Libori 2005

Predigt Libori 2005

Also jetzt gibt es Neuwahlen. Endlich ist es entschieden. Am vergangenen Donnerstag hat der Bundespräsident den Bundestag aufgelöst und der Wahlkampf ging am selben Tag in die heiße Phase.

Aber was soll man jetzt wählen? Und welchen Versprechungen soll man glauben?

Haben die Konservativen recht? Oder sind es doch die Progressiven, denen man folgen soll?

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn mans nur wüsste! Wer will da behaupten, dass die Entscheidung leicht sei und es einfache Antworten gäbe.

Und es ist ja nicht nur die Frage, wem man wirklich trauen darf, wer einem nur etwas vormacht und wer es ehrlich meint und sich wirklich für das Gemeinwohl einsetzt. Auch die grundsätzlichen Fragen sind ja nicht leicht zu beantworten.

Wie viel vom Alten und Gewohnten darf man aufgeben? Wo birgt das Neue Gefahren?

Diese Fragen stellen sich ja überall im Leben – im staatlichen Bereich genauso wie in der Kirche.

Als vor wenigen Monaten der neue Papst gewählt wurde, wie viele haben da auf ein fortschrittliches Kirchenoberhaupt gehofft, auf jemanden, der alte Zöpfe abschneidet und neue Wege beschreitet. Wie viele haben darum gebetet, dass er ja genau so weiter macht, wie sein Vorgänger? Und wie viele erhoffen sich von ihm sogar, dass man über all dort, wo die Kirche schon lange übers Ziel hinausgeschossen sei, wieder die nötigen Schritte zurückgehen würde?

Links oder rechts – progressiv oder konservativ, wo soll man stehen? Was ist richtig?

Wahrscheinlich keines von beidem. Zumindest macht Jesus das – für mich – überall im Evangelium deutlich.

Christen sind nicht konservativ und Christen sind nicht progressiv. Jesus sagt einerseits, dass kein Häkchen am Gesetz geändert werden würde. Aber genauso hat er in all den Auseinandersetzungen mit den Mächtigen und Einflussreichen seiner Zeit ganz deutlich gemacht, dass die Praxis der Gegenwart so nicht bleiben könne. Und im heutigen Evangelium bringt er es auf unnachahmliche Weise auf den Punkt. Wer ist der Bessere, wer ist der wirklich Gute, wer ist der Größere? Seine Sätze im heutigen Evangelium geben die Lösung und machen eigentlich ganz deutlich, worauf es ihm ankommt.

Wie hat er gesagt? Jeder Freund, jeder Jünger, letztlich also jeder, der auf dem Boden der Heiligen Schrift steht, ihren Sinn zu ergründen sucht und danach zu leben sucht – , einer also, der Jesus Christus nachzufolgen versucht, strebt nicht zuerst nach Macht und Ansehen nach Geld und Stimmen, sondern versucht für die Menschen, für die Gemeinde, für das Volk zu handeln, sich einzusetzen. Er kämpft nicht für sich und seine Partei, sondern sieht seine Profession, seinen Auftrag als Dienst an der Gemeinschaft. Der Führende soll werden wie der Dienende.

Ist das nicht toll gesagt: Unser Evangelium ist schon ein Schatz, einer aus dem wir schöpfen können. Tausende Menschen, mehrheitlich auch unbekannte und ohne Namen haben da getankt, sich inspirieren lassen, ihren Auftrag gefunden. So sind sie zu wirklichen Wohltätern geworden und Liborius steht da sicher nicht am Schluß.

Der heutige Evangeliumstext, das ist eine ganz großartige Zusammenfassung all dessen, was christliche Position in der Politik ausmacht.

Christen sind nicht konservativ, sie sind auch nicht progressiv. Sie gehören zu den Leuten, die aus einem reichen Vorrat, einem großen Schatz an Tradition Neues und Altes hervorholen – so, wie es der Situation angemessen ist.

Wenn Sie also danach fragen, wo der Platz der Christen ist, kann man eigentlich nur sagen: Ein Christ steht nicht links, ein Christ steht auch nicht rechts, ein Christ steht nicht einmal in der Mitte.

Ein Christ, der geht vorwärts! – in eine Zukunft ohne Angst, in eine Zukunft mit Vertrauen, in eine Zukunft mit Mut, weil ER – Christus auf unserer Seite steht und – weil wir unsere Ärmel aufkrempeln unseren Verstand aktivieren und mitreden, mitdenken, Mitanpacken und vorwärts gehen.

Laßt uns zusammen gehen.

Amen.

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