Predigt 4. Sonntag Osterzeit A – „Der gute Hirte“
„Und wenn dich ein Fremder anspricht, und wenn er sagt, ‚Komm, ich hab‘ was Schönes für dich!‘, dann geh‘ ja nicht mit! Unter keinen Umständen! Unter keinen Umständen darfst du mit jemandem mitgehen, den du nicht wirklich ganz gut kennst!“ Jedem Kind schärfen wir das immer wieder ein. Und das aus gutem Grund.
Liebe Schwestern und Brüder,
im heutigen Evangelium schärft Jesus Christus selbst uns genau das gleiche ein! Oder besser gesagt: Er geht davon aus, dass wir es wie selbstverständlich beherzigen!
Einem Fremden, dessen Stimme man nicht kennt und von dem man nicht weiß, was er mit einem vorhat, dem kann man nicht folgen! Und selbst dann, wenn man jemanden wirklich gut zu kennen glaubt, selbst dann muss man sich fragen, und sogar immer wieder fragen, was man denn wirklich von ihm weiß, ob er tatsächlich nur mein Bestes will, und ob er es wirklich für mich, oder ob er mein Bestes nicht am Ende für sich haben möchten. Blind zu vertrauen, und blind zu gehorchen, das kann fatale Folgen haben.
Vor sechzig Jahren hat man bei uns, nur allzu deutlich und sehr schmerzlich erleben müssen, was blinder Gehorsam am Ende bewirkt. Und heute frage ich mich wie Menschen nach all den Erfahrungen, die wir in diesem Jahrhundert machen mussten, wie Menschen noch heute so verblendet sein können, dass sie nicht sehen, wie sie von falschen Hirten, denen sie blind vertrauen, nicht auf fruchtbare Weiden sondern auf Schlachtfelder geführt werden. Wer den Kadavergehorsam pflegt, der darf sich nicht wundern, wenn es nach Tod und Verwesung zu riechen beginnt.
Gehorsam zu sein, auf die Stimme eines anderen zu hören, das darf den eigenen Verstand nie ausschalten, das enthebt mich nicht der Pflicht, dass ich mir selbst darüber klar werden muss, was ich tun darf und was nicht, was richtig ist und was trotz aller Anordnungen falsch genannt werden muss. Es enthebt mich nicht der Verantwortung, die ich trotz aller Führer und Hirten dieser Welt für mein eigenes Tun am Ende immer noch selber habe.
Das gilt im Alltag, das gilt in der Politik und das gilt nicht minder in meinem Glaubensleben.
Sicher, wer unbekannte Wege geht, der vertraut sich am besten einem Führer, einem Hirten an. Wer am Ende aber ankommen möchte, der schaue zweimal hin, welchem Hirten er sich anvertraut.
Und Jesus selbst, der eigentliche, der gute Hirte, er liefert uns die Kriterien, an denen wir unsere Hirten messen können. Jesus nämlich ging es immer um den Menschen. Für ihn stand der einzelne und sein Leben immer im Mittelpunkt. Deshalb ist er Mensch geworden, damit wir das Leben haben, und es in Fülle haben.
Hirten im Sinne Jesu haben deshalb auch den Menschen im Blick. Und überall dort, wo Buchstaben und Gebote plötzlich wichtiger werden, als die Menschen für die sie gemacht sind, wo Ideen und Ideologien plötzlich mehr Gewicht bekommen als der einzelne Mensch, dort sind die falschen Hirten am Werk, Hirten, von denen ich mir nur wünschen kann, dass immer weniger Menschen auf solche Führer hören.
Und noch ein zweites Kriterium gibt Jesus selbst uns an die Hand. Falsche Hirten weisen nämlich nur den Weg. Sie sind wie Wegweiser, die starr und unbeweglich in der Landschaft stehen, die allen zeigen, wo sie lang zu gehen haben, die selbst aber den Weg, den sie anderen weisen, keinen Zentimeter gehen. Diejenigen, die vom hohen Ross und großen Sockel aus regieren, die sich selbst zu fein ist mit anzupacken oder sich die Hände schmutzig zu machen, die die Konsequenzen nur andere ausbaden lassen, selbst aber immer fein raus sind, das sind die falschen Hirten.
Der gute Hirt, muss sich an Jesus messen lassen. Er nämlich hat nicht nur einen Weg gezeigt, er ist ihn vom Anfang bis zum Ende mitgegangen. Und dort, wo der Weg am beschwerlichsten wurde, dort ist er sogar vorausgegangen.
Solch einem Hirten kann man folgen, so jemandem kann man vertrauen, ihm kann man sich anschließen. Und all denen, die es hier wirklich wie Jesus halten, allein denen ganz getrost auch.
Amen.