Wort zum Sonntag 17.04 2011 Palmsonntag – „Hosianna – Kreuzigt ihn!“
Ich bin ja richtig gespannt, ob Sie sich wiedererkennen. Sie kommen in der Geschichte nämlich auch vor. Jeder kommt in dieser Geschichte vor. Sie und ich, und die neben uns auch. Sie ist schon 2000 Jahre alt die Geschichte, aber sie passiert immer wieder, jeden Tag, immer wieder ähnlich: Die letzten Tage und Stunden von Jesus, und ich finde: Jeder und Jede ist mitten drin in dieser Geschichte.
Der Eine wird direkt schuldig, die Andere schaut tatenlos zu und der Nächste muss hilflos miterleben, was einem Menschen angetan wird, den er liebt und die Dritten gucken aus der zweiten Reihe emotionslos zu und stecken so auch mittendrin.
Sie haben das sicher schon selbst erlebt oder kennen das. Man will irgendwie dabei sein, aber lieber nicht ganz vorne und besser ohne Namenschild. Man will ja schließlich nichts verpassen. Aber man ist nicht so ganz dabei, die Tür für den Rückzug muss immer noch offen bleiben. Man weiß ja nie…. . Ok, anfeuern, Beifall klatschen, mitgrölen aus der dritten oder vierten Reihe. Einfach nur Mitlaufen, damit man im Notfall immer noch sagen kann: „Ich hab es gleich gewusst, das kann nicht gut gehen!“
Verstehen Sie, so aus der Distanz, warum Menschen so sind? Genau wie vor 2000 Jahren. Da zieht Jesus, wohl auf seinem Esel, ein in die Hauptstadt Jerusalem. Ein großer Ruf eilt ihm voraus. Ein Wunderheiler, eine Art König soll er sein und jetzt kommt er selber in die Stadt und wird die lästigen Römer und korrupten Tempeldiener einfach verjagen, wegpusten, mit Gottes Hilfe. Und an dieser Stelle kommen wir, Sie und ich, wir Zuschauer am Rande, wir Mitläufer: „Eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf dem Weg; andere schnitten Zweige von den Bäumen
und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm voran ging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ Und dann, nur vier Tage später. Da stehen dieselben Männer und Frauen wieder in der dritten Reihe, aber sie haben die Fronten gewechselt. Und sie schreien wieder mit hochrotem Kopf, weil die Anderen auch schreien: „Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“ Wahrscheinlich sagen sie: „Ich habe es gleich geahnt, das wird nichts!“ Enttäuscht wenden sie sich ab, hängen ihr Fähnchen in den neuen Wind. Was Jesus wohl von diesen Menschen hält? Ich meine, von Ihnen und mir, wenn wir so unentschlossen sind, aus Angst. So wankelmütig, weil wir enttäuscht worden sind oder schlechte Erfahrungen gemacht haben. Oder auch so klein und mickrig, weil wir einfach feige sind. Was denkt und hält Gott wohl von uns? Wendet er sich von uns ab, mit Schauern und Abscheu? Überall in der Bibel steht, das ist nicht so. Gott ist unendlich traurig, aber er liebt weiter, er kann nur lieben. Das ist das Unglaubliche, das Wunder, dass wir auch in diesem Drama der Karwoche feiern. Jesus geht seinen qualvollen und verspotteten Weg weiter, dann eben alleine, ohne unsere Hilfe, aber trotzdem, wegen uns und für uns. Gott liebt nämlich jeden Menschen! Lasst uns weiter rufen: „Hosianna“ – Herr hilf!
Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich eine gesegnete Karwoche.
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)