Christkönig 2014

Christkönigssonntag – 2014

Woran erkennt man einen praktizierenden Christen?

Liebe Schwestern und Brüder hier in Verl,

wenn man den unterschiedlichsten Veröffentlichungen von Kirche Glauben schenken möchte, dann ist diese Frage ganz einfach zu beantworten: Unter praktizierenden Christen versteht man nämlich allgemein die, die am Sonntag zum Gottesdienst gehen. Und sie sind ja hier, dann ist ja alles gut!

Und aus katholischer Sicht ist das ja auch recht einleuchtend, denn wer am Sonntag zur Kirche kommt, der erfüllt schließlich seine Pflicht. Nicht umsonst spricht man bei uns ja von einer Sonntagspflicht – Gottesdienstbesuch als die Erfüllung unserer Pflicht gegenüber Gott.

Nur, wenn dem so ist, wenn das doch unsere Pflicht ist, dann frage ich mich, warum genau dieser Punkt im Gleichnis aus dem heutigen Evangelium nicht einmal auftaucht!

Alles wird den Menschen in dieser Gerichtsszene vorgerechnet: die Kranken, die Alten, die Obdachlosen… Steht irgendwo: „Ich hab‘ Euch zur Kirche gerufen und Ihr seid nicht gekommen“? Gottesdienst wird mit keinem Wort erwähnt.

Das was für uns immer im Mittelpunkt steht, wenn wir an Religion und Kirche denken – in Jesu Gleichnis kommt es gar nicht vor. Das was bei uns meist wie das allerwichtigste erscheint, das scheint bei ihm nicht einmal eine untergeordnete Rolle zu spielen. Sollten wir uns da etwa tatsächlich so getäuscht haben?

Ja, ich denke, wir haben uns getäuscht! In einem Punkt haben wir uns sogar gewaltig getäuscht. Als wir anfingen aus dem Gottesdienst eine Pflicht zu machen, als Gottesdienst eine Pflichtübung wurde, da begannen wir uns ganz gewaltig zu täuschen.

Gottesdienst ist schließlich nicht zuerst unser Dienst an Gott. Sicher, Gott führt uns zusammen zur Feier der Eucharistie, aber doch nicht etwa, weil wir ihm da dienen sollen, weil er den Gottesdienst etwa notwendig hätte oder irgendetwas von uns brauchen würde.

Bilden wir uns denn wirklich ein, dass wir Gott etwas geben könnten, etwas, was er selbst nicht schon lange hat? Das was wir im Gottesdienst tun, das ist allerhöchstens danken. Dienen, dienen tut dort Gott! Gottesdienst, das ist zuallererst Gottes Dienst an uns!

Gott schenkt uns schließlich die Sakramente, er schenkt uns die Feier unseres Lebens, damit wir leichter leben können, damit wir uns seiner Nähe versichern können, damit wir Punkte haben, an denen wir seine Gegenwart erleben, spüren und sinnenhaft erfahren können. Das ist sein Dienst an uns: eine Hilfe zum Leben, Feiern, die uns gut tun sollen.

Und wir haben daraus eine Pflicht gemacht! – Kann man Gott gründlicher missverstehen? 

Das was wir normalerweise als Gottesdienst bezeichnen, und womit wir dann meinen Gott zu dienen – in Wirklichkeit tun wir das zuallererst einmal für uns! Denn wenn wir es tun, dann sollen wir damit beschenkt werden, wir sollen zur Ruhe kommen, neue Orientierung und Hilfe für unser Leben finden. Dieser Gottesdienst ist zuallererst für uns selber da.

Der Dienst an Gott, unser Dienst diesem Gott gegenüber, der muss anders aussehen. Und wie, das sagt uns in aller Deutlichkeit das heutige Evangelium. Jesus macht uns dort unmissverständlich klar: Wirklicher Gottesdienst – das ist Menschendienst.

 

Den Kranken zu dienen, den Alten, den Einsamen, den Hungernden den körperlich oder seelisch leidenden, den Asylbewerbern, den Fremden ………… Den Menschen zu dienen, das ist wirklich Gottesdienst, das heißt Gott zu dienen. Denn was wir einem seiner geringsten Brüder und Schwestern getan haben, das haben wir wirklich ihm getan. Und daran werden wir letztlich gemessen.

Wer den Nächsten aus dem Blick verliert, der kann zur Kirche gehen sooft er will – in den Augen Jesu hat der am Ende lediglich etwas für sich selbst getan. 

Wer das nicht will, wem dieser Gott wichtig ist, und wer diesem Gott wirklich dienen will, der kommt um Jesu Wort nicht herum. Denn Jesus macht uns letztgültig deutlich, was ich tun muss, wenn ich Gott dienen will, was es wirklich heißt, unserem Gott zu dienen.

Wer Jesus ernst nimmt, der weiß, dass Gottesdienst nicht zuerst in der Kirche stattfindet. Denn dem anderen zu dienen, seine Not zu lindern, das ist für Jesus der eigentliche, der wahre Gottesdienst.

Amen.

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