Wort zum Sonntag – Pfingsten 2015 – „Sprachbarrieren“
„Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elsamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Lybiens ………..“
Die Überwindung sämtlicher Sprachbarrieren – das war damals ein Ereignis. So etwas könnte man heute brauchen. Ein Pfingstwunder in den Fußgängerzonen unserer Städte – und alle würden die gleiche Sprache sprechen. Oder das Sprachenwunder in unseren Kindergärten und Grundschulen – und alle Schüler würden verstehen, was die Lehrerin wirklich meint. Pfingsten bei Tönnies und in manchen Krankenhäusern, und der Arbeitgeber bräuchte keinen Dolmetscher mehr. Der Heilige Geist bei uns im Sozialamt – und die Mitarbeiter könnten sich mit den Asylbewerbern ohne Missverständnisse unterhalten – ich könnte ihn auch gebrauchen.
Noch einfacher wäre es, der Heilige Geist würde allen Menschen – auch den Katholiken und Protestanten – über Nacht die gleiche Sprache vermitteln.
Das wäre doch ein Pfingstwunder, nach dem Geschmack vieler Menschen von heute.
Wäre das wirklich so einfach? Sind dann wohl alle Probleme gelöst, wenn alle die gleiche Sprache sprächen?
Es geht doch nicht darum, dass jeder unsere Gebete betet. Und es geht auch nicht darum, dass alle sich so anziehen, wie wir das zu tun pflegen. Es geht nicht um Sprache, nicht um Kleidung, nicht um Essen und auch nicht um Anpassung. Zu einem gedeihlichem Miteinander, zu einem wirklichen, einem friedlichen Miteinander wird es erst dann kommen, wenn man sich gegenseitig versteht. Und dazu gehören immer zwei. Verstehen ist ein wechselseitiges Unterfangen. Das hat etwas mit Kennen zu tun, mit Verständnis und Toleranz füreinander. Dazu reicht nie aus, dass Einer sich anpasst. Um einander zu verstehen, müssen zwei aufeinander zugehen. Das ist bei Kirchen so, bei Freunden und in der Ehe auch.
Nicht um die Sprache, nicht um das Sprechen geht es, sondern um das Verstehen! Dort nämlich, wo Menschen sich verstehen, da werden Grenzen wirklich überwunden. Da spielen Hautfarben keine Rolle mehr. Da sind andere Sprachen, andere Kulturen, nichts Bedrohliches mehr, sondern eine Bereicherung. Wo Menschen das Leben und die Bräuche, den Glauben und die Kultur, die Ängste und die Hoffnung von anderen kennen und verstehen lernen, da gewinnt das Leben einen ungeahnten Reichtum.
Die Menschen beim ersten Pfingstfest haben auch weiter verschiedene Sprachen gesprochen und doch war eine Einheit zu spüren. Und das kann uns Mut machen darauf zu hoffen, dass der Heilige Geist uns hilft, dass die Verschiedenheit die wir Menschen haben – auch in den Religionen – eine versöhnte Verschiedenheit ist, in der wir zunächst einander akzeptieren, so wie wir sind und dann weiter zueinander finden.
Diese Akzeptanz muss das Ziel sein, denn genau darum geht es letztlich auch Gott.
Das wäre das Pfingstwunder für heute. Wenn Menschen die Gräben im Denken zu überwinden beginnen, sich füreinander interessieren und immer mehr verstehen. Ich glaube, das wäre ein Pfingsten nach Gottes Geschmack. Und Gott hat seine Freude an Verl, sieht er doch die vielen, die seinen Auftrag verstanden haben. Und das muss und wird weiter gehen, und deshalb lade ich alle ein mit mir zu beten: Komm Heiliger Geist, lass uns diese Welt menschlicher machen. Lass uns wirklich aufeinander zugehen mit all unseren Unterschieden. Und fange bei mir an!
Gesegnete Pfingsten! Ihr Arthur Springfeld (Diakon)