2. Sonntag B – Im Anfang war das Wort
Man kann es ja kaum noch entdecken – DAS Wort unter so vielen Worten. Das WORT unter so vielen Worten, die in diesen Tagen gesprochen, zugesagt oder einfach nur gequatscht werden.
Das was wir eben bei Johannes gehört haben – das war Kunst, hohe Sprachkunst und allerhöchste Theologie. Ganz zweifellos – formulieren kann er, dieser Johannes, auch so, dass man es auf Anhieb erst mal nicht verstehen kann.
Wo ist in diesem mächtigen Wortschwall, wo ist das
Wort, an das wir uns am Beginn eines neuen Jahres halten können?
In diesen Tagen wollen es uns so viele sagen: In Neujahrsansprachen und Grußbotschaften wimmelt es nur so von angeblich wichtigen Worten, guten Vorsätzen und moralischen Appellen. Manche Aussagen gefallen mir, von Papst Franziskus, aber auch vom Präsidenten Gauck und unserer Kanzlerin.
Aber all diese noch so gut gemeinten Worte überfordern mich eher, weil oft Taten fehlen.
Und dennoch, inmitten dieser vielen Reden meldet sich doch eine Sehnsucht in mir: nach DEM Wort, das mich leben lässt, das mir eine Perspektive gibt für 2015.
Vielleicht kommt da etwas durch bei einem, der sich selbst als Atheist bezeichnet hat, nämlich Sigmund Freud, der da sagt:
»Worte waren ursprünglich ein Zauber.
Und das Wort hat bis heute viel von seinem Zauber behalten.
Das Wort, das ein Mensch zu einem anderen sagt, kann selig machen oder in Verzweiflung bringen. Manche Worte haben Gewicht, und manche sind für die Ewigkeit gesprochen.«
Wow, das hat doch was. Und ich bin sicher, wir kennen sie alle, die wichtigen und richtigen Worte unseres Lebens; die gewichtigen Worte in unseren Beziehungen – die Seligkeit bringen, die Gewicht haben und für die Ewigkeit gesprochen sind.
Wir kennen sie, die wirklich bedeutenden Worte.
Wir kennen die Worte, die uns tragen, manchmal ein ganzes Leben lang.
Hinter solchen Erfahrungen spüre ich Gottes Wort:
Das Wort, das auch Johannes im heutigen Evangelium im Sinn hat. Letztlich ist es für mich Gottes Wort, das uns bis heute bezaubert.
Jenes Wort zieht in seinen Bann, als Jesus von Nazareth seine Lebensworte wie Samen ausstreut, die Friedensstifter selig preist und zu den Toten sagt: »Steht auf!«
Das Wort, das Wort des Vaters trägt ihn selbst – sogar noch durch die Erfahrung der Gottferne und des Todes hindurch.
Das Wort schafft neues Leben und neue Perspektive, als der Auferstandene verspricht: »Ich bin bei euch bis zum Ende.«
Dieses Wort zieht Kreise, als es die Jünger in die ganze Welt und durch die Jahrhunderte schickt, bis heute. Mit seinem Zauber verzaubert es alle, das Wort: die Franz von Assisis und die Mutter Teresas, alle, in denen das Wort immer wieder Fleisch geworden ist.
Bis heute ist das Wort hörbar, spürbar, greifbar, wenn es Menschen in seinen Bann zieht. Und jeder von uns hat das im Leben immer mal wieder gespürt, mal mehr und al weniger. Sonst wären wir alle nicht hier.
Um dieses Gotteswort geht es in all den vielen Worten, die Johannes und manche nach ihm gemacht haben.
Es ist das Wort des Anfangs und des Endes, das Wort der Vergangenheit ebenso wie das der Zukunft.
Es ist das Wort, das für die Ewigkeit zur Menschheit gesagt ist.
Es ist das Wort, sein Wort in mein Leben ebenso hinein gesprochen wie in Ihres.
Und dieses Gotteswort ist ein JA.
Ja zu jedem von uns.
Ja jeden Tag neu.
Manche Worte haben Gewicht, und manche sind für die Ewigkeit gesprochen.«
Gottes JA gilt in Ewigkeit.
Amen.