PREDIGT 13. Sonntag B – 2018- Talita kum

PREDIGT 13. Sonntag B – 2018- Talita kum

Talita kum – Mädchen steh auf!
Hier in Verl hätte man vielleicht ziemlich platt gesagt: Mach hinne! Oder „Komm in die Pötte!“ oder bei uns in Papenburg „Man tau!“
Aber wozu eigentlich? Was soll passieren? Worum geht’s?
Was will das Evangelium uns eigentlich sagen?
Von einer geheilten Frau?
Einem auferweckten Kind?
Von traurigen Eltern oder schreienden Klagefrauen?

Es wird so viel berichtet in den vier Evangelien, dass wir aufpassen müssen, das Wichtigste nicht aus dem Blick zu verlieren.
Das Wichtigste ist – auch der heutige Text berichtet von davon.
JESUS – ER ist es, der alle Beteiligten dieser Geschichte und im ganzen Evangelium verbindet.

Natürlich macht es Sinn, über dieses Mädchen nachzudenken. Natürlich tut es gut, diese Geschichte auf sich wirken zu lassen. Sie lebt wieder, Freude bei allen!
Aber ich denke, Markus und die anderen Evangelisten, die die Evangelien geschrieben haben, haben sich nicht wirklich für die genauen Umstände oder historische Zusammenhänge interessiert, sie haben geschildert, wie sie Jesus erlebt haben und was ihnen wichtig war.

Natürlich hatten sie noch keine Ahnung, wie die Situationen und die Probleme in der heutigen Zeit sind, schon lange nicht in Rom, nicht in Paderborn und nicht in Verl.

Oder glauben sie, dass bei der Schilderung des Abendmahls, an dem Jesus bestimmt seine Alltagsklamotten anhatte, jemand das römische Messbuch im Blick hatte?

Oder bei der Berufung der Zwölf? Selbst Jesus kannte nicht die Begriffe: Kardinal – Erzbischof – Diakone – Nonnen – Mönche oder Priester? Rabbis gab es damals!
Oder, dass jemand Paragraphen entwickelt, die die vollen Zugangsvoraussetzung zur römisch-katholischen Kirche und dem Empfang der Sakramente regeln?
Im Evangelium geht es um nichts anderes als um Jesus! Und darum heißt das Evangelium auch „Gute Nachricht“ oder auch „Frohe Botschaft“!
ER – Jesus Christus war das Evangelium – was er gesagt, was er getan und vor allem – wie er es getan hat.

Wir halten uns heute in unserer Kirche an so viel überholten Traditionen fest, an so viel historischem Sondermüll, an so viel Volksfrömmigkeit und tagtäglichem Domtrubel, und zwar so, dass ER – JESUS – mit seiner Liebesbotschaft und seiner Liebesanfrage an uns, so manches Mal fast untergeht.

Manchmal glaube ich, wir müssen endlich die Ärmel aufkrempeln und ihn wieder freischaufeln.
Papst Franziskus versucht es auf seine Weise – schauen sie sich mal den Film an über das Leben von Franziskus, läuft nächste Woche noch in Gütersloh im Kino – super Film. Hoffentlich weckt Jesus auch Franziskus noch 3x wieder auf, wenn er gestorben ist.

Liebe Mitfreunde von Jesus, je älter ich werde, je näher ich ihm komme, durch Alter, viele Erlebnisse oder manche Krankheit – vor allem aber durch unendlich viele Begegnungen und Gespräche, frage ich mich, wie es ihm – Jesus –  wohl ginge, wenn wir ihm heute gegenüberständen.
Ihm, der immer den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt gestellt hat, der sich mit den religiösen Führern damals angelegt hat, weil ihm der Mensch wichtiger war, als Sabbat, als Gebote. Der den Tempel aufgeräumt hat von allem was die Beziehung zu Gott stört.
Was sagte er wohl heute den hochstudierten Kirchenrechtlern, oder Herrn Woelki oder Herrn Marx, aber auch Herrn Bedform Strom oder Frau Käßmann, oder auch mir oder Pastor Korsus?

Was würde er unseren Bischöfen sagen, zu zig Seiten Regelwerk, ob man eine Kommunionfeier oder einen Wortgottesdienst feiern darf, wenn am Sonntag kein Priester da ist und wer auf welchem Stuhl sitzen darf?

Wahrscheinlich bekäme er Kopfschmerzen vom Kopfschütteln oder Weinen.
Und vielleicht würde er ganz liebevoll sagen: Freunde, teilt doch das Brot, reicht den Wein und vertraut ganz fest darauf, dass Gott auch da ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.

Oder glaubt irgendjemand, dass ER, der selbst dem Judas das Brot gereicht hat, heute jemand dieses Brot verweigern würde?

Leute – Lasst uns neu von Jesus lernen.
Talita kum!, sagt er zu jedem von uns!
Kommt in die Gänge!
Folgt mir nach!

Das ist sicher oft nicht ganz einfach. Sich an Jesus orientieren, heißt manchmal auch, liebgewordenes über Bord werfen.
Von überholter Geschichte, Regularien, Liedern und Texten sich verabschieden.
Sich auch mal böse in die Nesseln setzen. Ja auch, sich der Kritik aussetzen und Anfeindungen ertragen.

Glaube ist nicht einfach!
Glaube fordert uns jeden Tag und jede Stunde!

Aber gelebter Glaube kann und will diese Welt verändern – liebevoller machen, friedlicher, gottgefälliger – einfach besser.

Talita kum! Helft den Armen!
Talita kum! Gebt Platz den Heimatlosen!
Talita kum! Schenkt ein liebevolles Lächeln den Flüchtlingen!
Talita kum! Geht zu den Kranken und Einsamen!
Talita kum! Gebt denen Speise, die Hunger haben!
Talita kum! Reicht euch endlich die Hand zur Versöhnung!

Steht auf! Steht endlich auf!
Niemand muss am Boden liegen bleiben, sagt Jesus uns. Ich reiche dir doch die Hand. Steh auf!

Das ist nämlich genau der Weg, den Jesus selbst auch gegangen ist, aufstehen – aufertehen, ein Weg, der zum Leben führt, auch zu einem Leben bei Gott.

Schwestern und Brüder in Christus – lasst uns doch diesen Weg gemeinsam gehen, und habt doch keine Angst, Jesus geht doch mit.

TALITA KUM!

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