1. November – Hochfest Allerheiligen (1 Joh 3,1-3)
Seht, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es. Die Welt erkennt uns nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Liebe Brüder, jetzt sind wir Kinder Gottes. Aber was wir sein werden, ist noch nicht offenbar geworden. Wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist. (1 Joh 3,1-3)
Es gibt keinen Papst, der so viele Menschen heilig gesprochen hat, wie gerade der jetzige. Manchmal hat es gar den Anschein, als wolle er am Ende die ganze Welt heilig sprechen.
Das wäre ja was – dann müssten wir uns ja einfach nur hinsetzen und darauf warten, dass er es irgendwann einmal auch mit uns tut. Denn wenn er so weiter macht, dann wird er über kurz oder lang auch Sie und mich heilig sprechen.
Liebe Schwestern und Brüder,
natürlich ist das Blödsinn. Das wissen Sie genauso gut wie ich, dass wir auf diesen Tag vergeblich warten würden. Von einem Papst wird wohl kaum jemand von uns einmal heiliggesprochen werden.
Aber es geht ja auch anders. Wir brauchen nämlich gar keinen Papst, der uns heilig spricht. Das können wir selbst. Und das ist jetzt kein Blödsinn. Denn das steht genau so in der Bibel.
Wir brauchen gar niemand anderen, um zu Heiligen zu werden. Wir können uns selbst heilig sprechen. Im ersten Johannesbrief steht das ausdrücklich drin. Gerade eben haben wir es gehört:
„Wir wissen, dass wir Gott ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehn, wie er ist. Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist.“
Das ist alles! Mehr braucht es nach biblischem Ausweis gar nicht dazu, um heilig zu sein. Wir müssen lediglich hoffen – auf Gott hoffen, von ihm erhoffen, einmal zu sehen, wie er ist.
D’rauf zu vertrauen einmal bei ihm zu sein, das ist alles, was Not tut. Denn dann gehören wir schon zu ihm. Und weil er, weil Gott der Heilige ist, sind alle, die zu ihm gehören, heilig.
„Jeder, der dies von ihm erhofft, heiligt sich, so wie Er heilig ist.“
Fast alle Christen und selbst die meisten christlichen Handbücher und viele Theologen und Kirchenmänner haben nach Ausweis des ersten Johannesbriefes eine ganz falsche Vorstellung von der Heiligkeit.
Heilig wird man nicht zuerst durch eigene Leistung, nicht durch ein tolles Leben und nicht einmal durch heroische Taten. Heilig wird man zu aller erst weil man zu Gott, dem Heiligen, gehört.
Das ist wie in einer Familie. Meinen Namen habe ich bekommen, weil ich in diese Familie hineingeboren bin. Diesen Namen habe ich mir nicht verdient, meinen Namen habe einfach deshalb, weil ich zu dieser Familie gehöre. Ich kann mich dieses Namens als würdig erweisen, ich kann aber genau so zum schwarzen Schaf der Familie werden. Ich gehöre trotzdem zu ihr und den Namen trage ich auch dann.
Christ zu heißen, das ist wie mein Name, und heilig zu sein, das ist, wie zu einer Familie zu gehören, zu Gottes Familie, zur Familie des Heiligen schlechthin.
Sein Kind zu sein, Gottes Kind, Kind des Heiligen – das bedeutet heilig zu sein.
Ob ich mich seiner Familie als würdig erweise, steht auf einem ganz anderen Blatt. Zu ihm gehöre ich. Schon wenn ich von ihm erhoffe, ihn einmal zu sehen, so wie er ist, schon dann gehöre ich zu seinen Heiligen.
Deshalb verstehe ich die Aufregung auch nicht, wenn wieder einmal eine etwas zweifelhafte Persönlichkeit vom Papst heiliggesprochen worden ist. Ganz egal, wie zweifelhaft deren Ruf auch sein mag. So heilig wie Sie und ich sind die allemal, denn heilig ist jeder, der von Gott erhofft, ihn einmal zu sehen wie er ist.
Das sage nicht ich, das sagt die Heilige Schrift, das sagt uns Gott selbst: Und deshalb dürfen wir uns gerade heute an solch einem Festtag gegenseitig regelrecht willkommen heißen: willkommen nämlich in der Schar aller Heiligen.
Amen.