5. FASTENSONNTAG – 13. 3. 2016 – C JOH 8,1 11 – Ehebrecherin

5. FastensONNTAG – 13. März 2016 – C JOH 8,111 Ehebrecherin

Haben sie das noch im Ohr? „Geh“, sagt Jesus. „Du darfst gehen, alles ist gut – und hör auf zu sündigen! Niemand wird Dich töten!“

So geht Versöhnung mit Gott! Jesus macht uns das wieder mal vor. All die Liebe, all die Barmherzigkeit, seine ganze Zuwendung zu den Menschen schwingt in diesem einen Wort mit: „Geh!“ „Du musst nicht vor mir knien, du musst dich nicht niederwerfen, du musst nicht verzweifelt schauen, du stirbst nicht – ich erlöse Dich!“

Hatte die Frau, noch voller Angst, sicher dieses Wort kurz vorher mit einer ganz anderen Betonung gehört.

Die Männer, die sie erwischt hatten, die sie zu Tode steinigen wollten, werden auch gesagt haben: „Geh!“, aber sie werden gesagt haben, „Zack zack, geh, vor die Stadt. Komm in die Gänge, wir werden Dir zeigen, was Du für ein schlechter Mensch bist“. Das gleiche Wort: „Geh!“ – diesmal voller böser Verachtung, geurteilt ohne zu wissen, ausgesprochen ohne Liebe.

Sie war erwischt worden, eindeutig wahrscheinlich – auf frischer Tat bei Unzucht, wie es damals hieß, beim Fremdgehen, bei einem Tun voller Unmoral, auch heute noch. Welche ehrenwerte Gesellschaft will so eine Frau unter sich dulden, die den Ruf eines ganzen Dorfes beschmutzt, die das Ansehen aller Bewohner schädigt, nein – so jemand will niemand. Und sie wollen an ihr ein Exempel statuieren. „Geh! – jetzt bist du dran!“

Und die das sagen, das sind nicht die Vorbilder des Dorfes, nicht die, die besonders gerecht sind, nein es sagen all die Leute, denen es einfach nur peinlich ist, wenn das im Nachbarort bekannt wird.

Wie viele würden denn in der Sürenheide noch leben, wenn heute die gleichen Maßstäbe gelten würden? Die Statistik sagt: höchstens 50% !! – Dann wäre nur noch die Hälfte hier!

Liebe Freunde von Jesus – Strenge und Unbarmherzigkeit gegenüber dem Nächsten sagt überhaupt nichts über die eigenen Fehler aus. Und das hat Jesus schnell durchschaut, diese scheinheiligen Nachbarn, die die Steine schon in der Hand hatten um ihre Vorstellung von Gerechtigkeit umzusetzen. Und der Mann, der ein Spanner war und heimlich durch das Fenster alles beobachtet hatte, hatte wahrscheinlich den dicksten Stein.

Jesus durchschaut nicht nur uns, er hat sie damals schon durchschaut – alle – auch diesen Priester, der mit dem Finger auf die Ehebrecherin zeigte und dem man nachsagte, dass er selbst eine Beziehung hatte, von der niemand wissen durfte.

Und den Geschäftsmann mit dem schweren Stein hat er auch entlarvt, der zu den Reichen in der Gemeinde gehörte, aber nur weil er die Bilanzen fälschte und seine Leute schlecht bezahlte.

Und dann war da der nette Papa, so geachtet im Dorf, weil er Sonntags nachmittags immer mit seiner scheinbar intakten Familie spazieren ging, weil er jeden kannte und freundlich grüßte, aber abends seine Frau schlug und der Tochter näher kam, als gut für sie war.

Jesus kannte und durchschaute sie alle, auch den politischen Würdenträger, der den Stein fest in der Hand hatte, im Leben selbst aber über Leichen gegangen war und immer eine offene Hand hatte um in der Hierarchie weiter zu steigen.

Niemand, niemand von all den Menschen mit den Steinen in der Hand, wollte diese Frau aus lauter Gerechtigkeit töten, nein, sie wollte Härte zeigen, nur um ihre eigenen Unzulänglichkeiten, ihre eigenen Fehler, ihr eigenes Versagen zu verdecken. Wer seinen Heiligenschein nur durch schein-heiligkeit erlangt, der kann es sich nicht leisten barmherzig zu sein, der kann nur im Chor mit den Anderen rufen „Geh, weg mit Dir“.

Wie würden wir dieses böse „Geh!“ dieser Frau gegenüber heute aussprechen? Ok, wir würden keine Steine mehr werfen, das ist verboten – wir leben ja nicht in Saudi Arabien. Aber sind die Blicke und Worte, die wir manchmal werfen, besser als Steine?

Verletzen die Zeigefinger, mit denen wir auf die deuten, die ihr Scheitern nicht mehr verbergen können, weniger als die Steine zur Zeit Jesu? Nein, wir steinigen nicht mehr, aber wir sagen immer noch ganz deutlich: „Geh! Geh besser weg von uns!“ Und selbst wenn wir es nicht aussprechen, der, den es betrifft, der spürt es ganz deutlich. Er oder auch sie spüren ganz deutlich, dass sie sich bei uns hier jetzt wohl kaum noch sehen lassen können.

Als ob wir – Sie und ich – besser wären, nur weil unsere Schuld und unser Versagen eben nicht öffentlich sind, weil wir es schaffen, unserer Fehltritte im Verborgenen zu halten. Als ob wir besser wären, nur weil wir besser scheinen und regelmäßig in die Kirche gehen und ein frommes Gesicht machen.

Adolph Kolping – (Generalversammlung heute) – hat gesagt: „Zeigt der Welt ein menschliches Gesicht!“ Ein menschliches Gesicht ist das, mit dem Gott den Anderen anschaut. So soll unser Verhalten gegenüber all unseren Mitmenschen sein, auch den Flüchtlingen, und wegen ihrer vermeintlichen Schuld niemanden ausgegrenzen.

Ich würde mir deshalb wünschen, dass wir das Wörtchen „Geh!“ so aussprechen, wie man es auch bei uns manchmal sagt: „Tschüss“ oder wie in Bayern „Adieu“ – was in beiden Fällen bedeutet: „Mit Gott!“ oder wie unsere evangelischen Freunde oft ihre Predigt beenden: „Bleiben Sie behütet!“

„Adieu!“ „Leb dein Leben weiter, mit Gott“ möcht‘ ich den Wiederverheirateten zurufen, den Alleinerziehenden, den Homosexuellen, denen die ihre Arbeit verloren haben, den Alkoholkranken, den Vorbestraften und all den vielen anderen, die in ihrem Leben schon einmal das Scheitern erlebt haben.

„Bleib behütet! Sei hier geborgen, und fühl Dich wohl bei uns.

Niemand, niemand von uns gehört zu den Gerechten der letzten Tage, wir sind eine Gemeinde von Menschen, von Menschen mit all ihren Fehlern und das sind ganz schön viele, bei mir auch!

Komm und bleib bei uns, und fühle dich angenommen und getragen, denn keiner von uns – und darauf kannst Du Gift nehmen -, nicht ein Einziger ist im letzten besser als du!“

Amen.

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