Wort zum Sonntag 9.08.2014 „Habt keine Angst!“
Haben Sie manchmal auch Angst? Jesus schickte damals seine Jünger in die Nacht. Mit dem Boot sollen sie hinüberfahren über den See Genezareth. Und als sie weit draußen auf dem See sind, kommt ein Sturm auf und sie geraten in Seenot. Und – man kann es sich vorstellen – sie bekommen Angst. Warum ist Jesus jetzt nicht da? Wo ist er? Wo ist Gott? Es sind doch die gleichen Fragen, die Menschen auch heute bedrängen, wenn sie sich an Leib und Seele bedroht erfahren. Wenn einem die Diagnose des Arztes keinen Ausweg mehr lässt. Wenn ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Wenn eine Auseinandersetzung zu einem bösartigen Streit geworden ist.
Als die Angst am größten ist, da sehen die Jünger auf einmal, dass ihnen jemand entgegenkommt. Schemenhaft zunächst, sehen sie immer deutlicher eine Gestalt auf sich zukommen. Die geht übers Wasser. Das Wasser scheint sie zu tragen. Kein Wunder, dass die Jünger zutiefst erschrecken. Das muss ein Gespenst sein. Und mitten in ihrer Angst hören die Jünger die Stimme Jesu: „Habt keine Angst, fürchtet euch nicht.“.
Jesus!? Warum kommt er erst jetzt? Warum lässt er uns so lange warten in unserer Angst? Die Geschichte sagt nur, dass er kommt. Und er gibt sich zu erkennen. Und vielleicht ist das das entscheidende Wunder: dass ICH spüre, dass ER mich nicht allein lässt in meiner Angst und Not. Dass er kommt in meine Dunkelheit.
Doch mindestens einer von den Jüngern kann das nicht glauben, dass Jesus zu ihnen über das Wasser kommt. Darum sagt Petrus: „Wenn Du es tatsächlich bist, dann sag mir, dass ich Dir auf dem Wasser entgegenkommen soll.“ Und Jesus ruft: „Komm her!“ Da wagt Petrus, was doch eigentlich unmöglich ist. Er klettert über den Rand des Bootes so als ob er über alles steigen wollte, was ihm Angst macht. Und versucht einen vorsichtigen Schritt. Und dann noch einen. Und noch einen. Aber dann kommen wieder die Zweifel. Das kann doch gar nicht gehen. Und er sieht auf einmal nicht mehr Jesus, zu dem er gehen will. Er sieht nur noch die Wellen, spürt den Sturm – und sinkt ein. „Hilf mir, Herr“, ruft er noch. Da hat Jesus ihn schon bei der Hand genommen und sagt zu ihm: „Du hast zu wenig Vertrauen, warum hast du gezweifelt?“ Fehlt dem Petrus wirklich das Vertrauen auf Jesus?
Ich glaube, dass das dem Petrus nicht gerecht wird. Weil man übersieht, wie viel Mut und Vertrauen schon zu den ersten drei Schritten gehört. Petrus verlässt sich darauf, dass er nicht untergehen wird. Und er wagt es daraufhin, über Bord zu steigen mitten hinein in Wind und Wellen und Angst und Bedrohung. Dann merkt er, dass er sich selber nicht halten kann und beginnt zu versinken in seiner Angst.
Und Jesus? Jesus wirft ihm nicht vor, er sei ein Versager. Nein, zuallererst reicht er dem zweifelnden Petrus die Hand. Für mich ist das ein wunderbares Bild. Selbst im Zweifel geht Petrus nicht unter – er hält sich nicht aus eigener Kraft, sondern weil er gehalten wird. Solange er auf seine eigene Kraft schaut, verliert er den Boden unter den Füßen. Aber Jesus hält ihn, Gott hält ihn.
Ich glaube: Ich muss nicht in allem und immer selbst die Kraft haben, meine Ängste zu besiegen. Gott hält mich auch mit meinem kleinen Vertrauen, das mir womöglich ausgeht, wenn es darauf ankommt. Das Vertrauen auf Gott ist ein Weg, den ich in meinem Leben gehen kann. Und wenn ich es nicht weiter schaffe, dann kommt er mir entgegen und reicht mir seine Hand.
Darum: Habt keine Angst! Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag und eine gute Woche.
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)