Wort zum Sonntag 1. Advent 2015 – „Haltung gibt Halt!“
Vor wenigen Wochen waren die Menschen, die sich vor Krieg und Gewalt in Sicherheit bringen wollten noch herzlich willkommen. Die große Mehrheit hat ihr Leid gesehen und mit ihnen mitgefühlt. Angela Merkel wurde gelobt wegen ihrer humanitären Entscheidung. Es wurden Welcome Partys gefeiert, aber einige Tage später heißt es jetzt, dass die Mehrheit der Deutschen sich Sorgen machen und eine Krise fürchten. Wie kann die Stimmung so kippen? Erst sehen die meisten in den Flüchtlingen willkommene Menschen und ein paar Tage später sind sie eine „Krise“, die viele wieder loswerden wollen. Sind die, die „später“ gekommen sind, keine Menschen mehr, die um ihr Leben fürchten? Die ihre Kinder schützen und eine angstfreie Zukunft suchen? Wie kann eine Stimmung so schnell kippen?
Vielleicht, weil es eben eine Stimmung war. Stimmungen können gemacht werden und schwanken. Stimmungen können sich ändern. Aber ich finde, wie ich zu Menschen stehe, das kann ich nicht auf Stimmungen gründen und ihren Schwankungen.
Anderen Menschen gegenüber braucht man eine Haltung, keine Stimmung. Eine menschliche Grundhaltung. Damit die anderen wissen, woran sie mit mir sind. Grundsätzlich gilt das, immer und für jeden und auch für Flüchtlinge.
Jesus hat in einem kurzen Wort auf den Punkt gebracht, was christliche Haltung ist. „Was ihr für einen Menschen getan habt, der in Not gewesen ist, das habt ihr mir getan“, hat er gesagt. Und er zählt auf, wie die Haltung konkret wird: Kranke, Durstige und Hungrige versorgen, Traurige trösten. Und Obdachlose und Fremde sehen und aufnehmen.
Eine Haltung kippt nicht einfach mal schnell weg, oder um. So wie ich sie gerade brauche. Eine Haltung gibt mir Halt. Davon lässt man sich nicht mal eben wieder abbringen, wenn es schwierig wird oder Probleme gibt. Eine Haltung hilft einem menschlich Kurs zu halten.
Dann kann man auch die Probleme sehen und lösen. Natürlich muss ich mich fragen und mich prüfen, welche Haltung ich denn einnehmen möchte. Messlatte können aber doch nur meine menschlichen Grundwerte und mein christlicher Glaube sein. Und meine Haltung, mein Tun wird erst dann richtig sein, wenn ich abends noch in den Spiegel schauen kann.
Wenn ich eine christliche Haltung habe, da bleiben die Flüchtlinge Menschen, die vor Krieg und Gewalt, vor Bedrohung und Terror geflohen sind. Und sie werden nicht zur „Krise“, hinter der ihre menschlichen Gesichter und ihre Angst verschwinden.
Ja, es gibt Probleme, es müssen Lösungen gesucht werden, es werden mehr Geld, mehr Hilfe benötigt, wenn so viele Menschen kommen und ich mach mir auch Sorgen, wie das werden soll. Und nicht jeder, der sich solche Sorgen macht und sie äußert, ist rechts oder fremdenfeindlich. Und gegen diejenigen, die Probleme sehen, muss man auch keine Stimmung machen. Man darf sich Sorgen machen, man darf Fragen haben, wenn man spontan keine schnelle Lösung sieht, wenn man ahnt, dass es schwer werden kann. Aber ich finde: In solchen Situationen muss man erst recht die menschliche Haltung bewahren. Und wenn man sich als Christ versteht, kann es nur die christliche Haltung sein. Und wenn man ein guter Mensch anderer Religion ist, hilft man dem Nächsten auch. Viele haben das in Deutschland verstanden. Darum gibt es auch so viele Helferinnen und Helfer in Verl. Das ist der wirkliche, der reale Advent. Christus kommt in menschlicher Gestalt in die Welt, auch nach Verl. Gott sei Dank.
Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich einen gelebten Advent.
Ihr Arthur Springfeld (Diakon)