Wort zum Sonntag 24.01.10 „Lasst euch versöhnen!“
Viele werden es gar nicht gewusst haben. Die Vereinten Nationen hatten für das Jahr 2009 ein „Internationales Jahr der Versöhnung“ ausgerufen. Auf Versöhnung wagen wir eher kaum zu hoffen angesichts all der Bomben und Raketen, die den Frieden als Illusion erscheinen lassen; angesichts der ethnischen Kämpfe, der dramatischen Kluft zwischen Arm und Reich, des Konflikts der Religionen überall auf der Welt. Schon im engen Kreis unseres persönlichen Zusammenlebens, in der Familie oder im Freundeskreis, fällt es uns doch oft schwer, Misstrauen und Streit zu überwinden. Manche Verwundungen können wir nicht vergessen. Wir sehnen uns alle nach Frieden; und zugleich sind auch die Kräfte der Feindseligkeit tief in uns wirksam. Aber wir haben – im Großen wie im Kleinen – keine andere Chance, als auf diese Hoffnung zu setzen, uns immer wieder zur Versöhnung herausfordern zu lassen.
Wenn ich von Versöhnung rede, dann meine ich nicht Vergessen. Vergessen heilt keine Wunden; nur wer sich erinnert und das erlittene oder begangene Unrecht offen beim Namen nennt, kann einen Weg finden, um neu zu beginnen. Versöhnung bedeutet auch nicht „Entschuldigung“. Niemand kann Schuld einfach auslöschen. Vor allem mich selbst kann ich nicht freisprechen. Schuld kann ich nur ehrlich eingestehen und um Vergebung bitten. Und Schuld kann ich vergeben. Nur durch Vergeben kann die Last der Schuld gelöst werden, die das Leben lähmt und über Generationen hinweg belastet.
Mich zu versöhnen beginnt damit, dass ich mich selbst und den anderen Menschen ehrlich sehe, mit all dem , was belastet und entfremdet.
„Lasst euch versöhnen mit Gott!“ Der Apostel Paulus ruft uns das zu. An manchen Stellen werden wir Menschen wohl immer unversöhnt und unversöhnlich bleiben. Aber Gott bleibt dabei, uns Versöhnung anzubieten; er nimmt uns ganz sicher trotz allem als liebenswerte Menschen an. Es fällt mir oft ganz schön schwer, dies für mich selbst zu bejahen. Aber es kann mir doch die innere Freiheit schenken, auch den Menschen neben mir anzunehmen – trotz allem – und auch das Versöhnliche in ihm zu stärken. Ich behaupte nicht, dass dies einfach ist. Mir hilft es, wenn ich beginne für die, die ich nicht leiden kann, zu beten, immer wieder. Die Vision einer internationalen Versöhnung ist damit immer noch in weiter Ferne. Aber wo soll sie beginnen, wenn nicht bei mir und Dir? In 2010 gibt es noch viele neue Chancen, die nächste ist heute!
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)