KIRCHWEIH 2006 – Freude an der Kirche
„Freude an der Kirche?- Kann es das geben? Freude an Festtagen oder wie neulich Freude am Pfarrfest schon, das ist doch klar! – Aber an der Kirche?“
Liebe Mitchristen,
ich denke, wir sind alle hier froh darüber, dass uns diese St. Judas Thaddäuskirche geschenkt ist. Und deshalb dürfen wir auch heute festlich diese Kirchweih feiern, nicht nur hier im Gotteshaus, vielleicht auch dann zuhause bei einem guten Mittagessen und einem gemütlichen Nachmittagskaffee.
Doch Kirche ist mehr, als dieses Gotteshaus aus Stein. Kirche sind wir alle, wie es im 1. Petrusbrief heißt, lebendige Steine, die sich als geistiges Haus, als Kirche auferbauen lassen, Christus als Eckstein, auf dem alles gründet.
Wir haben Grund zur Freude auch an dieser lebendigen Kirche und ich möchte diesen Grund zur Freude am heutigen Evangelium, der bekannten Zachäusgeschichte, festmachen:
Zachäus, ein recht kleiner Mann, der wenig Chancen hatte über die Köpfe hinweg zu schauen, der aber auch berechtigte Skrupel hatte, sich unters Volk zu mischen, steigt auf einen Baum und wartet auf Jesus. Er will Jesus einfach mal sehen – und wenn es nur von der Weite ist. Einfach mal schauen, mehr nicht. Und wir erfahren: Das darf sein. Und ich übertrage: Das darf auch in unserer Kirche sein. Das gilt besonders für die, die den Kontakt zur Kirche noch nicht so ganz gefunden haben. Die sich denken: Mal sehen, was die hier machen, wie die leben, wie sie feiern. Einfach mal sehen. Und da dürfen sie die Nischen und auch die Bäume unserer Kirche und unserer Gemeinde aufsuchen. Bei Zachäus erfahren wir: Jesus liebt die Suchenden, auch heute. Also: ein Grund zur Freude für alle Suchenden unter uns oder auch außerhalb.
„Als Jesus an die Stelle kam“, lesen wir weiter, „schaute er hinauf“.
Zachäus musste nichts tun. Von Jesus geht nun etwas aus. Jesus ergreift die Initiative. Er schaut Zachäus an. Augen treffen sich. Wie wird dem kleinen Zachäus wohl zumute gewesen sein? Wird er erschrocken sein? – Er wollte ja nur mal sehen. Doch da ereignet sich plötzlich etwas, mit dem Zachäus nicht gerechnet hat. Aus dem „Nur-mal-schauen“ kommt es zu einer folgenschweren Begegnung mit Jesus.
Freude also für die, die nur mal schauen wollen, Freude für die, die noch auf der Suche sind! Allein deshalb, weil sie schauen wollen, allein deshalb weil sie suchen, können sie Jesus begegnet, der sie plötzlich mit einladenden Augen ansieht. Hier ist Jesusbegegnung möglich!
Da hören wir Jesus sagen: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“
Oh Schreck für den Zachäus: Mit dem hat er nicht gerechnet, der nur mal schauen wollte. Die Begegnung der Augen führt weiter. Jesus erwartet Konsequenzen. Er will nicht nur gesehen, sondern als Gast aufgenommen werden. Als einer, wie wir dann erfahren, der das Leben eines Menschen plötzlich verändert. Grund zur Freude für all diejenigen, die sich zu schlecht vorkommen, um dazuzugehören. Grund zur Freude für sie und auch für mich, der ich oft die Schwachheit besonders spüre. Jesus will bei ihnen, Jesus will bei mir zu Gast sein und er kommt, wenn ich mein inneres Haus für ihn bereite.
„Als die Leute das sahen empörten sie sich.“ – Ist ja klar, denke ich mir. Hätten diesen Besuch Jesu nicht eher die verdient, die auf seinen Besuch warteten, diejenigen, die peinlich genau das Gesetz erfüllten, die ein unbescholtenes Leben führten? Aber doch nicht dieser Halsabschneider Zachäus! Ist Jesus blind? Kann er so daneben liegen?
Freude also für die, deren Leben nicht so gelungen ist, wie es andere erwarten. Freude für die nicht Hundertprozentigen, zu denen ich mich auch zählen darf. Gerade zu ihnen, gerade zu mir kommt Jesus besonders gern. Gerade auf die, die der Heilung bedürfen, hat es Jesus abgesehen. – Und dazu gehören auch die, die noch keine Freude an der Kirche gefunden haben und eine solche Freude nicht verstehen. Doch die kann noch kommen. Hoffentlich! Wir haben es nicht in der Hand. Doch über eines müssen wir uns im Klaren sein: Wenn wir keine echte Freude an unserer Kirche, an unserer Gemeinde, an der Gemeinschaft mit Jesus Christus haben, dann werden auch andere, die wie Zachäus nur mal schauen wollen, wenig Grund zur Freude finden.
Versuchen wir uns wieder gegenseitig neu zu begeistern! Denn was gibt es schöneres und wertvolleres, als Jesus Christus als Gast in unserem Leben und in unserer Gemeinde aufnehmen zu dürfen. Und was gibt es schöneres und wertvolleres, als selbst Gast bei Jesus sein zu dürfen, wie jetzt wieder in dieser Heiligen Feier.
Amen.