Wort zum Sonntag 27/28.05.2017 „Wie Achterbahn fahren“
Noch mal muss ich das nicht haben! Es ist wohl schon 25 Jahre her. Ich sitze angeschnallt auf ergonomisch geformten Sitzen. Ich bin nicht allein. Die Menschen schreien wie die Irren, um dann mit tierischem Gekreische vornüber in die Tiefe zu stürzen.
Ich brauchte schon ganz schön Mut um mich in die Schlange der Wartenden einzureihen. Und da sitze ich, wahrscheinlich käsebleich, der Puls auf 150. Warum tue ich mir das an? 70 Meter hochziehen lassen um dann mit 100 Stundenkilometern in die Tiefe zu rasen. Warum?
Kaum ist die Fahrt zu Ende – möchte man sich am liebsten wieder anstellen.
Da kann nur mitreden, wer das schon mal erlebt hat. Wahnsinnsgefühl! Diese Kurven, dieses immer wieder rauf und runter und dann noch der Looping.
Erzählen sie mal jemanden, der noch nie Achterbahn gefahren ist wie toll das ist. Begreift der nie! Erst wenn man selbst gefahren ist, weiß man wie das wirklich ist.
Warum ich Ihnen das erzähle? Weil diese Woche Himmelfahrt war, natürlich. Natürlich geht auch die höchste Achterbahn nicht bis zum Himmel, aber so ganz anders ist Himmelfahrt vielleicht gar nicht. Unsere eigene meine ich jetzt, unsere Himmelfahrt zum Treffen mit Gott. Wir alle, selbst die Kinder, gehen dem jeden Tag einen Schritt näher. Hoffentlich dauert es noch – manche Menschen im Altersheim, oder die schwer krank sind meinen, es würde ewig dauern. Aber, je näher es darauf zugeht, umso komischer wird es einem im Bauch.
Was einen wirklich erwartet, wie es dann sein wird, wenn es so weit ist, wenn es ans Sterben geht, wenn diese Schwelle überschritten wird, das weiß niemand von uns zu sagen. Mag sein, dass ich dann alles möchte, nur nicht zurück. Hier, jetzt, heute, hilft mir das wenig, denn momentan bin ich noch nicht bereit.
Christus kann da noch so begeistert berichten, er kann noch so viele schöne Bilder verwenden, in noch so vielen Gleichnissen ausmalen, wie toll es sein wird: dass wir auf die Fülle des Lebens zugehen, dass es ein Fest sein wird, eine turbulente Feier, wie eine rasante, aufregende, begeisternde Fahrt – am komischen Gefühl in meiner Magengegend ändert das nichts.
Bei einer Achterbahn hilft da nur eines: den Anderen an die Hand nehmen und einfach mitgehen.
Und vielleicht ist das auch das Einzige, was man überhaupt machen kann, was Christus für uns tun kann. Er kann uns die Angst vor dem Sterben kaum nehmen. Er wird es kaum fertig bringen, dass wir mit fliegenden Fahnen und riesiger Begeisterung diesem Tag entgegen eilen.
Aber vielleicht braucht es das auch gar nicht. Bei der Achterbahn hilft es schon, wenn einer neben mir sitzt und mir das Gefühl gibt, nicht allein zu sein. Dann verliert die Fahrt viel von ihrer Bedrohung und schöner ist es dann auch.
Christi Himmelfahrt, das heißt vielleicht nichts anderes, als sich bewusst zu machen, dass Jesus selbst zu uns sagt: Ich bin diesen Weg schon gegangen, ich habe es erlebt, ich weiß, wie es ist. Komm, ich gehe mit dir, ich nehme dich an die Hand, und wir gehen den Weg zusammen.
Das Grummeln im Bauch ist dadurch nicht weg, die Beklemmung wird dadurch nicht kleiner, und die Begeisterung hält sich auch noch in Grenzen.
Mir macht Hoffnung, dass ich einige Menschen kannte, die zwar nie Achterbahn gefahren sind, aber den letzten Weg im Leben mit einem Lächeln gegangen sind, weil sie es gespürt haben. Die Hand, die sie hält und führt und die letzten Meter auch trägt.
Ihnen täglich eine gute Fahrt und einen guten Weg und –Angst muss nicht sein!
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)