolpingfamilien.

Die Mitarbeiter in den christlichen Gruppen und Gemeinschaften.

Die Feuerwehrleute, die ihr Leben riskieren um Andere zu retten.

Der Nachbar der hellhörig ist für die Not des Anderen.

Und es gibt noch viele Beispiele!

 

„Was ich aber sage, das sage ich allen.“ sagt Christus ganz ausdrücklich. Darum lasst uns bedenken, wo es uns fehlt an Hilfsbereitschaft an tätiger Nächstenliebe, an Engagement für das Gemeinwohl.

 

Seid wachsam, denn Christsein kann man nicht delegieren.

Hier ist jeder sein eigener Türhüter.

Jeder ist der Türhüter seines eigenen Herzens und Gewissens.

Amen.

1. Advent 2014 -Warnweste-

PREDIGT 2014 1.Advent

Ist doch mal was Neues – mit Warnweste auf der Kanzel!

An was denken sie, wenn sie so eine orange Warnweste sehen?

Vielleicht an: Vorsicht, aufpassen, Achtung, …!

Vor allem im Straßenverkehr begegnet uns oft dieses Orange. Im Dunkeln viel zu selten. Immer dann, wenn diese Farbe aufleuchtet heißt das für uns, dass Gefahr droht und wir besonders aufpassen müssen.

Es kann sein, dass Autofahrer auf Fußgänger achten müssen, oder dass ein Schwertransport unseren Weg kreuzt.

Die Farbe Orange zeigt uns auch an, wohin unser Vordermann fahren will – nach rechts oder links und wir können uns darauf einstellen.

Wenn ein Auto mit Warnblinker am Straßenrand steht, dann bedeutet das, dass jemand eine Panne hat oder ein Unfall passiert ist und unsere Hilfe gebraucht wird.

Menschen, die solch eine Warnweste tragen, wollen auf sich aufmerksam machen. Sie wollen damit sagen: Achtung, ich bin auch noch da, bitte fahr langsam und vorsichtig, damit uns nichts passiert.

Die Weste mit diesem grellen Orange will also

  1. Aufmerksamkeit wecken
  2. warnen
  3. auf Gefahren hinweisen
  4. zur Vorsicht mahnen!

    Aufmerksamkeit wecken, warnen, auf Gefahren hinweisen, zur Vorsicht mahnen, genau das will auch der Evangelist Markus. Im heutigen Evangelium will er auf das Kommen des Menschensohnes, also auf Jesus Christus aufmerksam machen.

    Jesus mahnt uns deswegen zur, Wachsamkeit. Er sagt: „Seit wachsam! Kehrt um, Paßt auf“ Wenn Jesus uns zur Wachsamkeit mahnt, dann drängen sich mir folgende Fragen auf:

  5. Ja, habe ich denn bis jetzt gepennt?
  6. Ja, bin ich denn bis jetzt falsch gelaufen?
  7. Habe ich in meinen Leben einen falschen Weg eingeschlagen?
  8. Habe ich den entscheidenden Moment verschlafen?
  9. Lebe ich mein Leben nicht richtig?

    Ich denke diese Fragen dürfen und sollen uns in der Adventszeit schon beschäftigen.

    Denn in der Nacht zum 24. auf den 25. Dezember feiern wir nicht irgendetwas, sondern die Menschwerdung Gottes.

    Gott wird in Jesus einer von uns.

    Er wird Mensch. Johannes beschreibt dieses wunderbare Ereignis mit dem Kommen des Himmelreiches.

    Jesus Christus verbindet Himmel und Erde, durch ihn dürfen wir schon ein kleines bisschen Himmel auf Erden erleben.

    Damit wir eben erkennen, dass auch wir schon den Himmel auf Erden haben, müssen wir unsere Sinne schärfen.

    Gerade der Advent bietet uns die Zeit und die Möglichkeit über uns und unser Leben nachzudenken.

    Wenn wir erkennen, dass etwas nicht richtig läuft, wenn wir auf Fehler und Schwächen stoßen, dann ist es gut zu wissen, dass es nie zu spät ist für einen Neuanfang.

    Der Advent schenkt uns jetzt die Gelegenheit umzukehren, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Wir sollen unser Herz aufmachen, sensibel sein, spüren wo wir gebraucht und gefragt sind. Es ist wichtig, die Warnhinweise, die wir hören und sehen zu beachten und sie ernst zu nehmen.

    Der Advent will genau so wie diese Weste mit dem grellen Orange Aufmerksamkeit wecken – wir sollen aufmerksam den Alltag leben:

    Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um?

    Nehme ich mir Zeit für sie?

    Nehme ich meine Mitmenschen überhaupt wahr?

    Der Advent will also genau so wie diese Weste mit dem grellen Orange warnen – warnen vor den Tücken des Alltags: Einkaufstress, Hektik, Geschenke besorgen, Plätzchen backen, von einer Weihnachtsfeier zur anderen hetzen, usw.

    Der Advent will genau so wie diese Weste mit dem grellen Orange auf Gefahren hinweisen – die Gefahr, dass wir ganz vergessen, worum es an Weihnachten eigentlich geht, nämlich um die Menschwerdung Gottes und das ist das eigentliche Weihnachtsgeschenk.

    Der Advent will genau so wie diese Weste mit dem grellen Orange zur Vorsicht mahnen – pass auf dich auf, dein Leben ist wertvoller als du denkst. Es gibt Menschen, denen du sehr wichtig bist, die dich so lieben, wie du bist.

    Auch dieses Orange mahnt uns – nämlich zu unserem Christsein.

    Wir sind alle aufgerufen unser Christsein nicht nur am Sonntag zwischen Halbzehn und Halbelf zu leben, sondern immer und überall – in der Familie, in der Schule, in der Arbeit, in der Nachbarschaft, bei den Kameraden, überall dort wo wir Menschen begegnen.

    Wir sind aufgerufen vor Unmenschlichkeit zu warnen.

    Wir müssen vorsichtig und hellhörig werden, wenn Geld, Macht und Profit wichtiger werden als das menschliche Leben.

    Wir sollen auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen und müssen auf die Gefahren der Gleichgültigkeit hinweisen.

    Aber dieses Orange der Warnweste will nicht nur warnen.

    Orange ist auch die Farbe der Lebensfreude.

    Wir Christen haben allen Grund zu Freude.

    Warum?

    Ganz einfach: Gott zeigt uns in Jesus Christus, wie sehr er uns Menschen liebt, wie wichtig wir ihm sind.

    Gott will uns helfen, unser Leben sinnvoll zu gestalten und Gott schenkt uns Leben, Leben das über den Tod hinausgeht.

    Unser Leben ist oft reicher als wir meinen.

    Es sind nicht die großen und teuren Dinge, die unser Leben wertvoll machen, es sind die kleinen und unscheinbaren Dinge: ein Lächeln, ein unerwarteter Besuch, helfende Hände, Zeit, die mir jemand schenkt, Freundschaft und Liebe.

    Diese Weste mit dem grellen Orange will uns auf diese kleinen Dinge aufmerksam machen, damit wir zum Weihnachtsfest wieder mehr Lebensfreude ausstrahlen.

    Darum lasst uns leben: Miteinander und Füreinander – Alle!

    Amen


2. Advent Mk1,1-8 -Schuld-

PREDIGT 2. Adventssonntag – (Mk 1,1-8)

Liebe Schwestern und Brüder,

das muss ein ganz schön verdorbenes Volk gewesen sein, die Einwohner von Jerusalem damals. Die müssen es not-wendig gehabt haben!

Man muss sich das nur einmal vorstellen: Da kommt ein einziger Mann und predigt ihnen etwas vor von Schuld und Bekehrung, und plötzlich rennt alles los, um sich im Jordan taufen zu lassen, plötzlich strömt alles und bekennt seine Schuld!

Die müssen einiges auf dem Kerbholz gehabt haben, wenn die Menschen so in Scharen zur Bußtaufe kamen. Ein verdorbenes Volk muss das gewesen sein!

Das wäre heute mit Sicherheit anders.

Nehmen Sie nur mal an, der Johannes würde heute predigen. Und jetzt nicht etwa am Jordan, nein, sagen wir ganz einfach drüben am Ölbach oder an der Dalke.

Ich denke, wir könnten die Leute, die rüber gingen, um sich taufen zu lassen, ich denke, wir könnten sie an einer Hand abzählen!

 

Johannes hätte heute – und da bin ich mir sicher – er hätte heute kaum den gleichen Erfolg wie damals.

Denn allem Anschein nach haben die Menschen heute so etwas nicht mehr nötig. Scheinbar hat sich das Problem mit der Schuld längst erledigt.

Wenn Sie sich heute durchfragen – und da ist es egal, ob sie jetzt junge oder ältere Menschen nehmen – wenn Sie heute irgendjemanden fragen: Haben Sie denn noch so etwas wie persönliche Schuld?

Ich nehme an, das Ergebnis wird recht einheitlich ausfallen.

Wer von uns hat denn heute noch Schuld?

Wer wäre denn ein schlechter Mensch?

Ich denke, Sie kennen das: Ich habe keinen umgebracht, und irgendwo eingebrochen bin ich auch nicht! Ich wüsste gar nicht, was ich an Schuld haben soll!

Wenn man Umfragen trauen darf, dann hat sich das Problem mit der Schuld anscheinend längst erledigt. An den Jordan zu ziehen und dort seine Sünden zu bekennen, scheinbar hat das von uns heute niemand mehr nötig.

 

Scheinbar haben wir das nicht mehr nötig! Denn wenn ich genauer hinschaue: zumindest bei mir stelle ich da anderes fest.

Wenn ich mich ehrlich frage: Wie sieht es denn tatsächlich bei mir aus?

Wie bin ich denn, zum Beispiel dem anderen gegenüber? Auch meiner Frau, auch meinen Kindern, meinen Schwiegerkindern gegenüber!

Gehe ich denn wirklich auf sie zu, oder warte ich nicht viel zu oft, dass sie auf mich zukommen?

Wie viel Zeit schenke ich dem anderen wirklich?

Wie vielen begegne ich ablehnend, misstrauisch, kühl und berechnend?

Wie viele habe ich – ohne es vielleicht zu wissen – mit meinem großen Mund oder mit meinem Tun verletzt?

Wie viele Menschen gibt es, denen ich eher nicht verzeihe, wie viele, gegen die ich Vorurteile habe?

Wie oft habe ich über andere geredet, was bei anderen schief gelaufen ist weitergetratscht?

Und bin ich überhaupt dankbar dafür, dass ich hier bin und leben darf, bei all meinen Krankheiten, die ich schon hatte?

Wann habe ich Gott zum letzten Mal „Danke“ dafür gesagt, dass ich Kinder habe, dass sie leben, dass sie gesund sind?

Wie oft bin ich nur zu ihm gekommen, wenn ich etwas von ihm wollte?

Oder überhaupt erst an dann ihn gedacht?

Wie viele Stunden habe ich ihn gar vergessen?

 

 

 

Nein, nicht dass Sie jetzt meinen: ich möchte hier jemandem etwas vorhalten.

Ich frage mich nur selber! Und das tue ich oft.

Und ich stelle fest: je länger ich mich frage, desto länger wird die Liste, die ich am Ölbach aufsagen könnte!

Und vielleicht fragen Sie sich auch wieder einmal.

Wenn Sie überhaupt dafür Zeit haben, dann fragen Sie sich ruhig auch wieder einmal.

Das heißt: Nein, warten Sie nicht erst bis Sie Zeit haben.

Nehmen Sie sich die Zeit! Am besten heute!

Sie tun es für sich. Es wird ihnen gut tun.

 

Wie viele psychosoziale Beratungsstellen müssen denn noch gegründet werden?

Wie viele Nächte wollen Sie noch schlaflos da liegen?

Wie viele psychische Krankheiten müssen noch entstehen, bis wir endlich begreifen, dass man Schuld nicht vergraben kann?

Wieviel Tränen müssen noch fließen, bis wir endlich einsehen, dass man sie unter keinen Umständen dadurch los wird, dass man Schuld einfach nicht wahrhaben will?

Das teuerste Essen das es gibt ist, wenn man Schuld dauerhaft in sich rein frißt!

 

Das Volk von Jerusalem hat es noch gewusst.

Ein kluges Volk!

Es ist an den Jordan gezogen.

Und diese Menschen sind dazu gestanden, dass sie Schuld auf sich geladen haben.

Sie haben sie nicht verdrängt!

Nein, sie haben sie bekannt.

Denn sie wussten: so, nur so konnten sie Vergebung finden.

Kluges Volk von Jerusalem…