Wort zum Sonntag 26.01.08 „Opa kann das nicht!“
„Opa kann das nicht!“ „Opa kann das nicht!“, so rannte mein gut 2 jähriges Enkelkind neulich durchs Haus. Opa konnte den DVD-Rekorder nicht bedienen. Unglaublich. Dreimal hatte er mich gebeten, bis er dann begriffen hat „Opa kann das nicht!“ Eine ganz neue Erfahrung für ihn. Es gibt auch Dinge, die Opa nicht kann. Natürlich habe ich darüber geschmunzelt, dann nachgedacht – und dann erschrocken. Mit vielem war der Junge bisher zu mir gekommen: Vorlesen, neue Hose machen, Dreirad kaputt, Tür geht nicht auf, habe Durst. Neuerdings kommt bei allem auch immer wieder die Frage: „Warum Opa?“ Und Opa tat Alles, konnte Alles und wusste Alles. (Alles gilt mehrheitlich natürlich auch für Oma) Bis zu dem Tag, als er erkennen musste: „Opa kann das nicht!“ Natürlich sorgen Mama und Papa gut für ihn und seine Geschwister, auch gut dass es die Oma gibt, aber Opa ist schon was Besonderes. Welch ein Glück – hauptsächlich für Opa – dass wir in einem Haus wohnen, Tür an Tür. Und da sind auch noch die großen Mädchen wovon eine schon zu Schule geht. Nicht nur, wenn Mama und Papa nicht da sind, wenn es schwierig wird, oder weh tut, oder Grundbedürfnisse zu stillen sind, der Ruf nach Opa kommt schnell. Die langen Zeiten der Ruhe von vorher sind weg – egal Ruhe habe ich irgendwann genug. Aber, ich spüre auch die Verantwortung, die Zuständigkeit und die Pflicht über Dinge zu reden, die früher waren. Zu erzählen darüber, wenn ich Kind war. Zu sagen warum ich in der Kirche mitarbeite, zu begründen, warum wir vor dem Essen beten und auch zu erklären, warum Opa manches nicht oder nicht mehr kann (und Oma die Bessere ist). Oder beim ins Bett bringen, wenn Mama und Papa mal nicht da sind, das Kreuz auf die Stirn zeichnen oder aus dem kleinen Baustein ein Überraschungsei zaubern und Schmerzen weg zu pusten. Vieles können Mama und Papa auch, vieles tun sie auch und vieles wollen sie eigentlich, wenn Zeit und Arbeit es zulassen. Aber Opa ist ja da, „Opa kann das!“, normalerweise. Noch mehr oft als Papa oder Mama, ist Opa der Retter in der Not, der Helfer in allen Lebenslagen und kann sich dennoch auch manchmal zurückziehen, und muß sich zurückhalten, denn seine Zuständigkeit ist im Regelfall nur ein Angebot, aber eine große Chance.
Wir Opas haben die Möglichkeit, die Verantwortung und die Pflicht – alles Quatsch – wir dürfen, wenn auch nur ansatzweise, wenn auch vielleicht anmaßend, Gottes Allmacht, seine Größe und Barmherzigkeit, seine Liebe und Treue in unseren Enkelkindern beleben, grundlegen und pflegen, einen Samen mit in die Erde legen, der keimen und wachsen kann. Mit Enkelkindern aufwachsen heißt Erfahrungen und Werte für 100 Jahre weitergeben, die von den eigenen Großeltern vor mehr als 100 Jahren schon gelebt wurden. Viele Großeltern haben dazu heute oft nicht die Chance, weil es wohnraummäßig nicht geht, die Distanz es nicht zulässt, die Kommunikation nicht klappt, weil sie selbst vielleicht schon tot sind oder bedauerlicherweise keine Enkelkinder geboren wurden. Es passt ja in den Trend der Zeit – die Erfahrung der Alten muss wieder her – Opas und Omas werden gebraucht, von den Enkelkindern, den eigenen Kindern, aber auch als Boten Gottes. Der große Dichter Kishon sagte mal:“ Wenn ich gewusst hätte, wie schön Opa sein ist, dann wäre ich das zuerst geworden!“ Ich bin gerne Opa! Jeden Tag!
Es sagte einmal die kleine Hand zur großen Hand:
„Du, große Hand, ich brauche dich,
wenn ich wach werde,
wenn ich Hunger habe und du mich fütterst,
wenn ich meine erste Schritte versuche und du mich hältst,
wenn ich zu dir komme, weil ich Angst habe.
Ich bitte dich, bleib in meiner Nähe und halte mich.“
Und es sagte die große Hand zur kleinen Hand:
„Du, kleine Hand, ich brauche dich,
das spüre ich,
weil ich für dich sorgen darf,
weil ich mit dir spielen und lachen kann,
weil ich mit dir wunderbare Dinge entdecke,
weil ich deine Wärme fühle und dich lieb habe,
weil du ein Teil von mir bist.
Ich bitte dich, bleib in meiner Nähe und halte mich.“
Und wenn mein kleiner Freund Frederik überzeugend sagt: „Opa, wir sind doch Männer!“, dann ist es nicht mehr schlimm, wenn Opa auch mal was nicht kann, aber dann habe ich eine leichte Ahnung, es gibt noch eine Hand, die mich hält.
Besonders allen Opas und Omas wünsche ich einen gesegneten Sonntag!
Ihr Arthur Springfeld (Opa und Diakon)