Predigt 27./28.10 2012 Kolpinggebetstag- Weltmissionssonntag – St. Judas Thaddäus
Was predigt man denn am Kolpinggebetstag- Weltmissionssonntag und Patronatsfest
St. Judas Thaddäus um allem und allen gerecht zu werden?
Beim Kolpinggebetstag beten wir um die Heiligsprechung von Adolf Kolping.
Beim Weltmissionssonntag beten wir um die Ausbreitung im Glauben und zum Judas Thaddäus beten wir in schwierigen und aussichtslosen Situationen.
Wie Sie beten und wann Sie beten, ob überhaupt – weiß es nicht.
Ist aber doch überhaupt die Frage: Wie betet man richtig?
Vieleicht so wie das Abendgebet von Joachim Ringelnatz:
Lieber Gott, recht gute Nacht,
ich hab noch schnell Pipi gemacht,
damit ich von dir träume.
Ich stelle mir den Himmel vor
wie hinterm Brandenburger Tor
die Lindenbäume.
Nimm meine Worte freundlich hin,
weil ich schon so erwachsen bin.
Oder vielleicht wie der kleine Junge aus dem Kindergarten:
„Lieber Gott, heut‘ war es gar nicht schön. Der Moritz hat mich gehaut. Dann habe ich ihn auch gehaut. Schlaf‘ gut, lieber Gott.“
Vielleicht kann man auch so beten wie dieser einfache Bauer:
Wenn der Tag zu Ende war und der Bauer sein Abendgebet verrichten wollte, dann fehlten ihm oft die Worte. Er konnte sich anstrengen, so viel er wollte, aber vor lauter Müdigkeit und Sorgen hatte er alle Gebete vergessen, die er konnte. An einem dieser Abende nun trat der Bauer hinaus unter den Sternenhimmel und überlegte, wie er denn nun die rechten Worte finden sollte. Und schließlich sammelte er sich und sagte andächtig das ganze Alphabet vom ersten bis zum letzten Buchstaben. „Guter Gott“, sagte er dann, „du bist allmächtig und weißt, wie die richtigen Worte heißen. Nimm mein Gebet an, besser kann ich es nicht.“ Und die Engel im Himmel freuten sich über seine ehrliche Andacht und verstanden sein Gebet.
Am besten gefällt mir folgende Begebenheit:
Ein Mann besucht jeden Mittag um 12 Uhr eine Kirche. Er geht hinein und nach kurzer Zeit wieder raus. Eines Tages fragt ihn der Pfarrer neugierig: „Was machen Sie denn da jeden Mittag?“
„Ich bete“, sagt der Mann. „Sie beten, so kurz?“, fragt der Pfarrer. „Ja, ich sage: Hallo Jesus. Hier ist Johannes! Mehr kann ich nicht beten“, erklärt der Mann.
Eines Tages kommt Johannes ins Krankenhaus. Und obwohl er schwer krank ist, ist er sehr gelassen und immer guter Laune. „Wie machen Sie das, dass Sie immer gut drauf sind?“ fragen ihn die Leute.
Da sagt Johannes: „Das liegt an meinem Besuch.“ Alle wundern sich, denn bisher hat noch keiner gesehen, dass Johannes Besuch bekommen hat. „Doch“, sagt der, „jeden Mittag um 12 steht er an meinem Bett und sagt: „Hallo Johannes. Hier ist Jesus!“
Ich mag diese Geschichte, weil sie zeigt, dass auch schon eine ganz kleine Verabredung mit Gott das Leben verändern kann.
Viele Menschen sprechen mit Gott, so wie Jahrhunderte gelehrt wurde: vorsichtig und unterwürfig. Sie suchen brave Worte für ihr Gebet. Sie trauen sich nicht, Gott zu widersprechen. Protestieren nicht gegen Zumutungen. Zu groß ist die Angst, etwas falsch zu machen.
„Ich kann doch nicht einfach so beten, wie mir der Schnabel gewachsen ist? Kann doch nicht alles sagen, wie es gerade kommt? Gott widersprechen?“ Wo bleibt da die Ehrfurcht?
Genau hier widerspreche ich.
Denn das sehe ich anders!
Beim Beten gibt es keine Vorschriften und keine Zensuren.
Wenn Gott ein liebender Gott ist, zu dem ich Vater sagen darf, dann darf ich ihm beim Beten auch alles ins Gesicht sagen.
Beim Beten darf ich wirklich sagen: „Heute ist nichts in Ordnung, und ich klage dich an, Gott. Ich klage dich an, und ich bin nicht einverstanden“.
Not lehrt beten, sagen manche Menschen – das Zitat wurde von Adolf Kolping ausgeliehen.
Aber Not lehrt auch klagen, schimpfen und jammern, ja selbst fluchen! Klage ist ungefiltert, direkt, heftig und sie darf es sein.
Da ist alles erlaubt, jedes Wort. Wie gesagt: Gott hält das aus! Was wäre er auch für ein Gott, wenn er uns unterwürfig haben wollte, und ängstlich? Vor ihm dürfen wir gerade und aufrecht stehen heißt es in einem Hochgebet.
In den Psalmen der Bibel finde ich genau diese ungeschminkten Worte. Was haben manche Beter mit ihrem Gott geschimpft. (Psalm 69)
„Ich habe mich müde geschrien.
Mein Hals ist heiser.
Meine Augen sind trübe geworden, weil ich so lange warten muss auf meinen Gott“, betete da einer und rückt mit seiner Klage Gott ziemlich nah.
Und ich bin sicher: genau deshalb ist umgekehrt Gott auch diesem Beter sehr nah!
Über dem Beten vergeht die Bitterkeit, sagt Kolping und ich erfahre das immer wieder, wenn ich für Menschen bete, die mich geärgert haben oder die ich nicht so gut leiden kann.
Der dänische Theologe Sören Kirkegaard schreibt: Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still.
Ich wurde, was womöglich ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer. Ich meinte erst, Beten sei Reden.
Ich lernte aber, dass Beten nicht nur Schweigen ist, sondern auch Hören.
So ist es auch: Beten heißt nicht immer, sich selbst reden zu hören, Beten heißt oft, still werden und still sein und warten, bis der Betende Gott hört.
Ich hoffe, ich habe sie jetzt nicht zu sehr verwirrt.
Es gibt nichts, was man Gott nicht sagen kann.
Es gibt nichts was im Gespräch mit Gott falsch ist.
Nur ehrlich und aufrichtig müssen unsere Gedanken, unsere Worte oder unser Lied sein.
Ich kann am besten abends beten. Wenn alle bei uns im Haus schon schlafen. Meinen Krimi habe ich dann weggelegt.
Ein kleines Holzkreuz, das immer auf meinem Nachttisch liegt nehme ich in die Hand und werde eine kurze Zeit ganz still, versuche ganz auszusteigen aus meinem Alltag, für ein paar Atemzüge.
Und dann sammle ich alles was mich an dem Tag bewegt hat, was ich getan und gearbeitet habe, aber auch meinen Ärger, meine Verletzungen, meine Schuld, meine Unsicherheit und meine Überheblichkeit, meine Hoffnungen und meine Sehnsüchte. Nichts ist falsch, nichts ist zu groß, nichts ist unverschämt oder zu albern und alltäglich.
Jeden Abend – es gelingt mir tatsächlich- buchstabiere ich Gott mein Leben.
Und meine Worte sind bestimmt nicht klug, ich will für Gott nichts in schönen Farben malen, nichts korrigieren.
Alles was geschehen ist halte ich vor Gott und vertraue darauf, dass er es versteht.
Ich warte auf ihn. Gott wartet auf mich – und manchmal treffen wir einander. Das ist schön.
Entschuldigung, war ein bisschen länger heute – aber beim Beten kann man auch ganz schön ins Plaudern kommen.
Amen.
Ach, eins noch. AMEN ist das wichtigste Wort beim Beten.
Amen – Jawoll, so ist es. So meine ich das. Ganz ehrlich.
Amen – So soll es sein.
AMEN.