Wort zum Sonntag 11.11.06 „Mein bist DU!“
Hier liegt Arthur! – Ein Findling, Granit, allen Unbilden getrotzt, fest am Boden liegend, von Wind und Wasser geprägt, vom Leben gezeichnet – ja das wärs, das könnte mein Grabstein werden. Das würde an Arthur erinnern, da könnte man an mich denken, da könnte man sich erinnern und für mich beten. Natürlich wäre das nichts für die Ewigkeit, kein Tadsch Mahal – ein Grabmal das zum Weltkulturerbe wurde, das fast unsterbliche Zeichen einer großen Liebe zu einer scheinbar tollen Frau. Die ganze Welt kennt dieses Denkmal aus weißem Marmor – aber wer kennt Mumtaz? Wer erinnert sich an diese so überaus geliebte Frau? Wer betet denn heute noch für sie nach 400 Jahren?
„Wir werden Dich nie vergessen!“ steht es oft dick über Todesanzeigen. Nur wer vergessen ist, ist endgültig gestorben.
Natürlich bete ich für meine Eltern, natürlich denke ich manchmal noch an meine Großeltern, aber spätestens unsere Enkelkinder können mit den Namen und Bildern nichts mehr anfangen. Endgültig gestorben – die Gräber längst abgeräumt und einer neuen Bestimmung übergeben.
Wie das Gras und die Blumen sind die Menschen, heißt es in der Bibel, sie blühen heute und vergehen morgen, jetzt grünt das Gras und morgen schon ist es verdorrt – wir haben es diesen Sommer erlebt.
Die Bibel – es lohnt sich sie zu lesen – sie traut an dieser Stelle den Menschen nicht. Monumente verfallen und selbst Findlinge lösen sich irgendwann auf zu Sand. Gottes Gedenken überdauert die Zeiten.
Wie schön sich das anhört: „Ich rufe Dich bei Deinem Namen Arthur!“ „Mein bist Du!“ Wenn Gott mich bei meinem Namen ruft, dann meint er mich konkret, mich mit meinem Geburtsdatum in meiner konkreten Lebenssituation. Findlinge haben viele – aber mich kann man nicht verwechseln .Ich bin ich – mich gibt es nicht noch mal. Gott der mich beim Namen ruft – ihm verdanke ich mein Leben. Niemand wird zufällig geboren und niemand verschwindet im Nichts. Doch wer will all der Menschen gedenken, die vor uns lebten. Selbst die ganz großen haben bestenfalls noch einige Kapitel oder Fußnoten in speziellen Büchern die wenige lesen.
Gott vergisst niemanden. „Mein bist DU!“ sagt der Gott, der schon im Mutterleib seine Hand auf uns gelegt hat. Unsere Bilder erschöpfen sich schnell, wenn wir an das Leben bei Gott denken. Unsere Gedanken und Gebete reduzieren sich auf Worte die immer spärlicher werden. Unser Totengedenken ist einfach nur menschlich und damit auch endlich und vergänglich. Ich darf sicher sein, dass meine Verstorbenen in Gottes Händen geborgen sind, bei ihm der ewig ist und unvergänglich. An anderer Stelle heißt es: „Vater, ich will, dass alle die du mir gegeben hast, bei mir sind!“ Was Gott will, wird er schon schaffen – wer sonst? Mit meinem oft armseligen Gebet für meine Verstorbenen überwinde ich alle Grenzen zwischen meinem Leben und dem Tod. Mein Gebet für die Verstorbenen hilft mir dem Lebenden meinen Frieden zu finden mit den Verstorbenen, mit mir selbst und mit Gott. Die Toten bleiben bei den Lebenden, wenn wir an unsere gemeinsame Zukunft bei Gott glauben.
Eigentlich will ich jetzt keinen Findling mehr, oder wenigstens keinen ganz gerundeten, sondern einen der auch noch Ecken und Kanten hat.
Vergesst die Toten nicht!
Ihr Arthur Springfeld