Predigt 2. Sonntag der Osterzeit „Ungläubige Thomas“
Hätte ich nicht gedacht, dass so viele Brüder und Schwestern von Jesus hier zusammen kommen. Und so viele Gäste aus umliegenden Orten, unterschiedlichen Gemeinden.
Ich denke, ich sollte mich noch mal vorstellen, denn manche haben von mir gehört, kennen mich aber sicher nicht.
Mein Name ist Thomas, ich bin einer der 12 Apostel des Jesus von Nazareth…
Dass ich vor meiner Begegnung mit Jesus Fischer war, wisst Ihr vermutlich auch nicht, aber Ihr kennt wahrscheinlich meinen Spitznamen: Didymos.
Dabei ist das gar kein Spitzname, sondern nur die griechische Übersetzung meines aramäischen Vornamens. „Thomas“ bedeutet nämlich „Zwilling“.
Eine Eigenschaft von mir kennen aber fast alle Menschen: Dass ich der bin, der nicht so schnell glaubt, dass ich der Zweifler bin.
Ich kann es Euch ansehen: jetzt glaubt Ihr mich zu kennen, nicht wahr? – Thomas, der Zweifler.
Der Apostel, der nicht glauben wollte, was er nicht sah.
Pech gehabt, Ihr liegt daneben, Ihr irrt Euch.
Ihr habt nicht verstanden, was da in der Schrift steht! Gezweifelt haben nämlich die anderen.
Ich war verzweifelt.
Und darum war ich auch nicht dabei, als ER – Ihr wisst, wen ich meine – den anderen Aposteln erschienen ist. Ich hätte das mit denen nicht ausgehalten. Die verschanzten sich nämlich, sperrten sich ein und spielten „geschlossene Gesellschaft“.
Ich musste weg an die frische Luft und ging lieber hinaus, vor die Stadt.
Ich wollte allein sein.
Aber auch wenn ich nicht wie die Freunde hinter verschlossenen Türen in Todesstarre verfiel, so – ich muss es gestehen – igelte ich mich dennoch ein – in Verschlossenheit.
Ich wollte nichts mehr hören und sehen – ich war einfach fertig.
Als ich sie dann wieder traf, erzählten sie mir von einem Treffen, einer Begegnung mit IHM – ich trau mich gar nicht den Namen auszusprechen. Das war kaum vorstellbar. Ich konnte es überhaupt nicht glauben.
Und ich hatte den Eindruck, sie wussten auch nicht, was sie mir da erzählten.
Und so sprach ich eigentlich nur das aus, was alle dachten.
Keiner – Niemand – von uns hatte kapiert, was hier eigentlich vorgefallen war.
Und unsere Türen waren wieder zugefallen und das so richtig.
Ich bin mir sicher, ER – ihr wisst wen ich meine – kam nicht wegen mir noch einmal.
ER kam noch einmal, weil die Türen immer noch verschlossen waren – einfach zu.
Und ER wusste, wie immer, wie es um uns stand. ER wusste, dass es uns richtig dreckig ging.
Und jetzt passt gut auf, jetzt dürft Ihr staunen,
– so wie der Stein auf seinem Grab für ihn null Hindernis war, so öffnete er die Türen vor unseren verschlossenen Seelen.
„Friede sei mit euch“, hörten wir von IHM. Einfach nur: „Friede sei mit Euch!“
Warum wissen wir nicht, aber auf einmal haben wir es begriffen: Sein Friede, nämlich Jesu Friede – ist der Dietrich, der Universalschlüssel, der Türen öffnet!
Und Jesus meinte keinen politischen Frieden, so wie wir ihn in Syrien oder Afghanistan oder Mali, oder Nordkorea wünschen.
Sein Friede ist eine vom Geist erfüllte geballte Ladung, aber auch so wie ein gehauchtes Schalom, oder Salam, wie ein Pax tecum das Heilung schenkt, wirklich heil macht.
Der Friede den Jesus schenkt ist wie eine offene Tür zum frohen, glücklichen, dankbaren Leben!
Und so haben wir – seine Freunde – dann innerlich auch seine Auferstehung gespürt, tief in uns, nicht mehr kaputt zu machen.
Wir haben kapiert, ganz tief in uns begriffen, dass Auferstehung nicht erst passiert, nach dem Tod eines Menschen – Auferstehung kann täglich geschehen und das immer wieder.
Auferstehung geschieht immer dann, wenn sich eine neue Tür zum Leben öffnet:
– wenn jemand nach einer schweren Krankheit überraschender Weise gesund wird.
– wenn es mir gelingt, mich nach einem bösen Streit wieder zu vertragen
– wenn um mich in tiefer Trauer alles zusammenbricht und jemand kommt und tröstende Worte spricht.
– wenn in mir alles düster ist und plötzlich ein Licht aufgeht
– wenn mein kleines Enkelkind mich einfach nur anlächelt
– wenn ich spüre, dass jemand mir meine Schuld vergeben hat
Ich Tomas – konnte anfangs nicht glauben, was ich nicht angreifen konnte, was ich nicht be-greifen konnte.
Aber als dann Jesus vor mir stand, begriff ich: Ich muss ihn gar nicht angreifen. Es genügt seine Nähe, seine ganze Liebe zu erfahren ihn einfach nur zu erahnen.
Wichtig ist überhaupt nicht, ihn zu berühren.
Wichtig ist es, die Suche und Sehnsucht wach zu halten und sich berühren zu lassen – hier tief in mir.
Und da bin ich gar nicht näher dran, als Ihr hier. Ich habe nicht wirklich einen Vorteil.
OK ein bisschen, denn ich habe ihn damals tatsächlich gesehen, aber auch Ihr dürft, ihr solltet darauf vertrauen, dass Jesus auch Eure Türen aufmacht. Ihr müsst nur ganz fest darauf vertrauen, dass er auch über jedem von Euch sein heilendes Shalom haucht.
Ihr müsst Euch nur fest darauf ausrichten auf dieses Euer Leben, dass Jesus Euch schenkt, hier und jetzt!
Jesus sagt: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“
Das was für Euch und für mich wirklich wichtig ist, das ist für unsere Augen unsichtbar.
Amen – Genau so ist es!