29. Sonntag im Jahreskreis C – 20. Oktober 2019 – LUKAS 18,1‑8
Zurzeit tagt in Rom die Amazonasynode. Es geht dort um die zukünftige und neuzeitliche Entwicklung der katholischen Kirche in Südamerika, aber sicher auch mit Auswirkungen auf den Rest der Welt. Papst Franziskus sagte dort zur Eröffnung: Das Feuer des Glaubens erlischt, wenn es nicht lebendig erhalten wird. Es geht aus, wenn die Asche es bedeckt, wenn alles so bleibt wie es ist! Wenn man sagt, es muss alles so bleiben, wie es ist, wird auch unser Glaube ersticken!“
Jesus sagt:
Ich bin
gekommen,
die Sünder
zu erlösen.
Er schaut mich an.
Er schaut dich an.
Er schaut uns an.
Ich bin gekommen,
die Sünder
zu erlösen.
Ich sehe weg.
Du siehst weg.
Wir sehen weg.
Ich bin gekommen,
die Sünder
zu erlösen.
Ich habe nichts zu bereuen.
Du hast nichts zu bereuen.
Wir haben nichts zu bereuen.
Jesus sagt:
Ich bin
gegangen,
denn bei den
Gerechten
habe ich
nichts verloren. (Roland
Breitenbach)
Sind sie nun verunsichert? Gehören Sie auch zu den
Gerechten? oder vielleicht doch zu den
Sündern?
Können Sie, können wir, kann ich das eigentlich, – wirklich gerecht leben?
Wo ordnen Sie sich denn hier ein? Haben Sie ihren richtigen Glauben gefunden –
ich meine den, mit der Botschaft Jesu? Und leben Sie auch danach? Immer? Alle zufrieden
hier?
Gibt es eigentlich im Glauben so etwas wie das Richtige oder das
Gute oder auch das Böse oder das Falsche?
Es ist ein ganz schön kantiges und schwieriges Evangelium, das uns an diesem Sonntag zugemutet ist. Das wirklich Richtige oder auch das Recht oder das Gute, scheint den Richter in der Geschichte von Jesus nicht zu interessieren.
Er ist von sich selbst sehr überzeugt – so wie wir? So wie ich?
Der Richter fürchtet nichts und niemanden.
Vom ersten Eindruck her ist er eher eine unangenehme Persönlichkeit, überheblich, scheinbar unangreifbar und von nichts zu beeindrucken.
Aber dann ist da diese Witwe. Sie will ihr Recht.
Der Richter scheint auch zu wissen, dass sie eigentlich Recht hat – ist ihm sch… egal.
Denn, wer ist die schon? Bloß eine Witwe, – und kein Geld.
Für den Richter ist sie unwichtig, bedeutungslos.
Und doch. Sie ist hartnäckig, wie ein quengelndes Kind, sie beharrt auf ihrem Recht.
Geht ihm sowas auf die Nerven, ist immer wieder da, gibt nicht auf.
Diese Witwe ist absolut unbeeindruckt von der uneingeschränkten Macht dieses Richters.
Und er? – Er bekommt Angst. Er sorgt sich um sein öffentliches Ansehen. Was wird sein, wenn
sie ihm ins Gesicht schlägt. Sein Ansehen wird Schaden nehmen. Nur das nicht! Was denken dann die Leute! Und so verhilft er der Witwe dann doch zu ihrem Recht.
Aber wenn wir das Evangelium auf Gott übertragen, es geht ja schließlich ums Gebet, ist unser Gott hier etwa der ungerechte Richter? Das kann doch wohl nicht sein.
Will Jesus uns hier an diesem Beispiel über unsere gewohnten Meinungen, unsere verstaubten und seit Jahrhunderten gepflegten Einstellungen stolpern lassen?
Gerade in Sachen Religion werden viele Dinge ja zum Gesetz, oder kirchlich zum Dogma, und dadurch zum für alle und alle Zeiten verbindlichen Gesetz gemacht.
Wenn seit Jahrhunderten Gültiges hinterfragt wird oder
bekannte Gewohnheiten und uralte Gebräuche verlassen werden, sind viele Menschen
zunächst verunsichert und haben Angst.
Evangelien wie heute, können uns aber gerade mit ihrem Gespött, aber auch mit ihrer
eigenwilligen Methode, wie die der Witwe, anfragen und aufrütteln.
Und so müssen wir uns alle, in unserer alt und
grauhaarig gewordenen Kirche fragen, wie es weiter gehen kann. Wir müssen uns
fragen, welches Evangelium würde Jesus uns heute erzählen.
Ich bin unserm Papst Franziskus sehr dankbar für seine Worte: „Wenn man sagt, es muss alles so bleiben,
wie es ist, wird auch unser Glaube ersticken!“
Auch in Deutschland haben wir nicht nur unter den Bischöfen die
Modernisierungsdiskussion.
Es muss was geschehen in der kath. Kirche, weiter so – geht nicht. War doch
toll, letzten Sonntag im Familiengottesdienst, so viele Kinder und junge
Familien, strahlende Gesichter, ehrliches Lachen und eine Sprache, die Kinder
und jeder verstehen konnte.
Es gibt viele strittige Themen, über die auch die Bischöfe in Rom mit Papst Franziskus diskutieren.
– Was tun gegen den Priestermangel?
– Frauen können keine Priesterinnen werden, nicht mal Diakoninnen.
– Unsere Priester, auch manche Diakone, müssen zölibatär leben, dürfen keine Familie haben.
– Wer einmal in der Ehe scheiterte, kann nicht wieder heiraten und zu den Sakramenten
zugelassen werden!
– Eine zeitgemäße Sprache in den offiziellen Gottesdiensten, entspricht nicht der Tradition.
– Eine Liebesbeziehung geht nur zwischen Mann und Frau – Homosexualität ist Sünde!
– Evangelische Christen sollen eher nicht an unserer Kommunion teilnehmen und wir bleiben
besser ihrer Abendmahlfeier fern.
– und es gibt noch viele andere Themen unter denen die Menschen leiden
Glauben Sie auch, dass es in diesen und vielen anderen Punkten dringend Gesprächsbedarf gibt? Lasst uns auch hier in Verl darüber reden, in den Gremien, beim Kirchenkaffee, zuhause – aber unvoreingenommen und liebevoll.
Was ist Jesu Botschaft übersetzt in die heutige Zeit?
Ich glaube, dass Papst Franziskus sonst recht hat. „Unsere Kirche erstickt ihren eigenen, so wertvollen und hilfreichen Glauben“.
Denn Jesu Botschaft, seine Taten und seine Liebe, werden auch heute, 2000 Jahre später noch, dringend gebraucht – aber nicht in Hebräisch, oder griechisch oder Latein, sondern in unserer Sprache und unserer Geschichte. Und er sucht auch heute Menschen, die offen sind für seine Botschaft – eine Botschaft die richtet – aufrichtet.
Dann haben wir auch wieder die Chance, wie der Evangelist Lukas schreibt „dass der Menschensohn noch Glauben vorfindet, wenn er wiederkommt!“
Und dass er nicht zu uns sagt, wie in der Meditation am Anfang:
„Ich bin wieder gegangen, denn bei den Gerechten, habe ich nichts verloren!“.