PREDIGT
Fest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus 25. Dezember 2014
St. Judas Thaddäus Verl – Sürenheide
„Und jetzt noch eine ganz schwierige Frage“, sagte der Lehrer in der Schule, „Was meint Ihr: Gott ist doch im Himmel, aber gleichzeitig soll er doch auch hier mitten unter uns sein. Wie kann man sich das denn wohl vorstellen?“
Nach einiger Zeit meldete sich die kleine Tochter des Arztes und erklärte ganz selbstsicher: „Das ist doch ganz einfach!
Seine Wohnung hat der liebe Gott im Himmel, aber seine Praxis, die hat er hier auf der Erde.“
Liebe Schwestern und Brüder,
schöner kann man es eigentlich gar nicht sagen; Hunderte von Theologen hätte das nicht anschaulicher ausdrücken können.
Mit zwei Sätzen hat dieses Kind das ganze Geheimnis der Weihnacht umschrieben. „Das ist doch ganz einfach! Seine Wohnung hat der liebe Gott im Himmel, aber seine Praxis, die hat er hier auf der Erde.“
Gott hat eine Praxis eingerichtet. So wie ein Arzt, genauso hat er ein Sprechzimmer, einen Behandlungsraum.
Und Weihnachten macht uns ganz deutlich, wo wir diesen Raum, diese Praxis, finden können! Denn dadurch, dass er selbst Mensch geworden ist, dadurch dass er unter uns gewohnt hat, dadurch hat Gott uns endgültig deutlich gemacht, wo er zu finden, wo er am Werk ist.
Seine Praxis hat er auf der Erde.
Hier, bei uns wirkt Gott, hier dürfen wir seine Behandlung, sein Handeln spüren.
Unser Gott ist kein ferner Gott, kein Machthaber, der weit über den Wolken thront, geschützt von Bodyguards.
Unser Gott ist ein naher, ein menschenfreundlicher Gott. So menschenfreundlich, dass er sogar selbst Mensch wird.
Und deshalb: Schauen Sie doch nicht ständig nach oben, der Herr ist hier bei uns!
Hier, auch neben ihnen.
Seine Praxis hat er auf der Erde – hier!
Unter uns Menschen ist er am Werk, hier arbeitet er.
Augen auf!
Wir müssen es nur sehen!
Und das kann man! Täglich – und überall.
Auch wenn viele sagen: Gott sei tot, er sei nirgendwo mehr zu entdecken.
Auch wenn noch so viele deshalb ihr Heil irgendwo anders suchen in reiner Wissenschaftsgläubigkeit auf der einen oder einem ganz neuen Aberglauben auf der anderen Seite, auch wenn viele Menschen sich von Gott abwenden, weil sie meinen, bei all den Gräueltaten, die uns tagtäglich auf der Welt begegnen, bei all dem Hass, all dem Unfriede, all den Katastrophen und Unglücksfällen, bei all dem, da könne man doch nicht mehr an einen guten Gott glauben.
Auch wenn immer mehr Menschen anfangen nur noch die Steine im Leben zu sehen, sie übersehen die Blumen am Weg, wunderschöne Blumen!
Gottes Wirken unter uns Menschen kann man entdecken, man muss sich nur den Blick dafür, den Blick für die Wunder dieser Erde wach halten.
Betrachten Sie nur das Werden eines Kindes, oder schauen Sie darauf, wie es heranwächst.
Gehen sie mal in den Kindergarten. Das ist keine andauernde Folge von Zellteilungen, das ist Leben, lebendiges Leben!
Betrachten Sie doch mal Ihr Leben, all die Dinge, die manchmal ganz eigenartigerweise zusammentreffen, so dass Sie bei so vielen brenzligen Situationen etwa gerade noch einmal davongekommen sind, obwohl logischerweise doch alles dagegen sprach.
Schauen Sie Zeiten an, in denen Sie glücklich waren, oder vielleicht es sogar noch sind, und fragen Sie sich, wie viele Kleinigkeiten da zusammenkommen mussten, für die Sie absolut nichts können, die Sie überhaupt nicht in der Hand gehabt haben.
Das ist mehr, viel mehr, als man mit Zufällen erklären kann.
Gott wirkt in unserem Leben, jeden Tag, jede Stunde.
Sicher, manchmal spüren auch wir es kaum, manchmal knüppelt auch uns der Alltag so stark, dass wir schon fast daran zweifeln.
Das bleibt nicht aus.
Wenn Ihnen einer vormachen wollte, dass der Himmel voller Geigen hängt, oder dass es keine Steine auf dem Weg gäbe, dann wäre das ein Lump und ein Betrüger.
Jeder Lebensweg kennt Täler und führt bisweilen auch durch ganz, ganz, ganz tiefe und oft dunkle Schluchten.
Das Kind in der Krippe, das am Kreuz hingerichtet wurde, hat das nie verheimlicht – ganz im Gegenteil!
Aber es hat uns davon berichtet, dass dieser Gott uns genau dann am nächsten ist. Dann nämlich, wenn wir glauben ihn gar nicht mehr zu spüren, dann, wenn wir nur noch die Steine sehen.
Wenn um uns alles düster ist.
Manchmal braucht es ein paar Tage, und manchmal sind es lange Tage, bis man die Blumen dann wieder wahrnehmen kann.
Und manchmal schafft man es alleine nicht, sie wieder zu sehen.
Liebe Freunde, ich wünsche Ihnen und ich wünsche mir alle Hilfe, die wir dann brauchen; denn die Blumen sind da, manchmal muss uns nur jemand, die Augen wieder dafür öffnen; denn diese Blumen blühen, sie blühen an jedem Weg, denn Gott geht jeden Weg mit.
Und die Augen öffnet er uns durch Engel.
Und die haben verschiedene Gesichter, wie die Ehefrau, wie das Enkelkind, wie der Nachbar oder der Freund.
Gottes Wohnung, die ist im Himmel, aber seine Praxis, die hat er auf der Erde, hier unter uns Menschen, hier ist er am Werk!
Sie können ihn finden.
Sie können ihn auch in Ihrem Leben entdecken an so vielen Stellen.
Augen auf – Herz auf!
Suchen Sie ihn, heute und morgen, und sie finden das Kind in der Krippe, so finden Sie Gott in Ihrem Leben am Werk.
Er wohnt im Himmel, aber seine Praxis, die hat er da – in Ihrem Leben.
Amen.