Predigt – Gründonnerstag 2019 – Wenn Füße erzählen –
Liebe Jüngerinnen und Jünger,
heute beginnen die drei heiligen Tage.
– das letzte Mahl Jesu
– seine Kreuzigung
– seine Auferstehung
Wir brauchen drei ganze Tage, um das Geheimnis der Liebe Gottes zu erzählen und zu feiern.
Ein Wahnsinnsliebe – kaum zu begreifen
Eine Liebe, die aufs Ganze geht und – am Ende alles gewinnt.
Eine Liebe, die durch den Tod hindurch geht und den Tod überwindet.
Eine Liebe, die den Himmel öffnet – für uns – und somit auch die Erde aufschließt.
Mir fehlen die Worte und das ist selten, wie ich das alles beschreiben soll.
Heute feiern wir das Abendmahl Jesu. Wir treten somit in die Geschichte ein.
Wir sitzen neben den Jüngern Jesu – und erleben Jesus.
Und wenn wir nachher gehen, können wir nicht mehr so tun, als ob wir nicht dabei gewesen wären.
Und – was macht Jesus? Er wäscht als erstes seinen Jüngern die Füße!
Die Jünger liegen auf der Erde, auf Polstern. Vielleicht den Kopf auf den Arm gestützt.
Die Füße, sie sind nackt und ziemlich staubig von dem Weg, den sie gegangen sind.
Die Sandalen liegen daneben.
Alle haben jetzt Ruhe, keiner will weg. Jetzt wird gefeiert.
In einem besseren, in einem guten Haus war es eine Aufgabe der Sklaven, den Herren und den Gästen die Füße zu waschen. Sklaven gehörten nicht an den Tisch.
Der Tisch des Herrn hatte seine Gesetze, ohne was zu sagen, jeder wusste Bescheid.
Wenn sie die Augen zu machen, können sie es auch sehen, – vielleicht sogar riechen.
Füße, viele Füße, unterschiedliche Füße. Daran die Spuren des Alters, daran Spuren der Wege, Spuren von Dreck und Steinen. Sie haben alle schon Hornhaut angesetzt – wie ein Panzer.
Aber die Füße wissen von jeder Delle, von jedem Matsch, von jeder Verletzung können sie ein Lied singen.
Wie beweglich doch so ein trainierter Fuß ist. Leicht, federnd, beschwingt, wenn er zu einem geliebten Menschen geht.
Aber auch hart und schwer, wenn man die ganze Last des Lebens auf seinen Schultern spürt.
Oft kann man von weitem schon sehen, wie der Mensch drauf ist. Man erkennt es an seinem Gang. Füße – sie haben so viel Kraft diese Füße.
Sie können klettern und springen und oft über viele Kilometer laufen.
Wenn es beschwerlich wird, rutscht der Druck in die Zehen, sie krallen sich fest, sie halten das Gleichgewicht.
Wenn ich ganz fest, ganz stabil stehen will, ausruhen oder einfach nur warten will, dann sind es die Hacken, die mich tragen.
Und Jesus wäscht diese Füße – Füße waschen heißt: das Leben waschen und dabei ganz unten anzufangen, an der tiefsten Stelle – im Dreck.
Da wo es keine genialen Gedanken gibt, keinen brillanten Geist, wo es einfach nur schmutzig ist und stinkt.
Füße machen einfach nur Schritte, step by step, Lebensschritte, kleine Schritte, Schritt für Schritt.
Und unser Petrus, scheint ne schön große Klappe zu haben, – ist gar nicht mit mir verwandt – er poltert voll dazwischen. Er hat nix begriffen.
Er versteht die Sprache Jesu nicht, sein Tun, sein Beispiel – was er sagen will.
Mh ? – Jesus macht hier den Sklaven?
Jesus sitzt, nein, liegt nicht mit am Tisch der Herren!
Bückt sich, macht sich klein, hat sein Festgewand abgelegt.
Geht doch gar nicht – passt überhaupt nicht zu dem Bild, das sich Petrus gemacht hat.
Hier läuft was falsch – sind die Rollen vertauscht, alles ist durcheinander bei diesem Mahl, dass ein Festmahl sein sollte.
Aber, wie sich die Füße der Freunde Jesu jetzt wohl fühlen?
Nicht nur der Staub ist weg.
Es sind die Füße, die sonst ganz unten sind, die im Schatten stehen, die übel riechen, – die die ganze Liebe spüren – , die von Jesus ausgeht.
Am Anfang habe ich gesagt: Ich weiß gar nicht, wie ich das Ganze beschreiben soll, ………… aber, das habe ich schon gelernt – wer bei Mahl Jesu dabei ist, spuckt keine großen Töne, nimmt sich zurück, wirft sich nicht in Schale, trägt die Nase nicht hoch – schaut aber auf die Füße.
Und Füße erzählen:
– von den alten Menschen, die nur noch langsam gehen können, Schmerzen haben, ihre Füße nicht mehr spüren können ….
– von den Kindern, die mit Leichtigkeit durch die Welt hüpfen, als könnten ihre Füße sie in den Himmel tragen ….
– von den langen, beschwerlichen Strecken der Flüchtlinge, die in Lagern angekommen sind, dort festhängen ….
– Von den Verkäuferinnen, den Serviererinnen und Kellnern, den Krankenschwestern und Altenpflegern, die vom vielen Laufen geschwollene Füße haben ….
– Von den Sportlern, die die ganzen Träume in ihre Füße legen, in Millisekunden und weite Sprünge …..
– Und dann ist da noch der Rollstuhl, der die Füße nicht ersetzen kann und die Prothesen die einspringen müssen ….
Füße können so viel erzählen – von Nähe, von Zuwendung, von Liebe, von Wertschätzung und Achtung. Heute spielen Füße bei Jesus die Hauptrolle – in der Nacht, in der er verraten wurde.
Jesus hat von einem Beispiel gesprochen, das er uns gegeben hat.
Was an diesem Abend passiert, ist gegen alle Spielregeln, gegen alle alten Gesetze und Überlieferungen. – Was an diesem Abend passiert ist, ist die Messlatte, ist der Auftrag an uns.
„Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr, und ihr nennt mich zurecht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen!“
Ja Leute, alles angekommen? – so fängt eine Geschichte an, die eine Fortsetzung sucht – bei uns, in meinem Leben.
Ich freue mich heute besonders und bin unendlich dankbar:
Jesus hat auch meine Füße gewaschen.
– sie sind durch soviel Dreck gegangen
– sie haben sich sooft auch aus dem Staub gemacht
– sie sind sooft im Lebensgestrüpp hängen geblieben
– sie sind sooft falsche Wege gegangen
– und sie sind sooft auch so müde zum weiter gehen
Wir hier sind Freundinnen und Freunde von Jesus:
Und – Jetzt sind wir dran:
Wir müssen nicht immer den guten Anzug anhaben, auch nicht das gute Kostüm und brauchen auch keine renovierte Kirche um Jesus zu treffen.
Eine Schürze steht auch uns gut!
Amen